Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will die Auseinandersetzung um die Landwirtschaft befrieden. Man müsse wegkommen von „ideologischen Grabenkämpfen”, sagte die CDU-Politikerin am 23. März in der Generaldebatte des Bundestages über die Agrar- und Ernährungspolitik.
Für Julia Klöckner sind Naturschutz und Landwirtschaft keine Gegensätze, betonte sie in ihrer ersten Bundestagsrede als Landwirtschaftsministerin.
Klöckner kündigte an, sie wolle gesellschaftliche Gruppen versöhnen. Sie betonte dabei auch ihr Interesse an einem Neustart in der Zusammenarbeit ihres Hauses mit dem Bundesumweltministerium. Naturschutz und Landwirtschaft seien für sie keine Gegensätze, so Klöckner. Dem müsse auch die praktische Politik Rechnung tragen.
Wenn Wissenschaftler ihr sagten, die Neonicotinoide führten zum Bienensterben, dann werde sie gemeinsam mit der Landwirtschaft und ihren europäischen Partnern eine Lösung finden. „Was für Bienen schädlich ist, muss weg vom Markt”, erklärte die Ministerin. Erneut stellte Klöckner ein staatliches Tierwohllabel in Aussicht, das den Verbrauchern Orientierung gebe, den Tieren diene und sich auch für die Landwirte lohne.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nannte Klöckner „eine tragende Säule der europäischen Integrationspolitik”. Auch nach der Weiterentwicklung müsse die GAP „stabile Rahmenbedingungen bieten”. Zugleich müsse man den Erwartungen der Bevölkerung an die Mittelvergabe „mehr gerecht werden”.
In der Aussprache unterstützten Abgeordnete der Koalition die Ziele der Ministerin. Der Opposition waren die Ausführungen zu wenig konkret. Zufrieden zeigten sich Verbände, darunter der Deutsche Bauernverband (DBV), mit der ersten Bundestagsrede Klöckners im neuen Amt.
Neuer Geist
Einen Neuanfang strebt Klöckner insbesondere in der
Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium an, nachdem das
Verhältnis beider Ressorts in der vergangenen Legislaturperiode
zunehmend abgekühlt war. Bislang haben sich die Ministerien nicht auf
eine gemeinsame Position zur Weiterentwicklung der GAP verständigen
können. Nach der eigenmächtigen Zustimmung von Ex-Minister Christian
Schmidt für eine Zulassungsverlängerung von Glyphosat Ende letzten
Jahres in Brüssel waren die Beziehungen beider Ministerien auf einen
Tiefpunkt gesunken.
Wille zur Kooperation
Der Bundestag hat am Freitag voriger Woche über die Agrar- und Ernährungspolitik der Bundesregierung debattiert.
Klöckner betonte nun gegenüber der neuen
Bundesumweltministerin Svenja Schulze ihren Willen zur Kooperation.
Auch die SPD-Politikerin zeigte sich kooperationsbereit. Schulze sprach
in der anschließenden Debatte über ihren Geschäftsbereich von einem
„neuen Geist in der neuen Bundesregierung”. Das Abstimmungsverhalten von
Schmidt nannte sie einen „einmaligen Ausrutscher”, der sich hoffentlich
nicht wiederholen werde. Schulze sieht in einer neuen
Pflanzenschutzpolitik und einem Stopp des Insektensterbens wesentliche
Aufgaben für ihr Ministerium, die es zu lösen gelte. Den Einsatz von
Glyphosat werde man in dieser Legislaturperiode weitestgend zu einem
Ende bringen. Klöckner verwies in ihrer Rede auf die vielfältigen
Vorteile nicht zuletzt für die Umwelt, die Innovationen in der
Landwirtschaft mit sich bringen könnten, und nannte als Beispiel die
Präzisionslandwirtschaft.
„Von der Ackerfurche bis zur Cloud”
Ihr Ziel
sei Nachhaltigkeit „von der Ackerfurche bis zur Cloud”. Erneut trat die
Ministerin Stimmen entgegen, ihr Haus spiele im Vergleich zu anderen
Ministerien eine unbedeutende Rolle. Das
Bundeslandwirtschaftsministerium sei vielmehr „das Lebensministerium”,
seine Themen seien „systemrelevant”. In Anspielung auf das
Kompetenzgerangel mit „Heimatminister” Horst Seehofer betonte Klöckner
die Zuständigkeit ihres Ressorts für den ländlichen Raum: „Wir kennen
uns dort aus und haben die Konzepte.” Einen größeren Stellenwert als
bisher will die CDU-Politikerin den Themen „Ernährung” und
„gesundheitlicher Verbraucherschutz” in ihrem Haus einräumen. Eine
zentrale Bedeutung misst sie der Ernährungsbildung bei. Vorgehen will
sie gegen verbrauchertäuschende Kennzeichnungen und gegen
Lebensmittelverschwendung.
Die CDU/CSU zeigt sich offen gegenüber einer Weiterentwicklung der
Landwirtschaft. „Wir wollen Brücken bauen und die notwendigen
Veränderungen mit der Landwirtschaft erreichen”, erklärte der
agrarpolitische Sprecher der Fraktion, Albert Stegemann, in der
Generaldebatte. Stegemann kündigte den Aufbau einer
Haltungskennzeichnung mit verbindlichen Kriterien für Fleisch aus
besserer Tierhaltung an. Damit solle der Verbraucher den Mehraufwand der
Landwirte honorieren können. Der CDU-Politiker zeigte sich
zuversichtlich, dass es gelingen könne, die Brancheninitiative Tierwohl
mit dem staatlichen Tierwohllabel zu verzahnen.
„Mehr Dialog”
Als
Voraussetzungen für eine langfristig tragfähige Landwirtschaft in
Deutschland nannte Stegemann die gesellschaftliche Anerkennung für die
landwirtschaftliche Arbeit und eine höhere Wertschätzung für
Lebensmittel. Der Weg, um eine moderne Lebensmittelerzeugung in
Deutschland dauerhaft zu ermöglichen, sei „mehr Dialog statt
Konfrontation, mehr Miteinander statt Gegeneinander”.
Die nach wie vor fehlende Bündelung der Kompetenzen für den ländlichen
Raum innerhalb der Bundesregierung beklagte der
SPD-Bundestagsabgeordnete Johann Saathoff. Auch künftig seien die
Zuständigkeiten über fünf Ministerien verteilt, monierte Saathoff. Er forderte ein „Ministerium für den ländlichen Raum”. Dem SPD-Politiker
zufolge fehlt es nach wie vor an Lösungen für wesentliche Probleme
ländlicher Regionen. Als Beispiele nannte er Defizite in der
Infrastruktur, eine unzureichende Breitbandausstattung sowie Mängel in
der ärztlichen Versorgung.
Der Präsident des DBV, Joachim Rukwied, begrüßte die Bezeichnung
„Lebensministerium” für das Agrarressort: „Die Landwirtschaft schafft
die Lebensgrundlage, indem wir qualitativ hochwertige Lebensmittel
erzeugen”, erklärte der DBV-Präsident. Positiv wertet er auch das
Vorhaben, mit dem Umweltministerium Gemeinsamkeiten auszuloten.