Politik | 28. März 2018

Julia Klöckner will befrieden

Von AgE
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will die Auseinandersetzung um die Landwirtschaft befrieden. Man müsse wegkommen von „ideologischen Grabenkämpfen”, sagte die CDU-Politikerin am 23. März in der Generaldebatte des Bundestages über die Agrar- und Ernährungspolitik.
Für Julia Klöckner sind Naturschutz und Landwirtschaft keine Gegensätze, betonte sie in ihrer ersten Bundestagsrede als Landwirtschaftsministerin.
Klöckner kündigte an, sie wolle gesellschaftliche Gruppen versöhnen. Sie betonte dabei auch  ihr Interesse an einem Neustart in der Zusammenarbeit ihres Hauses mit dem Bundesumweltministerium. Naturschutz und Landwirtschaft seien für sie keine Gegensätze, so Klöckner. Dem müsse auch die praktische Politik Rechnung tragen.
Wenn Wissenschaftler ihr sagten, die Neonicotinoide führten zum Bienensterben, dann werde sie gemeinsam mit der Landwirtschaft und ihren europäischen Partnern eine Lösung finden. „Was für Bienen schädlich ist, muss weg vom Markt”, erklärte die Ministerin. Erneut stellte Klöckner ein staatliches Tierwohllabel in Aussicht, das den Verbrauchern Orientierung gebe, den Tieren diene und sich auch für die Landwirte lohne.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nannte Klöckner „eine tragende Säule der europäischen Integrationspolitik”. Auch nach der Weiterentwicklung müsse die GAP „stabile Rahmenbedingungen bieten”. Zugleich müsse man den Erwartungen der Bevölkerung an die Mittelvergabe „mehr gerecht werden”.
In der Aussprache unterstützten Abgeordnete der Koalition die Ziele der Ministerin. Der Opposition waren die Ausführungen zu wenig konkret. Zufrieden zeigten sich Verbände, darunter der Deutsche Bauernverband (DBV), mit der ersten Bundestagsrede Klöckners im neuen Amt.
Neuer Geist
Einen Neuanfang strebt Klöckner insbesondere in der Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium an, nachdem das Verhältnis beider Ressorts in der vergangenen Legislaturperiode zunehmend abgekühlt war. Bislang haben sich die Ministerien nicht auf eine gemeinsame Position zur Weiterentwicklung der GAP verständigen können. Nach der eigenmächtigen Zustimmung von Ex-Minister Christian Schmidt für eine Zulassungsverlängerung von Glyphosat Ende letzten Jahres in Brüssel waren die Beziehungen beider Ministerien auf einen Tiefpunkt gesunken.
Wille zur Kooperation
Der Bundestag hat am Freitag voriger Woche über die Agrar- und Ernährungspolitik der Bundesregierung debattiert.
Klöckner betonte nun gegenüber der neuen Bundesumweltministerin Svenja Schulze  ihren Willen zur Kooperation. Auch die SPD-Politikerin zeigte sich kooperationsbereit. Schulze sprach in der anschließenden Debatte über ihren Geschäftsbereich von einem „neuen Geist in der neuen Bundesregierung”. Das Abstimmungsverhalten von Schmidt nannte sie einen „einmaligen Ausrutscher”, der sich hoffentlich nicht wiederholen werde. Schulze sieht in einer neuen Pflanzenschutzpolitik und einem Stopp des Insektensterbens wesentliche Aufgaben für ihr Ministerium, die es zu lösen gelte. Den Einsatz von Glyphosat werde man in dieser Legislaturperiode weitestgend zu einem Ende bringen. Klöckner verwies in ihrer Rede auf die vielfältigen Vorteile nicht zuletzt für die Umwelt, die Innovationen in der Landwirtschaft mit sich bringen könnten, und nannte als Beispiel die Präzisionslandwirtschaft.
„Von der Ackerfurche bis zur Cloud”
Ihr Ziel sei Nachhaltigkeit „von der Ackerfurche bis zur Cloud”. Erneut trat die Ministerin Stimmen entgegen, ihr Haus spiele im Vergleich zu anderen Ministerien eine unbedeutende Rolle. Das Bundeslandwirtschaftsministerium sei vielmehr „das Lebensministerium”, seine Themen seien „systemrelevant”. In Anspielung auf das Kompetenzgerangel mit „Heimatminister” Horst Seehofer betonte Klöckner die Zuständigkeit ihres Ressorts für den ländlichen Raum: „Wir kennen uns dort aus und haben die Konzepte.” Einen größeren Stellenwert als bisher will die CDU-Politikerin den Themen „Ernährung” und „gesundheitlicher Verbraucherschutz” in ihrem Haus einräumen. Eine zentrale Bedeutung misst sie der Ernährungsbildung bei. Vorgehen will sie gegen verbrauchertäuschende Kennzeichnungen und gegen Lebensmittelverschwendung.
Die CDU/CSU zeigt sich offen gegenüber einer Weiterentwicklung der Landwirtschaft. „Wir wollen Brücken bauen und die notwendigen Veränderungen mit der Landwirtschaft erreichen”, erklärte der agrarpolitische Sprecher der Fraktion, Albert Stegemann, in der Generaldebatte. Stegemann kündigte den Aufbau einer Haltungskennzeichnung mit verbindlichen Kriterien für Fleisch aus besserer Tierhaltung an. Damit solle der Verbraucher den Mehraufwand der Landwirte honorieren können. Der CDU-Politiker zeigte sich zuversichtlich, dass es gelingen könne, die Brancheninitiative Tierwohl mit dem staatlichen Tierwohllabel zu verzahnen.
„Mehr Dialog”
Als Voraussetzungen für eine langfristig tragfähige Landwirtschaft in Deutschland nannte Stegemann die gesellschaftliche Anerkennung für die landwirtschaftliche Arbeit und eine höhere Wertschätzung für Lebensmittel. Der Weg, um eine moderne Lebensmittelerzeugung in Deutschland dauerhaft zu ermöglichen, sei „mehr Dialog statt Konfrontation, mehr Miteinander statt Gegeneinander”.
Die nach wie vor fehlende Bündelung der Kompetenzen für den ländlichen Raum innerhalb der Bundesregierung beklagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Johann Saathoff. Auch künftig seien die Zuständigkeiten über fünf Ministerien verteilt, monierte Saathoff. Er  forderte ein „Ministerium für den ländlichen Raum”. Dem SPD-Politiker zufolge fehlt es nach wie vor an Lösungen für wesentliche Probleme ländlicher Regionen. Als Beispiele nannte er Defizite in der Infrastruktur, eine unzureichende Breitbandausstattung sowie Mängel in der ärztlichen Versorgung.
Der Präsident des DBV, Joachim Rukwied, begrüßte die Bezeichnung „Lebensministerium” für das Agrarressort: „Die Landwirtschaft schafft die Lebensgrundlage, indem wir qualitativ hochwertige Lebensmittel erzeugen”, erklärte der DBV-Präsident. Positiv wertet er auch das Vorhaben, mit dem Umweltministerium Gemeinsamkeiten auszuloten.