Tipps und Informationen zum Thema außerfamiliäre Hofübergabe gab es bei einem Podiumsgespräch vergangene Woche im Bildungshaus St. Ulrich.
Angebote und Gesuche auf der Wäscheleine: Das Podiumsgespräch war Teil eines Seminartags, zu dem das Bildungshaus St. Ulrich zusammen mit dem Bildungswerk des BLHV und der Katholischen Landvolkbewegung Betriebe ohne Hofnachfolger und am Einstieg Interessierte ohne eigenen Hof eingeladen hatte. Dabei konnten Teilnehmer auch schriftlich und einsehbar für alle Anwesenden ihre Hofgesuche bzw. Hofangebote präsentieren.
„Patentrezepte gibt es nicht, jede außerfamiliäre Hofübergabe ist eine höchst individuelle Lösung”, stellte BLHV-Justitiar Michael Nödl fest. Er informierte am Vormittag über die rechtlichen Aspekte. Zwei solche individuellen Lösungen wurden am Nachmittag vorgestellt: Manfred Nafziger aus Contwig bei Zweibrücken berichtete in der Runde von seiner Hofübergabe, die 2015 über die Bühne ging.
„Fünf bis sieben Jahre braucht man für diesen Prozess, bei dem man Schritt für Schritt vorgehen sollte”, sagte er. Der erste Schritt sei, sich darüber klar zu werden, was man wolle. Seine Frau Marianne und er hätten immer wieder mit ihren drei Kindern über das Thema gesprochen, was aus dem Hof und der Hofstelle werden sollte. Beispielsweise kristallisierte sich in ihrem Fall nach und nach heraus, dass der Bioland-Gemischtbetrieb mit Hofladen vielfältig bleiben sollte und der Hofladen noch eine gewisse Zeit lang von Marianne Nafziger weiterbetrieben werden sollte. Auch wollten die Nafzigers weiterhin auf der Hofstelle wohnen bleiben.
Schritt Zwei sollte nach Nafzigers Meinung eine schonungslose Ist-Analyse des Betriebes sein – oft würden in Richtung Hofübergabe hin Investitionen aufgeschoben. Im nächsten Schritt gehe es um die betriebswirtschaftlichen Perspektiven. „60.000 Euro als Familieneinkommen müssen es schon sein”, sagte er. Beratung sei dabei unverzichtbar. Überhaupt kamen in dem ganzen Übergabeprozess über 15.000 Euro an Beratungs- und Notarkosten zusammen. Aber das sei es auch wert gewesen.
Kommanditgesellschaft als eine Lösung
Dann erst wurden die Suche und die Auswahl der Bewerber gestartet. Von
den 25 Bewerbungen wurden einige Paare übers Wochenende eingeladen. Ein
Paar, das sie in die engere Auswahl genommen hatten, sprang ab. Mit
den späteren Übernehmern wurden dann innerhalb mehrerer Treffen
innerhalb eines halben Jahres die konkreten Dinge festgeklopft. Vor der
offiziellen Übernahme im Mai 2015 waren die beiden Übernehmer ein Jahr
im Betrieb angestellt.
„Wir waren schuldenfrei und auch bereit, noch
einmal zu investieren. Das Oberziel war, den Hof zu erhalten”,
berichtete Nafziger. Gegründet wurde dann eine Kommanditgesellschaft.
Nafziger ist nun als Kommanditist stiller Teilhaber mit 89 % der
Anteile. „Ich halte mich aus dem Betrieb heraus und gebe nur manchmal
Rat, wenn ich gefragt werde”, berichtete Nafziger. Der Vertrag läuft
über 30 Jahre, bei ihm gehen die Anteile dann an die Kinder über.
Von
Moderatorin Geli Pietschmann zu seiner Einstellung zum Thema
„Loslassen” befragt, sagte der Rheinland-Pfälzer: „Ich bin auf Erden zu Gast. Ich durfte lange Verantwortung tragen, jetzt bin ich froh, dass
ich sie abgeben konnte."
Drei Jahre gesucht
Das man wissen muss, was man will,
bestätigte auch Sophie Kraul aus Wildberg bei Calw, die das Thema aus
Sicht der Übernehmenden darstellte. Sie hat im Nordschwarzwald zusammen
mit ihrem Mann vor gut einem Jahr einen Hof mit Ackerbau, Legehennen und
Pensionsrindern pachtweise übernommen. In diesem Fall wussten die
Übergeber für sich nicht genau, was sie wollten, so schilderte sie ihre
Erfahrungen und fügte hinzu: „Das ist für die Übernehmenden schwierig,
weil es dann sehr anspruchsvoll ist, geduldig zu bleiben.”
Ihre Suche hat knapp drei Jahre gedauert. 20 Betriebe
südlich des Mains – so die eigene Vorgabe zur Region – sah sich das Paar
insgesamt an, bei dreien davon war das Interesse so weit gediehen, dass
man überlegt habe, wie die Übernahme konkret aussehen könnte.
Bei
dem nun übernommenen Betrieb kam der Kontakt über einen Makler zustande.
Ein aussagekräftiges Exposé sei dabei hilfreich gewesen. Ausgewählt
wurden sie schließlich, weil sie schon Erfahrung mit Betriebsleitung
hatten und einen Vollerwerbsbetrieb suchten.
Am Ende geht es um Zahlen
Wie es in ihren beiden Fällen mit der Hofübergabe ablief,
schilderten Manfred Nafziger und Sophie Kraul.
