Tierhaltung | 21. Dezember 2017

Jetzt mehr tränken

Von Tierärztin Caroline Gerbert, Dr. Christian Koch, DLR Westpfalz, Hofgut Neumühle
Bei kälteren Außentemperaturen müssen Kälber für die Wärmeproduktion mehr Energie aufwenden als bei gemäßigten Temperaturen. Deshalb muss die Tränkemenge in den Wintermonaten entsprechend angepasst werden.
In den Wintermonaten muss die Energieversorgung des Kalbes deutlich angehoben werden.
Die thermoneutrale Zone oder Wohfühltemperatur von Kälbern liegt zwischen 15 und 20 °C. Fällt die Außentemperatur darunter, müssen die Tiere ihre Wärmeproduktion steigern, um ihren Grundumsatz aufrechterhalten zu können. So steigt die Wärmeproduktion bei einem Temperaturabfall von 25 °C auf 0 °C um etwa 30 Prozent  an. Wird von der täglichen Gesamtnährstoffaufnahme ein größerer Anteil in die Wärmeproduktion gesteckt, so fehlen diese Nährstoffe für   Lebendmassewachstum. Werden Kälber unabhängig von der Jahreszeit mit der gleichen Tränke- bzw. Milchaustauschermenge (MAT) gefüttert, kann dieses Tränkeregime daher in den  Wintermonaten zu deutlichen Wachstumseinbrüchen führen.
 Da das Immunsystem im Falle einer Erkrankung ebenfalls einen höheren Nährstoffbedarf hat, kann eine reduzierte Nährstoffversorgung –  speziell im Winter – auch zu einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit bei Kälbern führen, wie die Tabelle zeigt. In der  Studie aus dem Jahr 2005   stieg die Krankheitshäufigkeit bei niedrigem Ernährungsniveau im Winter verglichen mit dem Sommer von 12,7 auf 52,4 Prozent an. Wurden die Kälber  mit mehr Nährstoffen versorgt, so veränderte sich die Krankheitsanfälligkeit nur von 4,4  auf 20,4 Prozent. Diese Ergebnisse zeigen sehr eindrücklich, dass unterversorgte Kälber im Sommer und im Winter häufiger krank sind als intensiv ernährte Tiere.
Werden Kälber unterversorgt, so kann dies auch negative Auswirkungen für das gesamte Leben und die spätere Leistungsfähigkeit haben. Im Rahmen einer Studie aus dem Jahr  2012 wurden Tiere  von der Geburt bis zur Kalbung sowie über die erste Laktation beobachtet. Alle Kälber wurden von Januar bis Dezember täglich mit der gleichen Nährstoffmenge versorgt. Für die Auswertung wurden die Kälber nach der Umgebungstemperatur bei ihrer Geburt gruppiert und dieser Effekt auf die Milchleistung in der ersten Laktation untersucht. Das Ergebnis zeigte, dass Kälber, die bei niedrigeren (0,2 °C) im Vergleich zu höheren (16,3 °C) Umgebungstemperaturen geboren wurden, 530 kg weniger Milch in der ersten Laktation produzierten.
Fazit
Die Energieversorgung von Kälbern hat einen großen Einfluss auf das Wachstum und auf die Krankheitsanfälligkeit. Da Kälber zügig und sehr gesund aufwachsen sollen, spielt die Nährstoffversorgung hier eine sehr wichtige Rolle. Vor allem bei niedrigen Umgebungstemperaturen in den Wintermonaten nutzen die Tiere mehr Nährstoffe für die Wärmeproduktion, welche dann nicht mehr für das Wachstum bzw. das Immunsystem zur Verfügung stehen. Darüber hinaus können niedrige Umgebungstemperaturen bei gleichzeitiger Nährstoffunterversorgung der Kälber negative Auswirkungen auf die spätere Milchleistung der Tiere haben.
Für die Praxis bedeutet dies, dass die Energieversorgung ab 0 °C um etwa 30 Prozent angehoben werden sollte. Wer üblicherweise täglich 1000 g MAT   je Kalb füttert,  sollte die Energieversorgung in den kühlen Herbst- und Wintermonaten um mindestens 30 Prozent auf 1300 g MAT je Kalb und Tag anheben.