Politik | 11. Februar 2021

Insektenschutzpaket passiert Kabinett

Von AgE/enz
Die Bundesregierung hat das Insektenschutzpaket auf den Weg gebracht. Das Kabinett beschloss am Mittwoch den Entwurf für ein Insektenschutzgesetz sowie den Änderungsentwurf zur Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung.
Bundslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (links) und Bundesumweltministerin Svenja Schulze präsentieren den Kabinettsbeschluss zum Insektenschutzpaket.
Mit dem Insektenschutzpaket soll  insbesondere der Einsatz von Herbiziden und Insektiziden in bestimmten Gebieten und an Gewässern eingeschränkt werden. Festgeschrieben wird der Ausstieg glyphosat-haltiger Pflanzenschutzmittel Ende 2023.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Bundesumweltministerin Svenja Schulze zeigten sich zufrieden mit dem Kompromiss. Beide verwiesen darauf, dass die zwischen ihren Ressorts erreichte Verständigung den Belangen des Insektenschutzes und der Landwirtschaft gleichermaßen Rechnung trage.
Unterschiedliche Wertungen
Der Deutsche Bauernverband (DBV) steht der Neuregelung trotz der Verbesserungen weiter ablehnend gegenüber und fordert substanzielle Änderungen. Der Industrieverband Agrar (IVA) nahm insbesondere das geplante Glyphosat-Verbot aufs Korn. Ein solches nationales Verbot wäre eine Missachtung des EU-Pflanzenschutzrechts, so der IVA. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) wertet das Paket indes als ersten Schritt in die richtige Richtung.
Die Verhandlungen zwischen den Ressorts standen lange auf des Messers Schneide. Erst ein Machtwort der Bundeskanzlerin hatte den Weg frei gemacht für die  Kabinettsbefassung am Mittwoch.
Ausnahmen für Sonderkulturen erreicht
In den Verhandlungen hatte das Bundeslandwirtschaftsministerium noch deutliche Korrekturen im Verordnungsentwurf erreicht. So soll der Anbau von Sonderkulturen ebenso wie der Anbau zur Pflanz- und Saatgutvermehrung vom  Anwendungsverbot für Herbizide und Insektizide in Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)Gebieten außerhalb  nationaler Schutzgebiete ausgenommen werden. Dort soll kooperativen Insektenschutzkonzepten zunächst generell Vorrang gegenüber dem Ordnungsrecht eingeräumt werden. Im Jahr 2024 soll dann überprüft werden, ob auf den Ackerflächen der Pflanzenschutzmitteleinsatz zurückgegangen ist. Betroffen sind Schätzungen zufolge bundesweit rund 110.000 Hektar Ackerland.
Auf FFH-Grünland bleibt Verbot
Auf Grünland in FFH-Gebieten soll der Herbizid- und Insektizideinsatz hingegen sofort verboten werden. Weiterhin vorgesehen ist ein gesetzlicher Biotopschutz für artenreiches Grünland und Streuobstwiesen. Bei artenreichem Grünland sind „Magere Flachlandmähwiesen” und „Berg-Mähwiesen” einbezogen.
Regelungen am Gewässerrand
An Gewässern erster und zweiter Ordnung werden Randstreifen von mindestens fünf Metern (bei dauerhafter Begrünung) oder zehn Metern (ohne Begrünung) vorgeschrieben. Eine wichtige Neuerung beim Gewässerrandstreifen  ist zudem, dass es eine Länderöffnungsklausel gibt:  Bundesländer können mit eigenen Regelungen von den Abständen abweichen.
„Insektenschutz und Erntesicherung geht zusammen”, stellte Klöckner in der Bundespressekonferenz fest. Wichtig sei insbesondere, dass kooperative Ansätze erhalten blieben. Es werde sichergestellt, dass von den Ländern entwickelte Wege nicht unterlaufen würden.
Protokollerklärung für kooperative Lösungen
In einer Protokollerklärung zum Kabinettsbeschluss unterstreicht Klöckner den Vorzug von kooperativen Lösungen vor Ort gegenüber dem Ordnungsrecht. Im parlamentarischen Verfahren müssten unter anderem eine gesetzliche Absicherung von solchen Ansätzen sowie die Sicherstellung eines finanziellen Ausgleichs für Land- und Forstwirte bei ordnungsrechtlichen Maßnahmen geprüft werden. 
Bauernproteste auf Mittwoch hin noch einmal verdichtet
Je näher der Mittwoch dieser Woche rückte, der Tag, an dem das Bundeskabinett über das Insektenschutzpaket  befand, mobilisierten Bäuerinnen und Bauern noch einmal Kräfte für Protestaktionen: gemeinsam mit ihren Standesorganisationen in Südbaden, im Land und in ganz Deutschland.  Auch der BLHV gehört  hier seit Wochen und Monaten zu den Aktivposten, mit Politikergesprächen, Briefen an Abgeordnete und öffentlichkeitswirksamen Aktionen, ob lange geplant oder spontan organisiert. Manche scheuten zu Beginn dieser Woche auch nicht großen Aufwand, wie die Bilder zeigen. Ein Beleg dafür, wie existenziell wichtig das Thema für die Bäuerinnen und Bauern im Land ist.
Indes bleibt trotz neuer Version des Regierungsentwurfs der Deutsche Bauernverband (DBV) bei seiner Kritik am Insektenschutzpaket. Der  Entwurf sei nach wie vor völlig unzureichend, teilte er  gegenüber der Presse mit. Auch in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gibt es weiter Kritik am Insektenschutzpaket der Bundesregierung. In Baden-Württemberg hat sich zuletzt Landwirtschaftsminister Peter Hauk ablehnend gegenüber dem Insektenschutzpaket geäußert, „auch wenn es auf unseren Druck hin kurzfristig nachgebessert wurde”, wird er in der Badischen Zeitung vom Mittwoch dieser Woche zitiert. Landwirte wie Landesregierung bauen auf den kooperativen Weg in Baden-Württemberg, beschritten mit dem Biodiversitätsstärkungsgesetz. Sie sehen diesen durch Bundesgesetze bedroht und konterkariert zugleich.