Eine Hofübergabe außerhalb der Familie ist noch immer eine Ausnahme. In manchen Fällen ist es aber die einzige Möglichkeit, den Betrieb zu erhalten. Mit dem Thema "außerfamiliäre Hofübergabe" beschäftigte sich eine Veranstaltung im Bildungshaus Kloster St. Ulrich.
Gespräche zur Hofübergabe
Im Einstiegsreferat erläuterte Dieter Blaeß, Abteilungspräsident im Regierungspräsidium Freiburg, die Nachfolge-Situation in Baden-Württemberg. Zurzeit seien nur auf 20 Prozent der Höfe Nachfolger in der Ausbildung. Es sei wichtig, in den Betrieben den eigenen Kindern Perspektiven und positive Werte von Landwirtschaft und dem Leben als Landwirtsfamilie zu vermitteln. In manchen Fällen sei es aber nötig, auch neue Wege zu gehen. Das bedeute, Interessenten von außerhalb der Familie in die Hofnachfolge aufzunehmen. Ein Problem sei, dass junge Leute oft kein Kapital hätten. Hier gelte es, andere Finanzierungswege zu ermöglichen.
Zwei erlebte Beispielfälle
In einem Podiumsgespräch unter der Leitung von BLHV-Referent Matthias Werner und Angelika Pietschmann von der Katholischen Landvolkbewegung berichteten zunächst ein Übernehmer und ein Übergeber von ihren persönlichen Erfahrungen. Der Übernehmer, der vor Jahren einen Hof im Nebenerwerb außerfamiliär übernommen hat, erzählte von einer fast siebenjährigen Suche nach einem Hof. Von der Hofübernahme bis zur Genehmigung des Bauantrages gingen nochmals drei Jahre ins Land. Die Familie fühlt sich jetzt sehr wohl auf dem Hof, keines der Kinder wolle vom Hof weg. Für ihn und seine Familie war es keine Frage, den Altenteiler mit zu übernehmen, denn „wenn man daheim übernimmt, muss man die Senioren auch übernehmen”. Allerdings verbrachte der Senior auf eigenen Wunsch nur die letzten Lebenstage auf dem Hof. Seine Familie habe den Übergeber im Schnitt zweimal die Woche besucht. Potenziellen Übernehmern empfahl er, darauf zu achten, dass die Chemie zwischen Übergebern und Übernehmern stimmt. Zum Schluss sagte Herr W., rückblickend würde er heute einen Haupterwerbsbetrieb suchen, um nicht noch einem außerlandwirtschaftlichen Erwerb nachgehen zu müssen.
Zwei Fehlversuche
Der Übergeber hatte einen Milchviehbetrieb im Vollerwerb. Da niemand aus der Verwandtschaft den Hof übernehmen wollte, machte er sich selbst auf die Suche und fand so einen Hofnachfolger. Zweimal war er nicht erfolgreich. Dann aber zeigte der Sohn eines befreundeten Landwirts, der selbst nicht in den elterlichen Betrieb einsteigen konnte, Interesse an seinem Hof. Er kam immer wieder zum Mitarbeiten. Der Übergeber hat ihn nicht gedrängt, sondern ihm geraten, sich alles gut zu überlegen und noch ein Jahr mitzuarbeiten. 2008 wurde der Hof dann übergeben. Als Übergaberegelung haben sie eine Leibrente und die Pflege bis zu einem gewissen Grad vertraglich vereinbart. Auch wenn es dem Übergeber schwer fiel: Das Milchvieh mussten sie aus Arbeitsgründen abschaffen. Sie haben jetzt auf Rindermast umgestellt. Der Altenteiler ist noch eine wichtige Kraft im Betrieb und immer noch mit Freude dabei. Den Übergebern und Übernehmern empfiehlt er als Wichtigstes, viel miteinander zu reden, auch wenn es mal Konflikte gibt.
