Politik | 16. November 2017

Immer noch keine Entscheidung zu Glyphosat

Von AgE
Die Abstimmung über eine erneute Zulassung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat hat erneut zu keiner Entscheidung geführt. Der zur Abstimmung stehende Vorschlag der Europäischen Kommission sah eine Verlängerung der Zulassung um fünf Jahre vor.
Das politische Gezerre um Glyphosat geht weiter.
Im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (SCoPAFF) fand sich am 9. November wieder keine qualifizierte Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten für oder gegen eine Wiederzulassung des Herbizidwirkstoffs. Teilnehmerkreisen zufolge sprachen sich 14 EU-Staaten für eine Zulassung des Wirkstoffs aus, darunter das Vereinigte Königreich, die Niederlande und Ungarn. Dagegen stimmten neun Mitgliedsländer; zu ihnen gehörten Frankreich, Italien und Österreich. Enthalten haben sich fünf Staaten, darunter Deutschland und Polen. Die Länder, die eine weitere Zulassung von Glyphosat befürworteten, repräsentieren etwa 37 Prozent der gesamten EU-Bevölkerung. Die Staaten, die gegen die Zulassung stimmten, brachten es hier auf einen Anteil von 32,3 Prozent, während die sich enthaltenden Länder 30,8 Prozent der Bevölkerung der Gemeinschaft auf sich vereinigen.
Die EU-Kommission will nach Auskunft einer Sprecherin nun  Ende November den Vermittlungsausschuss des SCoPAFF um eine Entscheidung anrufen. Angepeilt ist ein Treffen am 27. oder 28. November. Die geltende Zulassung läuft am 15. Dezember 2017 aus.
Schmidt bringt drei Jahre ins Spiel
Unterdessen hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt eine Zustimmung Deutschlands für eine erneute Zulassung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat von einer kürzeren Zulassungsdauer, und zwar von drei Jahren, abhängig gemacht.
In einem Schreiben an den zuständigen EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis forderte der CSU-Politiker zudem die Untersagung glyphosathaltiger Herbizide für den privaten Gebrauch sowie eine Ergänzung des Kommissionsvorschlags um die bereits 2016 vorgelegte „Biodiversitätsklausel”. Schmidt schrieb in seinem vor der Abstimmung verschickten Brief, dass der jetzt angepeilte Zeitraum von drei Jahren genutzt werden solle, um die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu bitten, den Widerspruch in den Bewertungen des Wirkstoffs zwischen der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) sowie dem gemeinsamen Ausschuss für Rückstände von Pflanzenschutzmitteln der WHO und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) aufzulösen. Die IARC hatte Glyphosat entgegen der Mehrheit anderer wissenschaftlicher Meinungen als „wahrscheinlich krebserregend” eingestuft.
Hendricks sieht „Foul”
Derweil erklärte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, dass das Angebot von Schmidt weder mit dem Bundeskanzleramt noch mit ihrem in dieser Frage involvierten Ressort abgestimmt sei. Die Ministerin bezeichnete das Angebot als „Foulspiel”. „Ich bleibe bei meinem Nein zu Glyphosat”, stellte die SPD-Politikerin klar. Die Kommission habe bis heute keinerlei Vorkehrungen gegen die „katastrophalen Auswirkungen” auf die Artenvielfalt vorgesehen.
„Aggressive Angstkampagnen”
Der Deutsche Bauernverband (DBV) sparte nicht mit Kritik. Angesichts der andauernden Verschiebung einer Entscheidung über die Zulassung von Glyphosat sieht der DBV eine „politische Demontage” des europäischen Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel. Ein wissenschaftlich ausgerichtetes Bewertungs- und Zulassungsverfahren werde durch politisches Taktieren der Mitgliedstaaten gelähmt und durch „aggressive Angstkampagnen” verleumdet, beklagte der Bauernverband. Verärgert zeigte sich der Verband auch über das deutsche Abstimmungsverhalten. Als berichterstattender EU-Mitgliedstaat sei Deutschland für die positive wissenschaftliche Risikobewertung von Glyphosat durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) maßgeblich mitverantwortlich.