Politik | 03. September 2020

Klöckner will innereuropäische Lieferketten

Von AgE
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will sich für mehr Regionalität bei der Lebensmittelerzeugung in der EU einsetzen. Gleichzeitig warnte sie als Gastgeberin des informellen EU-Agrarrats vor überbordendem Konsumnationalismus und Autarkie „auf Krampf”.
Beim informellen Agrarrat in Koblenz nahm Julia Klöckner ihre europäischen Amtskollegen auch mit in die Reben.
Auf dem am Dienstag  in Koblenz zu Ende gegangenen informellen Treffen der EU-Landwirtschaftsminister unterstrich Klöckner,  dass sie sich gegen eine Politik der nationalen Grenzen und Abschottung stelle. Dennoch wolle sie sich für mehr Regionalität bei der Nahrungsmittelerzeugung in der EU  einsetzen. Eines ihrer Ziele sei es, innereuropäische Lieferketten zu stärken, um mehr Unabhängigkeit von Produkten aus Drittstaaten zu gewinnen.
Es gehe aber nicht darum, beispielsweise im Hinblick auf die Sojaimporte, eine 100-prozentige Autarkie „auf Krampf” durchzuboxen. Die Corona-Krise habe allerdings gelehrt, dass man sich  nicht zu stark auf den globalen Lebensmittelmarkt verlassen werden dürfe, sagte Klöckner.
Weniger krisenanfällig
Eindringlicher warnte EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski davor, die Landwirtschaft und ihre Märkte zu global aufzustellen. Gerade die regionale Landwirtschaft sei für die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln entscheidend. Das habe sich während der Hochphase der Corona-Krise gezeigt. Die regionale Landwirtschaft sei weniger krisenanfällig, da sie weniger als die größeren Strukturen auf komplexere und daher auch störungsanfälligere Wertschöpfungsketten angewiesen sei. Der Pole betonte allerdings auch, dass er nicht für mehr Protektionismus sei. Allerdings müsse eine zu starke Abhängigkeit vom Weltmarkt vermieden werden.
Zugleich betonte auch Klöckner ihre Unterstützung für mehr Freihandel mit anderen Teilen der Welt. Dabei müsse den Bauern hinreichend Unterstützung als Ausgleich für die hohen EU-Standards zuteilwerden. Dies gelte insbesondere für die Erfüllung eines entsprechenden Umwelt-Ambitionsniveaus.
Auf Anfrage des Nachrichtendienstes  Agra-Europe betonte die Ministerin, dass Deutschland mit Blick auf die Ausgestaltung und die Anforderungen von
Umweltleistungen im Rahmen der zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Vergleich zu vielen anderen EU-Staaten auf einem guten Weg sei. Man sei  einer der „ambitioniertesten” EU-Staaten, was etwa die Frage der Ausgestaltung verpflichtender Eco-Schemes oder die Schaffung einer strengen Konditionalität angehe. Hier werbe man auch für entsprechende Mehrheiten.
Gut vorbereitet
Zur Kritik, ihr Ressort habe in der Vergangenheit mangelndes Engagement bei der Ausgestaltung marktorientierter Umweltleistungen an den Tag gelegt, erklärte Klöckner, „zu klappern gehört zum Geschäft der Umweltverbände”, diese Kritik entbehre allerdings jeglicher Grundlage. Laut der Berliner Ressortchefin ist Deutschland sehr gut auf die GAP-Reform vorbereitet; sie stehe unter anderem mit der niederländischen Agrarministerin Carola Schouten in engem Kontakt, was die Ausgestaltung der Eco-Schemes betreffe.
Mit Nachdruck plädierte Klöckner  für mehr Transparenz bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln. Dies gelte insbesondere für die Herkunftsangaben für Fleisch sowie Eier in verarbeiteten Lebensmitteln. Auch beim gemischten Honig müsse künftig für den Konsumenten klar ersichtlich sein, welche Herkünfte enthalten seien.
Im Hinblick auf die  Diskussion um ein EU-weites Tierwohlkennzeichen räumte Klöckner ein, dass es dazu zeitnah keine Einigung des Agrarrates geben werde.  Aber der Grundstein dafür könne in diesem Jahr  gelegt werden.
Wojciechowski stellte  zum Thema Tiertransporte fest, dass die europäischen Regelungen hinreichend seien. Allerdings gebe es  deutliche Defizite bei der Umsetzung. Was die  Kontrollen angehe, müsse dringend nachgebessert werden. Das Bundeslandwirtschaftsministerium strebt bekanntlich für den Nutztiertransport innerhalb Deutschlands schärfere Bestimmungen an. Allerdings wollten Klöckner und Wojciechowski auf Nachfrage hier keinen Dissens in ihren Haltungen erkennen lassen.