Die Abstimmung über eine erneute Zulassung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat hat erneut zu keiner Entscheidung geführt. Der zur Abstimmung stehende Vorschlag der Europäischen Kommission sah eine Verlängerung der Zulassung um fünf Jahre vor.
Das politische Gezerre um Glyphosat geht weiter.
Im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (SCoPAFF) fand sich am 9. November wieder keine qualifizierte Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten für oder gegen eine Wiederzulassung des Herbizidwirkstoffs. Teilnehmerkreisen zufolge sprachen sich 14 EU-Staaten für eine Zulassung des Wirkstoffs aus, darunter das Vereinigte Königreich, die Niederlande und Ungarn. Dagegen stimmten neun Mitgliedsländer; zu ihnen gehörten Frankreich, Italien und Österreich. Enthalten haben sich fünf Staaten, darunter Deutschland und Polen. Die Länder, die eine weitere Zulassung von Glyphosat befürworteten, repräsentieren etwa 37 Prozent der gesamten EU-Bevölkerung. Die Staaten, die gegen die Zulassung stimmten, brachten es hier auf einen Anteil von 32,3 Prozent, während die sich enthaltenden Länder 30,8 Prozent der Bevölkerung der Gemeinschaft auf sich vereinigen.
Die EU-Kommission will nach Auskunft einer Sprecherin nun Ende November den Vermittlungsausschuss des SCoPAFF um eine Entscheidung anrufen. Angepeilt ist ein Treffen am 27. oder 28. November. Die geltende Zulassung läuft am 15. Dezember 2017 aus.
Schmidt bringt drei Jahre ins Spiel
Unterdessen hat Bundeslandwirtschaftsminister
Christian Schmidt eine Zustimmung Deutschlands für eine erneute
Zulassung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat von einer
kürzeren Zulassungsdauer, und zwar von drei Jahren, abhängig gemacht.
In einem Schreiben an den zuständigen EU-Gesundheitskommissar Vytenis
Andriukaitis forderte der CSU-Politiker zudem die Untersagung
glyphosathaltiger Herbizide für den privaten Gebrauch sowie eine
Ergänzung des Kommissionsvorschlags um die bereits 2016 vorgelegte
„Biodiversitätsklausel”. Schmidt schrieb in seinem vor der Abstimmung
verschickten Brief, dass der jetzt angepeilte Zeitraum von drei Jahren
genutzt werden solle, um die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu
bitten, den Widerspruch in den Bewertungen des Wirkstoffs zwischen der
Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) sowie dem gemeinsamen
Ausschuss für Rückstände von Pflanzenschutzmitteln der WHO und der
Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO)
aufzulösen. Die IARC hatte Glyphosat entgegen der Mehrheit anderer
wissenschaftlicher Meinungen als „wahrscheinlich krebserregend”
eingestuft.
Hendricks sieht „Foul”
Derweil erklärte
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, dass das Angebot von Schmidt
weder mit dem Bundeskanzleramt noch mit ihrem in dieser Frage
involvierten Ressort abgestimmt sei. Die Ministerin bezeichnete das
Angebot als „Foulspiel”. „Ich bleibe bei meinem Nein zu Glyphosat”,
stellte die SPD-Politikerin klar. Die Kommission habe bis heute
keinerlei Vorkehrungen gegen die „katastrophalen Auswirkungen” auf die
Artenvielfalt vorgesehen.
„Aggressive Angstkampagnen”
Der Deutsche Bauernverband (DBV) sparte nicht mit
Kritik. Angesichts der andauernden Verschiebung einer Entscheidung über
die Zulassung von Glyphosat sieht der DBV eine „politische Demontage”
des europäischen Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel. Ein
wissenschaftlich ausgerichtetes Bewertungs- und Zulassungsverfahren
werde durch politisches Taktieren der Mitgliedstaaten gelähmt und durch
„aggressive Angstkampagnen” verleumdet, beklagte der Bauernverband.
Verärgert zeigte sich der Verband auch über das deutsche
Abstimmungsverhalten. Als berichterstattender EU-Mitgliedstaat sei
Deutschland für die positive wissenschaftliche Risikobewertung von
Glyphosat durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) maßgeblich
mitverantwortlich.