Land und Leute | 12. Juli 2017

„Habt Visionen” – ein Verbraucherwunsch

Von Michaela Schöttner
Der Dialog „Frag deinen Landwirt” hat es gezeigt: Viele Konsumenten sind in Sachen Landwirtschaft unsicher, weil sie meist sehr wenig darüber wissen. Das Team Agrar im BBL will mit weiteren Infoveranstaltungen an den gelungenen Diskussionsabend anknüpfen.
Erzeuger und Verbraucher diskutierten in lockeren Runden.
„Was ist artgerechte Tierhaltung?” „Wie viel Pflanzenschutz ist nötig? „Besser Bio oder konventionell?” Solche Fragen brennen den Verbrauchern unter den Nägeln. Um darauf Antworten geben zu können, hatte der Bund Badischer Landjugend (BBL) zusammen mit dem BLHV die Veranstaltung „Frag deinen Landwirt” ins Leben gerufen.
Konsumenten waren dazu am 5. Juli ins Haus der Bauern in Freiburg eingeladen, wo sich Vertreter aus verschiedenen landwirtschaftlichen Produktionsbereichen der Diskussion stellten. Und das kam bestens an. Gäste und Gesprächspartner kamen im Laufe des Abends an den Thementischen in einen intensiven Austausch, die lockere Atmosphäre auf der Dachterrasse tat ihr Übriges dazu.
Im Vorfeld war die Veranstaltung von der Tageszeitung groß angekündigt worden. Zudem wurde mit Flyern, einem Großbanner am Haus der Bauern und in den sozialen Medien geworben. Mit Erfolg: Trotz hochsommerlicher Temperaturen fanden einige Interessierte den Weg zum Haus der Bauern, um zu diskutieren und viel über das Thema Landwirtschaft aus Sicht der Junglandwirte zu erfahren.
Querbeet diskutiert
So enstanden an den beiden Thementischen „Regionalität” und „Naturschutz” viele gute Gespräche. Außerdem wollten die Verbraucher beispielsweise wissen, ob „der Schwarzwälder Schinken wirklich aus dem Schwarzwald kommt oder ob dafür Schweine aus Polen verwendet werden”.
Andreas Lorenz aus Hofsgrund klärte auf: Ein Schwarzwälder Schinken müsse lediglich hier in der Region hergestellt werden, die Schweine hingegen könnten auch aus den Nachbarländern stammen. Bei einem Selbstversorgungsgrad in Baden-Württemberg von gerade einmal zehn Prozent sei es unmöglich, für den Schinken nur Schwarzwälder Schweine zu verwenden. Es gebe schlichtweg zu wenig Schweinehalter im Schwarzwald. Wer sicher gehen wolle, dass ein Produkt von den Tieren vom Hof stamme, dem empfahl Michael Vogelbacher den Einkauf in einem der zahlreichen  Hofläden.
Vermarktungskriterien stehen oft im Weg
Auch am Tisch „Pflanzenschutz” wurde debattiert. Dominic Ell resümierte am Ende, dass die Verbraucher vielen Fehlinformationen Glauben schenkten. Zusammen mit seinem  Tischpartner Jonas Kaufmann erklärte er nachvollziehbar, dass der Landwirt gerne mehr verändern würde.
Dem stünden allerdings die Vermarktungskriterien entgegen: Keine krummen Gurken, Äpfel nach einem bestimmten Farbschema und mit  gewisser Größe, Erdbeeren in Plastikverpackungen und vieles mehr. Letztlich bestehe auch ein enormer Preisdruck.
Johanna Kaiser befindet sich im ersten Ausbildungsjahr zur Landwirtin an der Edith-Stein-Schule in Freiburg und betreute mit Unterstützung ihres Vaters, Wilfried Kaiser, den Thementisch „Tierhaltung Geflügel”. Hier wurde über Antibiotikaeinsatz, den Unterschied zwischen Bio- und konventioneller Haltung, allgemeine Haltungsformen und Regionalität gesprochen. Sie mache mit, „um den Leuten das Thema näher zu bringen”, so die angehende Landwirtin.
Anbindehaltung mit Weide besser akzeptiert
Mit Unterstützung der Berufsschule waren im Vorfeld auf dem Münstermarkt Einladungsflyer für die Veranstaltung verteilt worden. Auch das war für die Schülerinnen und Schüler eine Gelegenheit, Aufklärungsarbeit zu leisten.
Weitere interessante Gespräche waren an den Tischen „Rind”, „Schwein”, „Düngung” und „Weinbau” zu verzeichnen. So erklärte Michael Fröhlin sehr anschaulich, dass auch ein Schwein ausgewogen ernährt werden müsse und daher eine Zufütterung von Eiweiß unumgänglich sei. Beim Thema Rind war die Anbindehaltung ein großes Thema.
Interessant war, dass die Haltungsform in Kombination mit dem Weidegang auf wenig Ablehnung stieß. „Ich finde Anbindehaltung nicht das Schlechteste”, so ein Verbraucher. Es herrsche Ruhe im Stall, wenn jede Kuh wisse, an welchem Platz sie stehen solle. Tobias Selinger, der erst kürzlich in Freiamt mit der Weidehaltung begonnen hat, konnte hierzu von seinen Erfahrungen aus erster Hand berichten.
Zeit, etwas nachzuholen
Ein im Naturschutz engagierter Verbraucher wollte der Frage nachgehen, „wie es mit der Zukunft der Landwirtschaft aussehe”. Er plädierte für das Erfahrungswissen in der Landwirtschaft und ermutigte die Landwirte, ihre Positionen zu verteidigen.
„War echt gut, es hat riesig Spaß gemacht”, so ein Landwirt aus der Runde. Auch manche Gäste bedankten sich persönlich für die Veranstaltung, die ihnen „viel gebracht hätte”.
Am gleichen Abend wurden sodann Überlegungen angestellt, wie und wo das Konzept erneut zum Einsatz kommen könnte. Vorstellbar wäre auf dem Freiburger Münstermarkt oder, wie einige Besucher vorschlugen, beim nächsten Agrikulturfestival in Freiburg. Die Veranstalter waren sich einig: „Wir haben die letzten 20 Jahre nicht mit den Verbrauchern geredet, es wird Zeit dies nachzuholen.”