Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will sich für mehr Regionalität bei der Lebensmittelerzeugung in der EU einsetzen. Gleichzeitig warnte sie als Gastgeberin des informellen EU-Agrarrats vor überbordendem Konsumnationalismus und Autarkie „auf Krampf”.
Beim informellen Agrarrat in Koblenz nahm Julia Klöckner ihre europäischen Amtskollegen auch mit in die Reben.
Auf dem am Dienstag in Koblenz zu Ende gegangenen informellen Treffen der EU-Landwirtschaftsminister unterstrich Klöckner, dass sie sich gegen eine Politik der nationalen Grenzen und Abschottung stelle. Dennoch wolle sie sich für mehr Regionalität bei der Nahrungsmittelerzeugung in der EU einsetzen. Eines ihrer Ziele sei es, innereuropäische Lieferketten zu stärken, um mehr Unabhängigkeit von Produkten aus Drittstaaten zu gewinnen.
Es gehe aber nicht darum, beispielsweise im Hinblick auf die Sojaimporte, eine 100-prozentige Autarkie „auf Krampf” durchzuboxen. Die Corona-Krise habe allerdings gelehrt, dass man sich nicht zu stark auf den globalen Lebensmittelmarkt verlassen werden dürfe, sagte Klöckner.
Weniger krisenanfällig
Eindringlicher warnte EU-Agrarkommissar Janusz
Wojciechowski davor, die Landwirtschaft und ihre Märkte zu global
aufzustellen. Gerade die regionale Landwirtschaft sei für die
Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln entscheidend. Das habe sich
während der Hochphase der Corona-Krise gezeigt. Die regionale
Landwirtschaft sei weniger krisenanfällig, da sie weniger als die
größeren Strukturen auf komplexere und daher auch störungsanfälligere Wertschöpfungsketten angewiesen sei. Der Pole
betonte allerdings auch, dass er nicht für mehr Protektionismus sei.
Allerdings müsse eine zu starke Abhängigkeit vom Weltmarkt vermieden
werden.
Zugleich betonte auch Klöckner ihre Unterstützung für mehr Freihandel
mit anderen Teilen der Welt. Dabei müsse den Bauern hinreichend
Unterstützung als Ausgleich für die hohen EU-Standards zuteilwerden.
Dies gelte insbesondere für die Erfüllung eines entsprechenden
Umwelt-Ambitionsniveaus.
Auf Anfrage des Nachrichtendienstes Agra-Europe betonte die Ministerin,
dass Deutschland mit Blick auf die Ausgestaltung und die Anforderungen
von
Umweltleistungen im Rahmen der zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik
(GAP) im Vergleich zu vielen anderen EU-Staaten auf einem guten Weg sei.
Man sei einer der „ambitioniertesten” EU-Staaten, was etwa die Frage
der Ausgestaltung verpflichtender Eco-Schemes oder die Schaffung einer
strengen Konditionalität angehe. Hier werbe man auch für entsprechende
Mehrheiten.
Gut vorbereitet
Zur Kritik, ihr Ressort habe in der Vergangenheit
mangelndes Engagement bei der Ausgestaltung marktorientierter
Umweltleistungen an den Tag gelegt, erklärte Klöckner, „zu klappern
gehört zum Geschäft der Umweltverbände”, diese Kritik entbehre
allerdings jeglicher Grundlage. Laut der Berliner Ressortchefin ist
Deutschland sehr gut auf die GAP-Reform vorbereitet; sie stehe unter
anderem mit der niederländischen Agrarministerin Carola Schouten in
engem Kontakt, was die Ausgestaltung der Eco-Schemes betreffe.
Mit Nachdruck plädierte Klöckner für mehr Transparenz bei der
Kennzeichnung von Lebensmitteln. Dies gelte insbesondere für die
Herkunftsangaben für Fleisch sowie Eier in verarbeiteten Lebensmitteln.
Auch beim gemischten Honig müsse künftig für den Konsumenten klar
ersichtlich sein, welche Herkünfte enthalten seien.
Im Hinblick auf die Diskussion um ein EU-weites Tierwohlkennzeichen
räumte Klöckner ein, dass es dazu zeitnah keine Einigung des Agrarrates
geben werde. Aber der Grundstein dafür könne in diesem Jahr gelegt
werden.
Wojciechowski stellte zum Thema Tiertransporte fest, dass die
europäischen Regelungen hinreichend seien. Allerdings gebe es deutliche
Defizite bei der Umsetzung. Was die Kontrollen angehe, müsse dringend
nachgebessert werden. Das Bundeslandwirtschaftsministerium strebt
bekanntlich für den Nutztiertransport innerhalb Deutschlands schärfere
Bestimmungen an. Allerdings wollten Klöckner und Wojciechowski auf
Nachfrage hier keinen Dissens in ihren Haltungen erkennen lassen.