Politik | 17. Juli 2019

Hogan und Klöckner wollen starke Ökoregeln

Von AgE
EU-Agrarkommissar Phil Hogan hat die Landwirtschaftsminister erneut dazu aufgefordert, bei der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) den Umwelt- und Klimaschutz stärker zu berücksichtigen. Anderenfalls seien noch stärkere Kürzungen am EU-Agrarbudget zu befürchten.
In Brüssel (im Bild links Rat, rechts Kommission) ging es am Montag im EU-Agrarministerrat vorrangig um die künftige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und ihre stärkere Ausrichtung auf Klima- und Umweltziele. Intensives Diskussionsthema war zudem das Mercosur-Abkommen.
Ohnehin seien schon  fünf  Prozent Kürzungen geplant, sagte der Ire beim Agrarratstreffen am Montag  in Brüssel. Wichtig sei, den Staats- und Regierungschefs der EU bei ihren Beratungen für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) zwischen 2020 und 2027  hinreichende Rechtfertigungsgründe für einen „starken” Agrarhaushalt an die Hand zu geben. Es reiche nicht festzustellen, wie wichtig die Themen Umwelt und Klima seien; es müssten  konkrete, verbindliche Maßnahmen beschlossen und  umgesetzt werden.
„Verwässerung” abgelehnt
Hogan nannte  „solide gemeinsame Elemente” für die Konditionalität. Einer möglichen Verwässerung der Standards für einen „Guten Landwirtschaftlichen und Ökologischen Zustand” (GLÖZ) lehnte der Agrarkommissar strikt ab. Das von ihm vorgeschlagene neue Element der Ökoregelungen müsse in jedem Mitgliedstaat verbindlich gelten, unterstrich Hogan.
Auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sprach sich zum wiederholten Mal für eine Stärkung der geplanten Ökoregelungen im Rahmen der GAP nach 2020 aus. Konkret plädierte die CDU-Politikerin dafür, den Landwirten zukünftig „ein Top-Up für zusätzliche Umweltleistungen” zu zahlen. Überdies sollten nach ihrer Ansicht die Eco-Schemes in der Ersten Säule für alle Mitgliedstaaten verpflichtend eingeführt und mit einem Mindestbudget ausgestattet werden. Die betreffenden Zahlungen müssten von einer eventuellen Kappung und Degression ausgenommen werden, forderte Klöckner.
Zugleich will sich Berlin für höhere Anforderungen bei der  Konditionalität einsetzen. Ein Schlüsselelement der Konditionalität sieht die Ministerin in den nicht-produktiven Flächen wie beispielsweise Brachflächen, Kleingewässer oder Hecken. Klöckner will, dass EU-weit ein für alle verbindlicher Mindestanteil dieser Flächen festlegt wird. Auch Landschaftselemente, die nicht der Konditionalität unterliegen, sollten ihr zufolge Teil der förderfähigen Flächen sein. Ausnahmeregelungen für Kleinerzeuger lehnt die Bundeslandwirtschaftsministerin weiterhin ab: Der Umwelt- und Klimaschutz sei eine Aufgabe für alle landwirtschaftlichen Betriebe.
Des Weiteren forderte die deutsche Ressortchefin, dass bestehende Regelungen, die kontraproduktiv für den Natur-, Umwelt- und Klimaschutz seien, abgebaut werden. Ein gutes Beispiel dafür sei das Grünland. Hier müsse künftig vermieden werden, dass die Landwirte Grünland vor dem Ablauf der Fünfjahresfrist umbrechen und dann verstärkt CO2 freisetzen würden, nur um so den Status Dauergrünland zu vermeiden, so die Ministerin.
Für eine strikte Linie in Sachen Umwelt- und Klimaschutz plädierte auch der spanische Landwirtschaftsminister Luis Planas Puchades. Unterstützt wurde ein strenger Kurs auch von Portugal und Schweden. Kritischer äußerten sich in diesem Punkt unter anderem Italien, Polen, Ungarn und Malta. Italiens Landwirtschaftsminister Gian Marco Centinaio plädierte dafür, die Ökoregelungen nur freiwillig anzubieten. Mögliche Anforderungen im Rahmen der Konditionalität, wie beispielsweise eine verpflichtende Fruchtfolge, verwarf der Lega-Politiker als „zu kompliziert”.
Folgenabschätzung zu Mercosur kommt
In der Defensive sah sich Hogan bezüglich der jüngst getroffenen Übereinkunft zwischen der EU-Kommission und den Mercosur-Staaten über ein Freihandelsabkommen. Er verteidigte das Abkommen gegen „Fake News” und bekräftigte, dass sämtliche von den Mercosur-Staaten – Brasilien, Argentinien sowie Uruguay und Paraguay – gelieferten Lebensmittel dieselben Standards wie die in der EU erzeugten Produkte erfüllen müssten.
Auf Anfrage, ob dies auch mit Blick auf die Produktionsstandards innerhalb der Landwirtschaft gelte, reagierte der Brüsseler Agrarchef eher ausweichend. Sicher sei, dass in Europa die Standards nicht gesenkt würden. Jedoch dürften nur einige Regionen des Mercosur bestimmte Produkte liefern, erklärte Hogan. Auch würden ausschließlich von der EU speziell lizensierte Schlachthäuser Fleisch nach Europa exportieren dürfen.
Der Ire kündigte für das kommende Jahr einen Bericht über die Auswirkungen der Vereinbarung auf die Landwirtschaft in der EU an.  Zuvor hatten mehrere Delegationen genauere Informationen mit Blick auf die Märkte sensibler Agrarprodukte eingefordert.
Frankreichs Agrarminister Didier Guillaume berichtete, dass sein Land ein nationales Komitee einrichten werde, das die Auswirkungen des Abkommens auf den Rindfleisch-, Geflügelfleisch- und Zuckersektor in seinem Land abschätzen solle. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt werde die Frage sein, inwieweit der südamerikanische Staatenbund das Pariser Klimaschutzabkommen einhalten werde.
Klöckner lobt Mercosur
Scharfe Kritik an der Übereinkunft vor allem wegen der Zugeständnisse für Fleisch kam aus Polen und Belgien sowie Italien. Klöckner betonte hingegen, dass Deutschland das Abkommen begrüße, und verwies auf die erzielten Einigungen zum Klimaschutz und die Schutzklauseln zur Einfuhr sensibler Produkte.
Uneinigkeit herrschte beim Thema Notfallzulassungen für Neonicotinoide. Während die Niederlande Berlin in seiner Kritik unterstützte, betonten die Delegationen aus Frankreich und Belgien, dass in bestimmten Ausnahmefällen der Einsatz der Wirkstoffe in der Saatgutbeizung erlaubt sein müsse. Auch Polen äußerte sich entsprechend. Derweil erklärte Hogan, dass sich die kommende Kommission dem Thema Notfallzulassungen widmen werde.
Unterstützung bei ihrer Ablehnung der freiwilligen gekoppelten Prämien erhielt Klöckner von ihren Kollegen aus den Niederlanden und Dänemark. Die Mehrheit der Delegationen zeigte sich jedoch weiterhin von der Notwendigkeit dieses Instruments überzeugt, darunter insbesondere Polen, Italien, Rumänien und Tschechien.