Landwirtschaft 4.0 – Möglichkeiten und Grenzen im Pflanzenschutz
2006 war die BGNeuhof in die digitale Landwirtschaft eingestiegen. Damals wurde das erste Lenksystem für einen Traktor angeschafft. „Seit 2012 sind alle unsere Schlepper damit ausgerüstet”, berichtet Schonder. „Das hat sowohl die Leistung
als auch die Präzision unserer Arbeitsschritte erhöht. Wir konnten Einsatzfenster deutlich erweitern, ohne dass die Arbeitsqualität darunter gelitten hätte.”
- weniger Überlappung,
- ermüdungsfreies Arbeiten,
- höhere Geschwindigkeiten,
- schnelleres Wenden am Vorgewende und
- eine Erweiterung des Einsatzfensters durch Nachtarbeit.
Im Jahr 2009 führte die BG die GPS-Teilbreitenschaltung im Pflanzenschutz ein. Das nennt Schonder „die bedeutendste Neuerung, gar eine Revolution bei der Applikation von Pflanzenschutzmitteln im Ackerbau”. Denn die GPS-Teilbreitenschaltung funktioniere sicher und überall und sei überdies einfach zu verstehen und sicher anzuwenden. Ganz wichtig, besonders für süddeutsche Verhältnisse, ist, dass die neue Technik durch das gute Preis-Leistungsverhältnis auch für kleinere Betriebe sinnvoll sei.
Die GPS-Teilbreitenschaltung steigert laut Schonder die Effizienz, indem sie den Fahrer entlastet und Doppelbehandlungen verhindert, wodurch sie die Umwelt schont und den Ertrag steigert. Je nach Schlagstruktur könne man mit einer Teilbreitenschaltung ein bis fünf Prozent der Pflanzenschutzmittel einsparen. „So geht auch die Zahl der Fehlstellen beträchtlich zurück. Außerdem vermeidet oder verzögert man das Entstehen von Resistenzen deutlich”, sagt der Betriebsleiter.
Seit 2012 arbeitet die BG außerdem mit Gestängeführungen mit deutlich erhöhter Reaktionsgeschwindigkeit, zum Beispiel mit dem Horsch-Leeb-Boom-Control-Pro-System. Dadurch könne man einen Gestängeabstand von 50 cm bei hohen Arbeitsbreiten der Feldspritze und einer Fahrgeschwindigkeit von mehr als 10 km/h tatsächlich einhalten. Unter kritischen Bedingungen könne man die Abdrift erheblich reduzieren, wenn man den Abstand der Spritzdüsen zur Kultur auf 30 bis 40 cm reduziere und die Fahrgeschwindigkeit herabsetze.
Bei allen Vorteilen von Landwirtschaft 4.0 kann aber der Mensch zum begrenzenden Faktor werden. Der Pflanzenschutz verändere sich von einer Aufgabe für jeden zu einer Aufgabe für Spezialisten, berichtet der Unternehmer. Zudem komme mit mehr Elektronik und Software ein zusätzlicher Störfaktor in den Produktionsprozess. Dies führe manchmal zu zusätzlichen Ausfällen und Wartekosten. „Teilweise werden auch Werkstätten von der Entwicklung überrollt und bieten nur unzureichend geschultes Personal mit wenig Erfahrung”, ergänzt Schonder. Dies gelte insbesondere für Südwestdeutschland.
Der Experte sieht außerdem die Gefahr, dass der Landwirt vom Wesentlichen abgelenkt wird: „Die Digitalisierung kann dazu beitragen, unsere Arbeit präzise, sauber und termingerecht zu erledigen. Sie wird aber die Grundlagen fachgerechten Ackerbaus und unternehmerischen Handelns nicht ersetzen können.”
Die Betriebsgemeinschaft kann das geerntete Getreide komplett zwischenlagern. Der Pflanzenschutz ist bei der BG Neuhof einer der bedeutenden Kostenfaktoren. Je nach Kultur sind drei bis sieben Überfahrten auf einer Applikationsfläche von insgesamt durchschnittlich etwa 11000 ha/Jahr erforderlich.