Politik | 27. Juni 2019

Klöckner stärkt Hogan den Rücken

Von AgE
EU-Agrarkommissar Phil Hogan hält das von ihm vorgeschlagene Ambitionsniveau für den Umwelt- und Klimaschutz in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 für „nicht verhandelbar”.
Positionen abtasten: Von einem Konsens über die Zukunft der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) sind die Fachminister der EU noch weit entfernt.
Der Ire verwahrte sich beim Agrarministerrat am 18. Juni in Luxemburg gegen Versuche einer Reihe von Mitgliedstaaten, den Klima- und Umweltschutz der Gemeinschaft weiter zu verwässern. In diesem Zusammenhang kritisierte Hogan auch den vom rumänischen Landwirtschaftsminister und scheidenden Agrarratspräsidenten Petre Daea vorgelegten Fortschrittsbericht, der in diese Richtung zielt.
Ähnlich lautende Kritik sollen Kommissionsvertreter bereits bei den vergangenen Sitzungen des Sonderausschusses für Landwirtschaft (SAL) vorgebracht haben, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Hogan kritisierte beispielsweise den Vorschlag, die Eco-Schemes, auch Ökoregelungen genannt, nicht nur für den einzelnen Landwirt, sondern auch für die Mitgliedstaaten freiwillig anzubieten. Zufrieden zeigte sich der Agrarkommissar hingegen mit Blick auf die breite Unterstützung der EU-Länder für das neue Umsetzungsmodell.
Rückendeckung erhielt Hogan bei seiner Forderung nach einem hohen GAP-Umweltschutzniveau von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Die Ressortchefin sprach sich erneut gegen eine Abschwächung der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Standards beim Umwelt-, Natur- und Klimaschutz in der GAP nach 2020 aus. Mit Blick auf den von der rumänischen Ratspräsidentschaft vorgelegten Fortschrittsbericht müsse nachgebessert werden, forderte Klöckner. Gleiches gelte bei den Themen Vereinfachung und Wettbewerbsbedingungen.
Kein Wettbewerb um niedrigste Standards
Klöckner stellte klar, dass sich Deutschland für EU-weit einheitliche Leitplanken einsetze, die einen Wettbewerb um die niedrigsten Standards verhindern und ein höheres Umweltambitionsniveau gewährleisten würden. Die Eco-Schemes sollten in allen Mitgliedstaaten verpflichtend und mit einem Mindestbudget ausgestattet sein. Außerdem sei ein europaweit einheitlicher Mindestanteil an nicht-produktiven Flächen unverzichtbar.
Werden Kleinlandwirte befreit?
Zugleich machte die Bundeslandwirtschaftsministerin gegenüber ihren Kollegen aus den anderen EU-Mitgliedstaaten deutlich, dass der Umwelt- und Klimaschutz eine Aufgabe für alle Landwirte sei. Klöckner wandte sich gegen Ausnahmeregelungen wie der Herausnahme von Kleinlandwirten aus der Konditionalität. Aktuell ist eine Grenze von 1250 Euro an jährlichen Beihilfen im Gespräch. Landwirte, die eine Beihilfe bekommen, die unter diesem Betrag liegt, sollten laut Vorschlag von der Konditionalität ausgenommen werden.
Gerade in diesem Punkt ist Deutschland mit seinem Widerstand Beobachtern zufolge jedoch eindeutig in der Minderheit. Unterstützung für die deutsche Position gab es aus Tschechien. Kritischer gegenüber der Berliner Position äußerten sich insbesondere Portugal, Griechenland und Ungarn. Vor allem in Portugal und Griechenland gibt es eine große Zahl an landwirtschaftlichen Kleinbetrieben.
Eco-Schemes als „innovatives” Mittel
Mit Blick auf die in der künftigen GAP zu definierenden Umweltleistungen gab Polens Landwirtschaftsminister Jan Krzysztof Ardanowski zu bedenken, dass den Landwirten bestimmte Maßnahmen nicht aufgezwungen werden sollten. Konkret bezog er sich dabei auf die Ökoregelungen; hier lehnt er eine verpflichtende Anwendung für die Mitgliedstaaten ab. Auch die bulgarische Delegationsleitung sprach sich für die Eco-Schemes als freiwillige Maßnahme aus. Spaniens Landwirtschaftsminister Luis Planas Puchades stellte seinen Amtskollegen die Ergebnisse einer Konferenz zur „Grünen Architektur” der GAP vor, die im spanischen Zafra stattfand. Festgestellt worden sei, dass der Einsatz der Eco-Schemes ein „innovatives” Mittel sei, um effektiv auf Umweltherausforderungen zu reagieren.
Erneut Vereinfachung gefordert
Klöckner bekräftigte ihre Forderung nach einer Vereinfachung der GAP, sowohl für die landwirtschaftlichen Betriebe als auch für die Verwaltungen. Dies könne nur erreicht werden, wenn die Mitgliedstaaten ausreichend Spielraum hätten, um ein passgenaues Fördersystem zu schaffen. Sie sollten deshalb selbst über die Anwendung von Kappung und Degression, die Definition des „echten Betriebsinhabers” sowie verpflichtende Risikomanagementinstrumente entscheiden können.
Erneut kritisiert wurden von deutscher Seite die Wettbewerbsverzerrungen, die durch gekoppelte Zahlungen – insbesondere im Ackerbau – für die Landwirte in einigen Mitgliedstaaten entstünden. Aktuell ist Deutschland das einzige EU-Land, das die Möglichkeit produktionsgekoppelter Beihilfen nicht nutzt. Berlin setze sich daher für eine Rückführung gekoppelter Zahlungen ein, erklärte Klöckner. Keinesfalls werde man akzeptieren, dass die von der Kommission vorgeschlagenen Grenzen für die gekoppelte Stützung ausgeweitet würden. Derzeit liegt die maximal mögliche gekoppelte Produktionsbeihilfe je Mitgliedstaat anteilig an den gesamten Direktzahlungen bei 13 Prozent und zusätzlichen zwei Prozent speziell für die Kopplung von Eiweißpflanzen. Die Kommission hatte im vergangenen Jahr in ihren GAP-Vorschlägen eine Reduzierung auf zehn Prozent angeregt; die zwei Prozent Eiweißpflanzenkopplung sollen allerdings unverändert bleiben.
Deutschland gegen Kopplungs-Kompromiss
Derweil hatte auf dem Agrarrat im März ein Bündnis von sieben Mitgliedstaaten – darunter Tschechien sowie Bulgarien und Ungarn – eine deutliche Ausweitung der Kopplung auf 23 Prozent plus zwei Prozent Eiweißkopplung gefordert. Der rumänische Ratsvorsitz regte nun in seinem Fortschrittsbericht an, „kompromisshalber zumindest die derzeitige Höhe der Mittelzuweisung beizubehalten”. Scharfe Kritik an dieser Formulierung kam nicht nur von Deutschland und den Niederlanden, sondern auch von der schwedischen Agrarministerin Jennie Nilsson. Ihr Land trete für deutlich mehr Marktorientierung ein, unterstrich die Stockholmer Sozialdemokratin. Indes äußerten sich Frankreich und Italien mit Blick auf den rumänischen Kompromissvorschlag eher wohlwollend.