Jede zehnte Übergabe außerfamiliär
Bei Stefan Schrempp, BLHV-Bezirksgeschäftsführer in Achern, ist zwischenzeitlich jede zehnte Hofübergabe eine außerfamiliäre, Tendenz steigend. Bei der außerfamiliären Übergabe erlebt er eine besondere Freude auf beiden Seiten, das Bewusstsein von „Ich darf übernehmen” oder „Ich darf etwas weitergeben” ist viel größer. Der Prozess selbst erfordert viel Zeit, auch vom Berater. Am wichtigsten sind Regelungen für Wohnrecht, Nießbrauch, Rente und Einmalzahlung. Die gängigste Variante bei der außerfamiliären Übergabe ist die Leibrente. Der Verkehrswert wird in den allerwenigsten Fällen bezahlt. Entscheidend ist, dass die Übergeber wirtschaftlich und sozial abgesichert sind und bei den Übernehmern muss gewährleistet sein, dass sie aus dem Einkommen des Betriebes den festgeschriebenen Betrag auch bezahlen können.
Übergeber und Übernehmer sollen sich zuerst unabhängig voneinander bewusst machen, was sie wollen und was ihre Ziele sind. Kinder auf Übergeberseite gehören mit an den Tisch, um Erbfragen zu klären. Ein großes Plus bei den Verhandlungen bei außerfamiliären Hofübergaben sieht Stefan Schrempp darin, dass man Probleme eher anspricht als innerhalb der Familie.
Gleichstellung ist kein Thema
Christian Leibrock kann im Bedarfsfall als landwirtschaftlicher Sachverständiger den ganzen Betrieb wie auch einzelne Teile bewerten. Aber gutachterliche Zahlen sollten erst dann eine Rolle spielen, wenn man mit der Kommunikation nicht mehr weiterkommt. Einen großen Vorteil bei außerfamiliären Hofübergaben sieht er darin, dass hier die Gleichstellungsfrage unter den Geschwistern nicht aufkommt, da alle Kinder weichende Erben sind. Birgit Motteler von Familie und Betrieb bestätigte, dass die außerfamiliäre Hofübergabe meist ein Prozess von mehreren Jahren ist. Zusätzlich zu allen Themen der familiären Übergabe kommt die Suche nach der „richtigen” Person oder dem „richtigen” Hof dazu. Da gibt es keine Gewähr, dass es beim ersten Kontakt passt.
Das Wichtigste für eine erfolgreiche Übergabe sind die beteiligten Menschen selbst. Die Übernehmer brauchen Durchhaltevermögen, Stressresistenz, Ressourcen von Familie und Freunden, denn die erste Zeit ist hart und alleine fast nicht zu stemmen. Und sie brauchen ein gutes betriebswirtschaftliches Konzept.
Die Übergeber müssen abgeben können, brauchen Fehlertoleranz den Übernehmern gegenüber und Klarheit, wie es für sie nach der Übergabe weitergeht. Gemeinsam müssen beide Parteien immer wieder im Prozess klären, was noch miteinander zu besprechen ist. Bedürfnisse und Wünsche müssen vorher auf den Tisch, denn nach der Übergabe ist das „Reparieren” schwieriger. Wichtig ist hier reden, reden und nochmals reden sowie Toleranz für die unterschiedliche Lebensweise auf beiden Seiten. Auch mit den weichenden Erben muss gesprochen werden, denn bei ihnen existieren oft Ängste, über den Tisch gezogen zu werden. Die große Chance im Miteinander bei der außerfamiliären Übergabe ist, dass alle neu miteinander anfangen und nicht alte Familienkonflikte das Verhältnis von vornherein belasten.
Michael Nödl, Justitiar des BLHV, beleuchtete steuerliche und rechtliche Grundlagen von Hofübergaben im Vergleich der inner- und außerfamiliären Hofnachfolge. Er stellte die von ihm angebotene Vertragsmediation vor, die in schwierigen Hofübergabesituationen einen alle Interessen berücksichtigenden Übergabevertrag ermögliche.