In Gruppen halten, aber richtig
Der Vorteil des Aktivstalls sei, dass viele Vorgänge mechanisiert werden können. Der Mist wird mit dem Hoflader abgeschoben, die Raufen sind mit Großballen zu beschicken. Das Rein- und Rausbringen der Pferde entfällt. Die Arbeitskosten werden also geringer – laut KTBL beträgt der Arbeitsbedarf nur noch circa ein Drittel dessen in Boxenhaltung. Gleichzeitig betonte Hinrichs, dass der Aufwand für das Herdenmanagement steigt. „Ich muss meinen Stall im Griff haben”, sagte er. Andernfalls drohe eine Abwärtsspirale aus missglückten Eingewöhnungen, unzufriedenen Einstellern und leeren Stallplätzen.
Für Heiner Eppinger hat sich die Investition gelohnt. Die Pferde sind gesünder und ausgeglichener, was vor allem für die Schulpferde von Vorteil ist. In den acht Jahren gab es nur einmal eine größere Verletzung bei einem Pferd, insgesamt sind die Verletzungen eher weniger geworden als in Boxenhaltung. Eppingers Arbeitsbelastung hat sich ebenfalls reduziert. Er kontrolliert täglich die Pferde, die Computer und den Füllstand von Rau- und Kraftfutter, schiebt die Lauffläche mit dem Hoflader ab und äppelt den Sandplatz ab. Zwei- bis dreimal pro Woche muss er Heuständer auffüllen und einstreuen. Und etwa einmal im Monat wird der Futterzustand jedes Pferdes überprüft und die Ration bei Bedarf angepasst. Aktivställe sind gefragtZusätzlichen Aufwand verursachen die Integrationen von Neupferden, die auf Gestüt Lerchenhof mit Eingewöhnungsbox schonend und langsam ablaufen. Auch an die Fütterungstechnik müssen die Pferde gewöhnt werden. Eine Eingewöhnung dauert je nach Pferd zwischen einer Woche und vier Monaten – drei Eingewöhnungen im Jahr sind gut zu schaffen, so Eppinger.
„Die Integration geht immer wieder in die Bauchregion”, betonte Hinrichs. „Nur ein striktes Eingewöhnungsmanagement sorgt dafür, dass man wirtschaftlich arbeiten kann.” Dazu gehöre auch, Pferde abzulehnen, wenn sie sich nicht harmonisch in der Gruppe einfinden.
Hinrichs zufolge sind Aktivställe sehr gefragt. Die Medien seien heute voll von artgerechter Gruppenhaltung, auch Pferdeforen und die Sozialen Medien. „Vor zehn bis 14 Jahren gab es das noch nicht.” Befeuert durch die modernen Möglichkeiten der Kommunikation, sei das Bewusstsein der Leute für artgerechte Haltung groß geworden. Auch stünden viele Betriebsleiter unter Beschuss, weil die Veterinärämter mittlerweile die „Leitlinien für die Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten” als Maßstab nehmen. Auch die Wissenschaft beschäftige sich ausführlich mit dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen von Pferden.
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU). „Ich bin eine starke Verfechterin der Gruppenhaltung”, bekannte sie. Egal, wo Pferde auf der Welt verwildern, sie fänden sich sofort in sozialen Gruppen zusammen. „Und diese Gruppen funktionieren relativ reibungslos.” Wie eine Studie der HfWU aus dem Jahr 2013 zeigt, tauschen Boxenpferde, wenn sie gemeinsam auf die Weide gelassen werden, in kurzer Zeit mehr Verhaltensweisen untereinander aus als Offenstallpferde. „Das bedeutet, dass Pferde ein starkes Bedürfnis haben, ihre Verhaltensweisen auszuleben”, erklärte Krüger. Wie die Beobachtung von Wildpferden zeigt, leben Pferde in großen Herden mit über 200 Tieren, die in Harems und Junggesellengruppen unterteilt sind. In der Praxis bilden sich ab einem Pferdebestand von 20 bis 30 Pferden Untergrüppchen, vorher agiert die Gruppe als Ganzes. Sowohl in der Herde als auch in den Untergruppen herrsche eine lineare Hierarchie, so Krüger. Dabei haben die Alpha-Tiere eine wichtige Funktion. „Beobachten Sie die Gruppe gut”, empfahl Krüger. „Und überlegen Sie sich gut, ob Sie das Alphatier herausnehmen wollen!”