Politik | 12. Dezember 2019

Leckeres und schwer Bekömmliches

Von Walter Eberenz
Die Wertschöpfung für Erzeugnisse der Bauern aus der Region und Konsequenzen der jüngsten Waldschäden waren Hauptthemen der gemeinsamen Weihnachtspressefahrt von BLHV und ForstBW. Sie führte am Montag nach Ehrenkirchen und nach Sulzburg.
Die Produktion von Zimtsternen läuft bei Kaiser gerade auf Hochtouren. Hygiene wird großgeschrieben, wie man an der Kleidung der Besucher von der Weihnachtspressefahrt erkennt. BLHV-Präsident Werner Räpple (links) versuchte sich beim Ausstechen der Zimtsterne und stellte fest, dass es für Laien erst einmal gar nicht so leicht von der Hand geht, wie es aussieht.
Das Bäckerei- und Konditoreiunternehmen Kaiser in Ehrenkirchen war erstes Ziel der erneut gut besuchten Informationsfahrt für Journalisten. Kaiser versorgt sich stark mit Rohstoffen aus der Region. Der Besuch in der Umgebung von süßen und herzhaften Backwaren in unterschiedlichen Entstehungsstadien und die verlockenden Gerüchen dazu in der Nase stand in Kontrast zur aktuellen Gemütslage vieler Bauern. Gesellschaftliche Meinungsbilder, politische Entscheidungen, die Einkommenslage auf den Höfen, die  Folgen des Klimawandels ergeben eine Gesamtlage, die aus Bauernsicht eher schwer bekömmlich ist. Das machte BLHV-Präsident Werner Räpple in der Diskussion und Aussprache mit den Journalisten deutlich.
Zwar gab es wegen des diesmal frühen Zeitpunkts der Pressefahrt noch keinen detaillierten Situationsbericht mit Zahlen untermauert. Jedoch sagte Räpple auch noch ohne diese Zahlen klar und deutlich: „Viele Betriebe stehen einkommensmäßig mit dem Rücken an der Wand.” Die Schere von Preisen und Kosten weite sich fortwährend.
„Viele Betriebe stehen einkommensmäßig mit dem Rücken an der Wand”, betonte BLHV-Präsident Werner Räpple gegenüber den Journalisten in Ehrenkirchen.
Das Volksbegehren Artenschutz von ProBiene und infolge die auf den Weg gebrachte Initiative berufsständischer Verbände für einen Volksantrag, dazu das Eckpunktepapier der Landesregierung als jüngste Entwicklung  wurden bei der Aussprache ebenfalls thematisiert. Bereits zuvor im Wald ging Minister Peter Hauk auf das Eckpunktepapier ein und warb dafür bei den Bauern: „Die Eckpunkte sind besser als das Volksbegehren.” Hauk gab sich optimistisch, sie noch vor Weihnachten unter Dach und Fach zu bekommen. Besser als das Volksbegehren sind die Eckpunkte, aber noch nicht so gut wie vom Minister dargestellt: So lässt sich die Erwiderung von BLHV-Präsident Werner Räpple darauf sinngemäß zusammenfassen. Unbehagen machte Räpple vor allem bei dem Punkt fest, dass sich die Landesregierung verpflichten will, den Pflanzenschutzmitteleinsatz im Land bis zum Jahr 2030 um 40 bis 50 Prozent zu reduzieren: „Das ist ein sehr ehrgeiziges Ziel.”
Auch die Bundespolitik bereitet dem BLHV Sorgen, vor allem das erst jüngst geschnürte Agrarpaket der Bundesregierung, das letztlich die  Großdemonstration der Initiative Land schafft Verbindung in Berlin auslöste. Die Proteste bewertete Räpple sehr positiv: „Es war noch nie so schnell und so viel Bewegung auf den Straßen, vor allem von Jüngeren. Das hat in der Bevölkerung zum Nachdenken geführt.”
Regionale Wertschöpfungsketten erhalten
Gottfried Faller und Birgit Kaiser setzen auf regionale Kreisläufe.
