Politik | 28. November 2024

Kein Zurück in die Gräben

Von red
Die Zukunftskomission Landwirtschaft (ZKL) plädiert für eine Steuerermäßigung auf Agrardiesel und für eine Risikoausgleichsrücklage. Der Bericht bekräftigt den Ausstieg aus den EU-Direktzahlungen. Eine Anhebung der ermäßigten Umsatzsteuer auf tierische Produkte soll der Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung dienen.
Erleichtert und geeint präsentierten sich die ZKL-Mitglieder nach Abgabe ihres Berichts.
Die Einigung der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) ist von den Beteiligten mit großer Erleichterung aufgenommen worden. DBV-Vizepräsident Dr. Holger Hennies begrüßte, dass es erneut gelungen sei, einen Konsens zwischen Landwirtschaft und Umweltseite zu finden. Wichtige Anliegen der Agrarbranche fänden sich in dem Papier wieder. „Beharrlichkeit und gute Nerven” der Mitglieder nannte Landfrauenpräsidentin Petra Bentkämper als Voraussetzung für die erzielte Einigung.
Nichts für die Schublade
Sie sei zuversichtlich, dass das 25-seitige Papier „nicht in der Schublade verschwinden wird”. Stattdessen sei zu hoffen, dass die Empfehlungen der nächsten Bundesregierung als Richtschnur für politisches Handeln dienen werden. Auch Landjugendvorsitzende Theresa Schmidt wertet die Verständigung als wichtiges Signal an die Politik. Den vielen Worten der Politik müssten nun endlich Taten folgen. Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt, hob hervor, dass Agrar- und Umweltseite einmal mehr ihre Kooperationsbereitschaft unter Beweis gestellt hätten. „Einen Rückfall in die Gräben wird es nicht geben”, ist Bandt überzeugt.
Eine ganze Reihe von landwirtschaftlichen Forderungen hat Eingang in das ZKL-Papier gefunden. So sollen der Agrardiesel künftig mit dem europäischen Durchschnittssatz besteuert und alternative Kraftstoffe entsprechend ihrem Beitrag zum Klimaschutz steuerlich entlastet werden. Die Zukunftskommission plädiert für eine Risikoausgleichsrücklage in der Landwirtschaft und im Gartenbau als zentrales Instrument der Gewinnglättung und der Risikovorsorge. Damit die Betriebe Wetter- und Ernterisiken künftig besser abfedern können, plädiert die ZKL für staatliche Zuschüsse bei Mehrgefahrenversicherungen – vor allem gegen Dürre und Überschwemmungen.
Agrardiesel und Risikorücklage
Das Papier enthält ein Bekenntnis zur Kooperation als grundsätzlichem Prinzip in der Agrarpolitik und stellt die Vorteilhaftigkeit von regionalen Agrar- und-Umwelt-Kooperationen heraus. Anreizsystemen und Fördermaßnahmen sei möglichst Vorrang vor pauschalen rechtlichen Vorgaben einzuräumen. Dringenden Änderungsbedarf mahnt die ZKL im Düngerecht an. Die Düngepolitik müsse einfacher und effizienter werden. Statt der Stoffstrombilanz bedürfe es einer praxisgerechten gesamtbetrieblichen Nährstoffbilanzierung.
DBV-Vize Hennies misst einer praktikablen Düngepolitik eine Schlüsselposition bei, um Betriebe zurückzugewinnen, nachdem die Düngeverordnung großen Frust erzeugt habe. Dass die künftige Bundesregierung dies ernst nehme, könne sie  beweisen, indem „der Landwirtschafts- und der Umweltminister gemeinsam nach Brüssel reisen und sich für praktikable Regelungen einsetzen”. Das wäre laut Hennies zugleich eine vertrauensbildende Maßnahme, „dass man die ZKL-Empfehlungen ernst nimmt”.
Borchert-Konzept
Die Zukunftskommission bekräftigt ihre Empfehlung, die Tierhaltung in Deutschland auf der Grundlage des Borchert-Konzepts umzubauen. Zur langfristigen Finanzierung sei „eine schrittweise, moderate Anhebung des Umsatzsteuersatzes auf tierische Produkte das geeignetste Instrument”.
Erneut empfiehlt die ZKL einen vollständigen Ausstieg aus den flächengebundenen EU-Direktzahlungen als Instrument der Einkommensstützung. Damit einhergehend sollen die Konditionalitäten abgebaut werden. DLG-Präsident Paetow erteilte in diesem Zusammenhang Vorschlägen im Brüsseler Strategischen Dialog eine Absage, künftig weiter Zahlungen in Abhängigkeit von der „Bedürftigkeit” zu gewähren. Man sei sich einig, dass es keine Vermengung von Agrar- und Sozialpolitik geben solle.
Vor dem Hintergrund des Wegfalls der verpflichtenden Stilllegung regt die ZKL ein Aktionsprogramm „Biodiversität in der Agrarlandschaft” an. Erstmals sprechen sich die 31 Kommissionsmitglieder dafür aus, bei Anforderungen in Schutzgebieten oberhalb der guten fachlichen Praxis auf Bundesebene einen verpflichtenden Ausgleichsanspruch für Naturschutzauflagen einzuführen.
Um den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmitteln weiter zu reduzieren, seien Indikatoren zu entwickeln, mit deren Hilfe das Risiko des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln bewertet werden könne.
Die ZKL empfiehlt eine neue Kultur der Zusammenarbeit zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Als Belege für den Handlungsbedarf in diesem Bereich werden das nationale Tierhaltungskennzeichnungsgesetz sowie der Umgang mit der Herkunftskennzeichnung angeführt. Unverzichtbar sei eine Abstimmung beim notwendigen Aufbau einer wirksamen Nachhaltigkeitskennzeichnung.
Nach Auffassung der Mitglieder findet die ZKL mit den jetzt vorgelegten Erwartungen ihren zumindest vorläufigen Abschluss. Zu einzelnen Fragestellungen sollen künftige kleinere und spezifischere Formate entwickelt werden. Keinen Zweifel gibt es, dass Konsensfindungsprozesse nach dem Vorbild der ZKL auch in Zukunft notwendig sein werden.