Der Betrieb ist gepachtet
und der Besitzer will ihn auch nicht verkaufen, nach zwölf Jahren könne
wieder über die Pachthöhe gesprochen werden. Die jetzige Pachthöhe sei
tragbar, weil der Besitzer auch wollte, dass der Betrieb weiterläuft.
„Das
Soziale ist wichtig, aber am Ende geht es um Zahlen”, sagte Kraul.
Vergessen dürfe man auch nicht, dass man genügend Kapital für die
erste Phase brauche.
„Es muss auch landwirtschaftliche
Förderinstrumente geben, die nicht nur für die Vater-Sohn-GbR gedacht
sind”, forderte sie. Immerhin fördere das Arbeitsamt eine
Existenzgründung, wenn man aus einem Angestelltenverhältnis komme. Für
das Landwirtschaftsamt sei man erst Ansprechpartner, wenn man Flächen
gepachtet habe.
Ganz wertvoll ist aus ihrer Sicht für die
Übernehmer, wenn sie einen Kreis von Menschen um sich haben, die an das
Projekt und die Personen glauben. Das gelte für die Suchphase und für
die Startphase gleichermaßen.
Mit vielen Leuten sprechen
Auf das große Auseinanderklaffen von
Verkehrswerten und Ertragswerten wies Christian Leibrock hin. Der
Landwirtschaftliche Sachverständige aus Ottersweier hat Betriebe
gesehen, deren Verkehrswert das 20- bis 30-fache des Ertragswertes
beträgt. Bei außerfamiliären Hofübergaben sei der Verkehrswert der
relevante Wert.
Die Eigenkapitalverzinsung in der Landwirtschaft liege
bei so manchem Betrieb unter 0,25 %. Bisweilen helfen seiner Erfahrung
nach außerlandwirtschaftliche Bereiche wie beispielsweise eine vor 2012
gebaute Photovoltaikanlage. Er riet, die Betriebe auf die Perspektiven
hin anzuschauen: Was könnte beispielsweise aus dem Hof werden, wenn
Gebäude als Gewerbe umgenutzt werden können?
Leibrock ging auch auf die regionalen Unterschiede in Südbaden ein: „Im
Realteilungsgebiet ist es sehr schwierig, Flächen beieinander zu
halten”, stellte er fest. Geschlossene Hofgüter im Schwarzwald seien
einfacher zu bewerten.
Leibrocks Rat, gemünzt gleichermaßen auf
Übergebende wie Übernehmende: „Ich brauche eine Zielvorstellung darüber,
was man sich leisten kann.” Um diese Zielvorstellung zu entwickeln,
müsse man mit vielen Leuten sprechen. Und man könne dabei auch so
vorgehen, dass man sich nach und nach klar mache, was man nicht wolle.
Mit den eigenen Kindern im Gespräch bleiben
Der Acherner BLHV-Bezirksgeschäftsführer
Stefan Schrempp macht jährlich rund 100 Hofübergabe-Beratungen. Fünf
bis acht davon seien außerfamiliär. Er erwartet, dass in seinem Bezirk
deren Zahl zunehmen wird. „Fünf Jahre Vorlauf muss man als Übergeber
einplanen, damit man sich nicht zu viel Zeitdruck macht”, so seine
Erfahrung.
Wichtig sei, mit den Kindern laufend im Gespräch über das
Thema zu bleiben. Gefährlich sei, wenn man mit potenziellen Übernehmern
schon weit in den Gesprächen gekommen sei und dann plötzlich die Kinder
ins Spiel kämen. Er lädt zum ersten Beratungstermin immer nur die
Übergeber ein. Es sei hilfreich, zunächst einmal alleine mit ihnen zu
klären, welche Vorstellungen sie beispielsweise zum Thema Wohnen und
Finanzen haben.
Bei der Beratung sei eine Reihe von rechtlichen, steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Aspekten zu beachten.
Zeitdruck sei da ganz schlecht. Steuerrechtlich sei beispielsweise ein
Problem, dass bei außerfamiliären Hofübergaben geringe Freibeträge
gelten. Wenn man genug Zeit habe, seien aber Gestaltungen möglich, durch
die relativ geringe Schenkungssteuern anfallen.
Zwei Welten kommen zusammen
Ebenfalls in der
Beratung von außerfamiliären Hofübergaben tätig ist Birgit Motteler vom
Beratungsdienst Familie und Betrieb. „Wir begleiten den Prozess”,
berichtete sie. Zu ihr kommen sowohl Übernehmer als auch Übergeber,
wobei die Zahl der Beratungen stark zugenommen habe. „Man muss wissen,
was man will, was man nicht will und in welchen Punkten man Kompromisse
machen kann”, erklärte sie. Eine außerfamiliäre Hofübergabe brauche
viel Zeit und einen langen Atem bei der Suche.
Man müsse sich bewusst machen, dass zwei Welten zusammenkommen.
Bei den Übernehmern gelte grob gesprochen: Mehr höhere
Bildungsabschlüsse, mehr Frauen und mehr Bio.
Schauen, ob die Chemie
stimmt, und dann im Prozess immer wieder Wertschätzung füreinander
aufbringen, so müsse man sich voranarbeiten. Ein Grundproblem sei, dass
gleichzeitig Übergeber loslassen und Übernehmer zupacken müssen. Das
führe manchmal zu Ungeduld.