Land und Leute | 06. Dezember 2016

„Youtuben” für die Heimat

Von Jonas Klein
Der Junglandwirtekongress in Denkendorf verzeichnete mit rund 370 Nachwuchs-Landwirtinnen und -Landwirten einen Besucherrekord. Workshops und Expertenvorträge lieferten den Teilnehmern Infos zu Geschäftsmodellen zwischen Wochenmarkt und Welthandel.
In Diskussionsrunden tauschten sich die Teilnehmer aus.
Marktexperten verglichen die Stärken von Regionalvermarktung und Weltmarkt. Daneben diskutierten in fünf Workshops Junglandwirtinnen und -landwirte über die Chancen der Höfe in ihrer Heimat. Die aktuelle Situation wurde zudem von Fachleuten beleuchtet. Laut Schwarzwaldmilch-Geschäftsführer Andreas Schneider sind deutsche Verbraucher vor allem an Lebensmitteln interessiert, die etwas Besonderes darstellen. Dies treffe zum Beispiel auf die hauseigene Weidemilch  und die Biomilch zu, die sich beide gut verkaufen ließen. Basis dafür sei eine ehrliche Werbung, die zur Region passt.Michael Horsch hingegen bereist als Landmaschinenhersteller die Welt. Dabei lerne er aus Gesprächen mit Landwirten und gebe dies in Vorträgen wieder: „Überall geht die Marktmacht von Produzenten auf Verbraucher über”, kommentiert Horsch seine Beobachtungen. Yannik Zender und Mathias Genn machen Kühe zu „YouTube-Stars”. Die zwei Landwirte und ihr Team filmen Tiere und alltägliche Arbeiten.  2015 starteten sie dies als Projekt der Landjugend Rheinland-Nassau, mittlerweile stellen sie im Zwei-Wochen-Rhythmus Videos in den Kanal „Agrikultur” auf YouTube ein. In Denkendorf verrieten sie in einem Workshop ihre Tricks. „Wir wollen ein echtes Bild von der Landwirtschaft zeigen”, sagt Yannik Zender. Deshalb erklären die zwei filmenden Jungbauern alles vor laufender Kamera: Wie Kälber enthornt werden, welche Risiken Hörner bergen, wie eine Betäubung wirkt und weshalb ein Landwirt Arzneimittel dokumentiert. „Für unsere Erklärungen haben wir viel Lob  bekommen”, freut sich Mathias Genn, „mit Offenheit bauen wir Vertrauen auf.” Für diese Art von Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf den heimischen Betrieb ist nach Meinung der beiden Youtuber keine Kameraerfahrung nötig. Sogar Versprecher gehören dazu: „Anfangs haben wir gedreht, bis alles perfekt war, heute überlegt sich das Team ein Thema und filmt los.”
Workshops vermittelten viel Wissenswertes
Geschichten kommen besser an als Lehrvideos. „Kuh Pebbels bei der Maniküre weckt Gefühle, ein trockener Lehrfilm zum Klauenschneiden weniger”, erklärt Mathias Genn. Namen, Gesichter und eine Handlung sind wichtig, deshalb sollten Junglandwirte ihr Gesicht zeigen und vom eigenen Hof und ihrer Ausbildung erzählen. Zum Üben stellten die zwei Youtuber eine Kamera vor die Bühne und luden Teilnehmer ein, sich zu filmen. Neben der Anleitung zum eigenen Bauernhofvideo hat die Landjugend vier weitere Workshops angeboten. Dabei erläuterte ein Biberacher Landwirt, wie er Soja in Baden-Württemberg anbaut und es nach Freiburg in die Verarbeitung gibt. Eine andere Gruppe besuchte einen Gemüsehof und einen Großmarkt, um zu sehen, wie Gemüse in der Region vermarktet wird. Zudem stellten Vertreter einer bayerischen Erzeugergemeinschaft und einer Molkerei dar, wie sie in Süddeutschland Milch verkaufen, während Repräsentanten  der Regionalwert AG und der Sparkasse Tipps gaben, woher Landwirte Geld für ihre Pläne bekommen.Christopher Bauer aus Bargau bei Schwäbisch Gmünd fasst zusammen: „Der Kongress zeigt, was auf der Welt und in der heimischen Landwirtschaft passiert. Jetzt kann ich Stärken meiner Mutterkuhhaltung in der Direktvermarktung besser erkennen.”