Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat ihre Bereitschaft zu Tarifgesprächen mit der Arbeitgeberseite bekräftigt. Ziel sei es, die Bereiche Landwirtschaft und Gartenbau gemeinsam zu verhandeln und in einem Tarifvertrag zu regeln.
Grundlage des angestrebten Tarifvertrages bildet der Gewerkschaft zufolge die Bundesempfehlung, auf die sich beide Seiten im Januar 2013 verständigt haben.
„Wir wollen einen bundesweit einheitlichen Tarifvertrag”, sagte der stellvertretende IG BAU-Bundesvorsitzende Harald Schaum dem Presse- und Informationsdienst Agra-Europe und verwies auf einen ersten Vertragsentwurf, den man den Arbeitgebern übermittelt habe. Schaum geht davon aus, dass die Verhandlungen mit dem Gesamtverband der Deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) und den Vertretern der Gartenbau-Arbeitgeber im Zeitraum Ende Juni bis Anfang Juli geführt werden. Eine zügige Einigung sei notwendig, um die Voraussetzungen für die Aufnahme der Branche in das Entsendegesetz zum 1. Januar 2015 zu erfüllen.
Grundlage ist Empfehlung von 2013
Grundlage des angestrebten Tarifvertrages bildet dem
Gewerkschafter zufolge die Bundesempfehlung, auf die sich beide Seiten
im Januar 2013 verständigt haben und die in die regionalen Tarifverträge
eingegangen ist. „Ich gehe davon aus, dass wir uns rasch einig werden”,
sagte Schaum. Klar sei, dass es in der untersten Lohngruppe bei den
vereinbarten Stufen bis zum Stundenlohn von 8,50 Euro Anpassungen geben
müsse, um den gesetzlichen Mindestlohn zum 1. Januar 2017 zu erreichen.
Ein bundesweiter Tarifvertrag ist die Voraussetzung für die Aufnahme
einer Branche ins Arbeitnehmerentsendegesetz. Dies wiederum ist
erforderlich, um von einer Ausnahmeregelung im sogenannten
Tarifautonomiestärkungsgesetz Gebrauch zu machen, nach der der
gesetzliche Mindestlohn erst zum 1. Januar 2017 in einer Branche gilt
und nicht bereits mit Beginn des kommenden Jahres.
Jenseits von Gut und Böse
Mit Nachdruck trat Schaum der anhaltenden Kritik am
Mindestlohn entgegen. Er könne die Vertreter der berufsständischen
Organisationen nur davor warnen, im Zusammenhang mit dem Mindestlohn
weiter Horrorszenarien zu entwickeln. Schaum: „Wer den Leuten weismachen
will, dass bei einem Stundenlohn von 8,50 Euro der Spargel um zwei Euro
pro Kilo teurer wird, bewegt sich jenseits von Gut und Böse.” Sollte
der Mindestlohn Auswirkungen auf Produktpreise haben, wird es dem
Gewerkschafter zufolge dabei um Cent-Beträge gehen. Zudem weist Schaum
Befürchtungen zurück, dass ein Mindestlohn den Strukturwandel in der
Landwirtschaft zusätzlich befeuern werde. Der Strukturwandel zu größeren
und spezialisierten Betrieben laufe seit Jahrzehnten. Daran werde sich
auch in Zukunft nichts ändern.
In diesem Zusammenhang machte der IG BAU-Spitzenmann erneut darauf
aufmerksam, dass Lohnarbeitskräfte in der Landwirtschaft an Bedeutung
gewännen und der klassische Familienbetrieb mit ausschließlich
familieneigenen Arbeitskräften auf dem Rückzug sei.
Debatte um die Landwirtschaft
Dem müsse in der Tarifpolitik ebenso wie in der
Agrarpolitik künftig stärker Rechnung getragen werden. Viele Arbeitgeber
hätten mittlerweile erkannt, „dass gute Arbeitskräfte eine gute
Entlohnung brauchen”. Für die spiele der Mindestlohn überhaupt keine
Rolle, weil sie längst darüber hinausgegangen seien. Nicht zuletzt der
Deutsche Bauernverband muss nach den Worten Schaums Farbe bekennen,
welche Landwirtschaft man haben wolle.
PR-Kampagnen reichten dabei nicht aus. Eine Landwirtschaft, die auf
Billigproduktion setze und nur Billiglöhne zahle, werde sehr schnell
gesellschaftlich ins Abseits manövriert. Diese Fragen will der
Verhandlungsführer auf Gewerkschaftsseite auch in den anstehenden
Tarifverhandlungen ansprechen.
Im Übrigen sei man gern bereit, diese Debatte mit dem Bauernverband zu
führen. Dabei gehe es auch darum, gemeinsam etwas für die Qualifizierung
von Arbeitnehmern zu tun. Schaum erwartet, dass sich auch
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt in die Debatte um die
künftige Ausrichtung der Landwirtschaft einschaltet „und notwendige
Impulse gibt”.