„Wir wollen regionale Wertschöpfungsketten erhalten”, betonen Gottfried Faller, Produktionsleiter bei Kaisers Gute Backstube, und Birgit Kaiser (Marketing und Vertrieb) unisono. Beide gehören der Geschäftsführung des Unternehmens an. Gründungsjahr des Familienbetriebs ist 1948. In den vergangenen Jahren wurden bedeutende Expansionsschritte vollzogen. Gebacken wird heute am Hauptsitz in
Ehrenkirchen. Von dort aus werden die 42 Filialen und 180 regionalen Firmenkunden beliefert. Das Einzugsgebiet erstreckt sich von Emmendingen bis Weil am Rhein. Das Unternehmen beschäftigt knapp 500 Mitarbeiter.
„Wir müssen uns spezialisieren”, erklärt Faller. Um sich von der günstigen Ware in den Supermärkten abzuheben, setzen die Unternehmensleiter vermehrt auf Bioprodukte. 40 Prozent der Brote werden bereits in Bioqualität nach der EG-Öko-Verordnung gebacken. Erklärtes Ziel sind 100 Prozent. Dafür sei es wichtig, auf ein Netzwerk ökologisch wirtschaftender Betriebe zurückgreifen zu können. „Für Biogetreide bezahlen wir das Doppelte. Das macht dann 20 Cent beim Preis von einem Kilo Brot aus”, so Faller.
Rohstoffe aus der Region werden bei Kaisers bevorzugt. Zu den Lieferanten gehören zum Beispiel die Schwarzwaldmilch, der Zapfhof oder die Dachswanger Mühle. Saisonales Obst, Honig sowie Fleisch- und Wurstwaren stammen nach Möglichkeit ebenso von regionalen Erzeugern. Das Konzept der regionalen Kreisläufe konsequent in allen Bereichen umzusetzen, stellt das Unternehmen regelmäßig vor Herausforderungen. Beim Getreide hänge das vor allem mit den fehlenden Strukturen in der Verarbeitung zusammen. Es sei schwierig, regionale Müller zu finden, die entsprechende Mengen liefern können. Auch in anderen Bereichen der nachhaltigen Betriebsentwicklung treten Zielkonflikte auf. „Umweltschutz und Hygiene sind nicht vereinbar”, das hört Faller immer wieder von Hygienekontrolleuren. Deshalb werden auch die Gerichte für den Mittagstisch in Einwegverpackungen portioniert.
Bei der Führung durch die Produktionsstätte, die in Bäckerei, Konditorei und Zentralküche aufgeteilt ist, wurde deutlich, wie Kaisers Gute Backstube das traditionelle Handwerk mit moderner Technik verbindet. Kneten und ausrollen müssen die Bäcker die Teige nicht mehr. Aber beim Flechten von Laugenzöpfchen und Ausstechen von Zimtsternen sitzt jeder Handgriff. Die Teige werden ohne zugesetzte Enzyme hergestellt. „Wir lassen ihnen Zeit. Das ist ganz wichtig”, betont Faller.
Dürreschäden und Forstreform
Landwirtschafts- und Forstminister Peter Hauk (Zweiter von links) war erstmals Gast bei der Weihnachtspressefahrt von BLHV und ForstBW.
Die Folgen der wiederholten Dürre für den Wald im Land demonstrierte ForstBW bei der Weihnachtspressefahrt zusammen mit dem BLHV an einem exemplarischen Standort bei Sulzburg im Markgräflerland. Mit dabei war erstmals Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Er informierte in Sachen Wald in erster Linie über die Aufarbeitshilfen für das Käferholz und die Forstreform im Land, die zum Jahreswechsel in Kraft tritt. Daneben ging er auf das Eckpunktepapier der Landesregierung als Alternative zum Volksbegehren von ProBiene ein.
Dr. Anja Peck, die Nachfolgerin von Meinrad Joos als Leiterin der Forstdirektion im Regierungspräsidium Freiburg, wird infolge der Reform künftig als forstliche Mittelbehörde für ganz Baden-Württemberg hoheitlich zuständig sein. Diese ist Anlaufstelle für den Privatwald und den Kommunalwald.
Dr. Anja Peck
Der Staatswald wird künftig von ForstBW als eigenständige Anstalt öffentlichen Rechts verwaltet. Mehr zum forstlichen Teil der Weihnachtspressefahrt in der kommenden Ausgabe der BBZ.