Land und Leute | 30. Mai 2018

Landkreis steht hinter der Landwirtschaft

Der Landkreis Waldshut hat eine Initiative für heimische Landwirtschaft gestartet. Worum es dabei genau geht, wurde vergangene Woche in Birkendorf näher erläutert.
„Wir wollen in Zukunft vermehrt die Leistungen der heimischen Landwirtschaft unserer Bevölkerung und den Feriengästen deutlich machen”, betonten der Waldshuter Landrat Dr. Martin Kistler und Hansjörg Stoll, Geschäftsführer des Landschaftserhaltungsverbands im Landkreis Waldshut. Der Landkreis wolle  die Initiative dazu nutzen,  Bürger und Gäste beim Einkauf auf heimische Lebensmittel, wie beispielsweise von der  Schwarzwaldmilch, aufmerksam zu machen. Außerdem sollten Direktvermarktungsangebote wie Hofläden und Bauernmärkte vorgestellt werden.
Siegfried Friedrich (rechts) erläuterte den Pflanzenbestand auf der Fläche; es hörten zu (von links): Hansjörg Stoll (LEV), Landrat Martin Kistler, Bürgermeister Tobias Gantert, Alexander Wegerhof (Landwirtschaftsamt), Clemens Speicher (BLHV-Kreisvorsitzender), Markus Weißer, (RP Freiburg), Oswald Tröndle (BLHV-Kreisvorsitzender) und Andrea Jahn (LEV).
  „Die Initiative will die Vielfalt der Landschaft und der Landwirtschaft im Landkreis darstellen und das Prinzip ,Schützen durch Nützen’ stärken. Dafür brauchen wir unsere Landwirtschaft”, erklärte Kistler. Die Leistungen der Landwirtschaft sollen zukünftig auch jährlich anhand von Praxisbeispielen der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Zum Auftakt ging es um das Thema Landschaftspflege am Beispiel einer Fläche in Birkendorf.  Das einstige Grünlandprogramm des Landkreises, das  Pilotcharakter hatte, sei durch die Fördermittel aus der Landschaftspflegrichtlinie (LPR) abgelöst worden. Insgesamt stehen für die 750 LPR-Verträge mit einer Fläche von insgesamt über 1350 ha 800000 Euro zur Verfügung. Sie werden  zu je 50 % aus Landes- und EU-Mitteln finanziert. Für besondere Aktivitäten im Artenschutz stehen weitere  65000 Euro LEV-Mittel zur Verfügung. Da die öffentliche Hand wolle, dass diese Flächen so erhalten blieben, müsse sie auch weiterhin das Geld bereitstellen, um die Arbeit der Landwirte zu honorieren.
 „Für die Gemeinde Ühlingen-Birkendorf”, so Bürgermeister Tobias Gantert, „sind diese Flächen Fluch und Segen, weil sie wichtig für den Tourismus sind, aber auch durch ihren Schutzstatus dringend notwendige Bauflächen verhindern.” Er sehe sehr wohl, was die Landwirtschaft Positives leiste, und um das bekannt zu machen, habe er im Mitteilungsblatt eine Rubrik für die Angebote von Direktvermarktern eingerichtet.


Ameisenbläuling
Auf der vorgestellten Fläche wachsen  bedrohte Pflanzenarten wie  Knabenkraut,  Bachkratzdistel oder  Trollblume. Eine Besonderheit der etwas über zwei Hektar großen Wiese ist das Vorkommen eines stark bedrohten Schmetterlings, des Ameisenbläulings. Deshalb darf sie nicht gedüngt und erst nach dem 20. August gemäht werden. Bewirtschaftet wird die Fläche vom Hofgut Dürrenbühl in Grafenhausen. Die Familie Friedrich produziert auf ihrem Hof, der auf 1000 Metern liegt, Biomilch für die Schwarzwaldmilch, weitere  Betriebszweige sind Pensionspferde und Ferienwohnungen.  Der Futterwert des Heus gehe gegen Null, erklärte Betriebsleiter Siegfried Friedrich.   Der Aufwuchs lasse sich dennoch sinnvoll in ihren Betriebs- und Futterkreislauf integrieren, einmal als Futter für die Pferde oder in kleinen Dosen als Raufutter zum Futtermix für das Milchvieh.
Bei der Bewirtschaftung der Wiese müsse teilweise wegen der Bodennässe das Heu von Hand gewendet und zusammengerecht werden.  Falls die Qualität des Heus wegen zu viel Nässe oder Regen nicht verfütterbar sei oder sogar Giftpflanzen wie die Herbstzeitlose sichtbar seien, könne er es auch als Ersatz für Stroh als Einstreu verwenden.
Die Erschwernisse bei der Bewirtschaftung werden durch Gelder aus den Mitteln für den Vertragsnaturschutz (LPR-Vertrag) ausgeglichen. In diesem Fall liegt der Ausgleich um einiges höher als bei „normalen” LPR-Verträgen, bei denen oft nur eine Empfehlung, wann gemäht werden kann, vorgegeben wird.
BLHV-Kreisvorsitzender Oswald Tröndle verdeutlichte,  dass der Vertragsnaturschutz nur möglich sei, wenn sich die Auflagen in das Konzept eines Betriebes einbinden lassen, wie dies beim Hofgut Dürrenbühl der Fall sei, und wenn die dafür erbrachten Aufwandsentschädigungen den Aufwand der Landwirte ausglichen. Hier gebe es, so Tröndle weiter, noch Anpassungsbedarf. Kistler und  Tröndle waren sich einig, dass es angesichts des Strukturwandels in Zukunft schwieriger werden wird, landwirtschaftliche Betriebe für diese Aufgabe zu finden. Die Ausgleichszahlungen müssten die Arbeitszeit der Landwirte honorieren. Matthias Werner