In Osteuropa ist der grüne Druck geringer
Von AgE
Nach Einschätzung der Präsidentin des EU-Ausschusses der Bauernverbände (COPA), Christiane Lambert, war die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) noch nie so grün wie die 2023 in Kraft tretende Reform. Sie sieht aber auch erhebliche Risiken von Wettwerbsverzerrungen.
COPA-Präsidentin Christiane Lambert beunruhigen die EU-weit unterschiedlichen gesellschaftlichen Erwartungen.
„Wir haben die neue Grüne Architektur mit dem Instrument der Ökoregelungen und wir haben die Konditionalität für alle Direktzahlungen”, erklärt die Französin im Interview mit dem Fachpresssedienst Agra-Europe. Das seien mit Sicherheit „große Veränderungen” gegenüber dem bisherigen Fördersystem. Dem geschäftsführenden Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, wirft Lambert vor, er habe versucht, „auf Kosten der Landwirte” deutlich mehr zu ändern.
„Potenzielles Risiko”
Positiv wertet die Präsidentin des französischen
Bauernverbandes (FNSEA), dass der Vorschlag des ehemaligen
Agrarkommissars Phil Hogan durch die Green-Deal-Ziele der neuen
Kommission nicht zu sehr verkompliziert wurde. Einen Erfolg sieht die
Bauernpräsidentin auch darin, dass der EU-Agrarhaushalt nahezu stabil
gehalten werden konnte. Wettbewerbsverzerrungen zwischen den
EU-Mitgliedstaaten aufgrund einer unterschiedlichen Ausgestaltung der
nationalen GAP-Strategiepläne schließt die COPA-Präsidentin nicht aus:
Das sei in der Tat ein „potenzielles Risiko, das sorgfältig geprüft
werden sollte”. Zugleich erkennt Lambert aber die Notwendigkeit
ausreichender Spielräume bei den Strategieplänen, da es große
Unterschiede in der Geografie, im lokalen Klima, aber auch in den
sozialen Strukturen gebe.
Deutlich mehr beunruhigen die Französin die EU-weit unterschiedlichen
gesellschaftlichen Erwartungen. So gebe es in den westlichen und
nördlichen Mitgliedstaaten zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, die
deutlich mehr Druck auf die Agrarpolitik ausübten als etwa in den
östlichen Ländern. Zu den Problemen mit der Rechtsstaatlichkeit in
einzelnen EU-Staaten stellt die COPA-Präsidentin fest, dass Fälle wie
der Interessenkonflikt des abgewählten tschechischen Ministerpräsidenten
Andrej Babiš für das Ansehen der GAP „sehr abträglich” seien. Man dürfe
allerdings auch nicht vergessen, welch wesentlichen Beitrag die
Gemeinsame Agrarpolitik für das Überleben von Millionen von Landwirten
leiste.
Frankreich steht vor Wahlen
Die französische Ratspräsidentschaft dürfte laut der
FNSEA-Präsidentin durch die Präsidentschaftswahlen im April und die
Parlamentswahl im Juni in ihrer effektiven politischen Arbeit in Brüssel
beeinträchtigt werden: „Es ist zu erwarten, dass sich mein Land vor
allem in den ersten drei Monaten des neuen Jahres auf Themen der
EU-Präsidentschaft konzentrieren wird.” Dabei geht Lambert davon aus,
dass der Handel mit Drittstaaten zu den Prioritäten gehören wird.
Agrarminister Julien Denor-mandie wolle sich dafür einsetzen, dass die
importierten Agrarprodukte unter den gleichen Standards wie in der EU
erzeugt werden müssten. Hierfür solle es nach dem Willen von Paris auch
einen „Carbon Border Adjustment Mechanism” (CBAM) für Agrarprodukte
geben. Ein solcher Grenzausgleich ist aus Sicht der Bauernpräsidentin
auch eine Frage des ökologischen Fortschritts in der ganzen Welt und
nicht nur in Europa.