EU-Agrarkommissar Phil Hogan hält das von ihm vorgeschlagene Ambitionsniveau für den Umwelt- und Klimaschutz in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 für „nicht verhandelbar”.
Positionen abtasten: Von einem Konsens über die Zukunft der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) sind die Fachminister der EU noch weit entfernt.
Der Ire verwahrte sich beim Agrarministerrat am 18. Juni in Luxemburg gegen Versuche einer Reihe von Mitgliedstaaten, den Klima- und Umweltschutz der Gemeinschaft weiter zu verwässern. In diesem Zusammenhang kritisierte Hogan auch den vom rumänischen Landwirtschaftsminister und scheidenden Agrarratspräsidenten Petre Daea vorgelegten Fortschrittsbericht, der in diese Richtung zielt.
Ähnlich lautende Kritik sollen Kommissionsvertreter bereits bei den vergangenen Sitzungen des Sonderausschusses für Landwirtschaft (SAL) vorgebracht haben, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Hogan kritisierte beispielsweise den Vorschlag, die Eco-Schemes, auch Ökoregelungen genannt, nicht nur für den einzelnen Landwirt, sondern auch für die Mitgliedstaaten freiwillig anzubieten. Zufrieden zeigte sich der Agrarkommissar hingegen mit Blick auf die breite Unterstützung der EU-Länder für das neue Umsetzungsmodell.
Rückendeckung erhielt Hogan bei seiner Forderung nach einem hohen GAP-Umweltschutzniveau von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Die Ressortchefin sprach sich erneut gegen eine Abschwächung der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Standards beim Umwelt-, Natur- und Klimaschutz in der GAP nach 2020 aus. Mit Blick auf den von der rumänischen Ratspräsidentschaft vorgelegten Fortschrittsbericht müsse nachgebessert werden, forderte Klöckner. Gleiches gelte bei den
Themen Vereinfachung und Wettbewerbsbedingungen.
Kein Wettbewerb um niedrigste Standards
Klöckner stellte klar, dass sich
Deutschland für EU-weit einheitliche Leitplanken einsetze, die einen
Wettbewerb um die niedrigsten Standards verhindern und ein höheres
Umweltambitionsniveau gewährleisten würden. Die Eco-Schemes sollten in
allen Mitgliedstaaten verpflichtend und mit einem Mindestbudget
ausgestattet sein. Außerdem sei ein europaweit einheitlicher
Mindestanteil an nicht-produktiven Flächen unverzichtbar.
Werden Kleinlandwirte befreit?
Zugleich machte die
Bundeslandwirtschaftsministerin gegenüber ihren Kollegen aus den anderen
EU-Mitgliedstaaten deutlich, dass der Umwelt- und Klimaschutz eine
Aufgabe für alle Landwirte sei. Klöckner wandte sich gegen
Ausnahmeregelungen wie der Herausnahme von Kleinlandwirten aus der
Konditionalität. Aktuell ist eine Grenze von 1250 Euro an jährlichen
Beihilfen im Gespräch. Landwirte, die eine Beihilfe bekommen, die unter
diesem Betrag liegt, sollten laut Vorschlag von der Konditionalität
ausgenommen werden.
Gerade in diesem Punkt ist Deutschland mit seinem Widerstand
Beobachtern zufolge jedoch eindeutig in der Minderheit. Unterstützung
für die deutsche Position gab es aus Tschechien. Kritischer gegenüber
der Berliner Position äußerten sich insbesondere Portugal, Griechenland
und Ungarn. Vor allem in Portugal und Griechenland gibt es eine große
Zahl an landwirtschaftlichen Kleinbetrieben.
Eco-Schemes als „innovatives” Mittel
Mit Blick auf die in der künftigen GAP zu
definierenden Umweltleistungen gab Polens Landwirtschaftsminister Jan
Krzysztof Ardanowski zu bedenken, dass den Landwirten bestimmte
Maßnahmen nicht aufgezwungen werden sollten. Konkret bezog er sich dabei
auf die Ökoregelungen; hier lehnt er eine verpflichtende Anwendung für
die Mitgliedstaaten ab. Auch die bulgarische Delegationsleitung sprach
sich für die Eco-Schemes als freiwillige Maßnahme aus. Spaniens
Landwirtschaftsminister Luis Planas Puchades stellte seinen Amtskollegen
die Ergebnisse einer Konferenz zur „Grünen Architektur” der GAP vor,
die im spanischen Zafra stattfand. Festgestellt worden sei, dass der
Einsatz der Eco-Schemes ein „innovatives” Mittel sei, um effektiv auf
Umweltherausforderungen zu reagieren.
Erneut Vereinfachung gefordert
Klöckner bekräftigte ihre Forderung nach einer Vereinfachung
der GAP, sowohl für die landwirtschaftlichen Betriebe als auch für die
Verwaltungen. Dies könne nur erreicht werden, wenn die Mitgliedstaaten
ausreichend Spielraum hätten, um ein passgenaues Fördersystem zu
schaffen. Sie sollten deshalb selbst über die Anwendung von Kappung und
Degression, die Definition des „echten Betriebsinhabers” sowie
verpflichtende Risikomanagementinstrumente entscheiden können.
Erneut kritisiert wurden von deutscher Seite die
Wettbewerbsverzerrungen, die durch gekoppelte Zahlungen – insbesondere
im Ackerbau – für die Landwirte in einigen Mitgliedstaaten entstünden.
Aktuell ist Deutschland das einzige EU-Land, das die Möglichkeit
produktionsgekoppelter Beihilfen nicht nutzt. Berlin setze sich daher
für eine Rückführung gekoppelter Zahlungen ein, erklärte Klöckner.
Keinesfalls werde man akzeptieren, dass die von der Kommission
vorgeschlagenen Grenzen für die gekoppelte Stützung ausgeweitet würden.
Derzeit liegt die maximal mögliche gekoppelte Produktionsbeihilfe je
Mitgliedstaat anteilig an den gesamten Direktzahlungen bei 13 Prozent
und zusätzlichen zwei Prozent speziell für die Kopplung von
Eiweißpflanzen. Die Kommission hatte im vergangenen Jahr in ihren
GAP-Vorschlägen eine Reduzierung auf zehn Prozent angeregt; die zwei
Prozent Eiweißpflanzenkopplung sollen allerdings unverändert bleiben.
Deutschland gegen Kopplungs-Kompromiss
Derweil hatte auf dem Agrarrat im März ein Bündnis
von sieben Mitgliedstaaten – darunter Tschechien sowie Bulgarien und
Ungarn – eine deutliche Ausweitung der Kopplung auf 23 Prozent plus zwei
Prozent Eiweißkopplung gefordert. Der rumänische Ratsvorsitz regte nun
in seinem Fortschrittsbericht an, „kompromisshalber zumindest die
derzeitige Höhe der Mittelzuweisung beizubehalten”. Scharfe Kritik an
dieser Formulierung kam nicht nur von Deutschland und den Niederlanden,
sondern auch von der schwedischen Agrarministerin Jennie Nilsson. Ihr
Land trete für deutlich mehr Marktorientierung ein, unterstrich die
Stockholmer Sozialdemokratin. Indes äußerten sich Frankreich und Italien
mit Blick auf den rumänischen Kompromissvorschlag eher wohlwollend.