Betrieb und Wirtschaft | 16. Februar 2017

Höhengebiets-Probleme diskutiert

Von Christa Maier
Die Arbeitsgemeinschaft für Höhenlandwirtschaft (AfH) leiste einen unschätzbaren Beitrag für die Erhaltung eines schönen, aber auch sehr sensiblen Landstriches. Dies sagte der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk am Samstag bei einer Diskussion im Anschluss an die AfH-Mitgliederversammlung in Lenzkirch-Saig.
In Saig könne man angesichts vieler Biobetriebe noch von der „Insel der Glückseligkeit” sprechen, insgesamt sei das landwirtschaftliche Umfeld derzeit weniger rosig, so Hauk.  Die Warteliste für Biomilch bei der Schwarzwaldmilch hält er für richtig, um Preisabstürze zu verhindern, und wichtig für die Kunden- und Marktorientierung. Das Wort Entbürokratisierung könne er nicht mehr hören. „Doch wer gibt, bestimmt”, wies er auf die EU hin. Mit bodenständigem Menschenverstand habe das Bürokratiemonster nichts mehr zu tun, meinte BLHV-Präsident Werner Räpple. Er forderte eine Bagatellgrenze für jedes Jahr und jedes Verfahren.
Rege diskutiert wurde bei der AfH-Versammlung in Saig (von links): AfH-Vorsitzender Oswald Tröndle, Landwirtschaftsminister Peter Hauk, Landrätin Dorothea Störr-Ritter und BLHV-Präsident Werner Räpple.

Kontrapunkte setzen
Die schwindende gesellschaftliche Akzeptanz macht Hauk Sorgen, Landwirtschaft und Tierhalter seien unter Beschuss. Hier gelte es, Kontrapunkte zu setzen, auch die Gemeinden seien gefordert. Mit der jüngsten Plakataktion habe Bundesumweltministerin Barbara Hendricks einen ganzen Berufsstand in Misskredit gebracht. Betriebe in Baden-Württemberg arbeiteten flächengebunden. „Wir sind hier nicht im Weser-Ems-Gebiet”, für diese Aussage erntete Hauk Applaus.
Die Digitalisierung und Präzisionslandwirtschaft seien auch für die Zukunft von Kleinbetrieben und zu vernünftigen Kosten wichtig. Förderlich für Regionalität und Regionalvermarkung seien Marketingkampagnen und Gespräche mit dem Einzelhandel. Hier bot sich Hauk als „Türöffner” an.  „Ich werde fast jeden Tag zum Hirsch”, sprach er das Thema verzögerte Auszahlung der Fördergelder an. 80 Prozent der Anträge aus 2016 seien inzwischen abgearbeitet. Für das diesjährige Antragsverfahren sei es Ziel, ab Nikolaus 2017 auszuzahlen. Dass die Landwirte für Fehler aufgrund von Technik der Fotografie und Fernerkundung herhalten müssen, ärgert Werner Räpple. Eine Abschlagszahlung sei dringend notwendig, um die massiven finanziellen Probleme einiger Betriebe aufzufangen. Stärker berücksichtigt werde die Grundfutterkomponente beim Förderprogramm FAKT.  „Die Handarbeitslagen brauchen eine weitere Stufe im Ausgleich”,  teilte Hauk die Meinung der Landwirte. Nach Meinung Räpples läuft das jetzige Fördersystem an der Tierhaltung vorbei. Ein Zuschlag für Tierhaltung und ein Mindesttierbesatz in Grünlandregionen fördere Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit. Bei der Anbindehaltung – „ist kein Modell auf Ewigkeit”–  forderte er ausreichende Übergangsfristen. Die Region weiterentwickeln und den jungen Leuten Perspektiven bieten in einem Beruf, mit dem sie ihre Familie ernähren können, muss nach Meinung von AfH-Vorstandsmitglied Nikolaus König das Ziel sein. „Wir brauchen uns nicht zu verstecken und nicht verteidigen, was andere negativ machen”, sagte er. Die Kuhstallförderung passt für AfH-Vorstandsmitglied Eckhard Schmieder nicht mit Milchüberschüssen zusammen. Die Flächenförderung für raufutterfressende Tiere sollte dem Pächter zukommen. Zum Thema Wolf brauche es ein von Praktikern, Umwelt- und Naturschutzvertretern erarbeitetes Management, so Hauk. Applaus erhielt er für seine Aussage, dass er Vergrämungsmaßnahmen nicht ausschließen will. Er sicherte zu, Erfahrungsberichte von Ländern einzuholen, die schon Kontakt mit dem Wolf hatten.
Partnerschaftlich
Im Rahmen der AfH-Mitgliederversammlung hatte zuvor der Saiger Ortsvorsteher und Landwirt Mathias Brugger die partnerschaftliche Zusammenarbeit der Landwirte in Saig hervorgehoben, die sich auch in den seit über 40 Jahren existierenden und von der Gemeinde geförderten Maschinengemeinschaften oder der gemeinschaftlichen Biotop-pflege widerspiegele. In Lenzkirch haben Brugger zufolge alle Vollerwerbsbetriebe innerhalb von 15 Jahren auf Bio-Milcherzeugung umgestellt. Die verlässlichen politischen Rahmenbedingungen hätten dabei geholfen. Stolz zeigte er sich darüber, dass das Nachhaltigkeitsprojekt „Kulturlandschaft für morgen gestalten” in Lenzkirch startete. „Die Gemeinde entwickelt sich als Gemeinsamkeit”, bestätigte auch der Vorsitzende der AfH, Oswald Tröndle, der sich von gemeinsam vorgebrachten Forderungen an die Politik mehr Erfolg verspricht. „Die Höhenlandwirtschaft werden wir weiterhin, dort wo wir können, unterstützen”, versprach die Landrätin des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald, Dorothea Störr-Ritter. Sie werde sowohl für die regionale Produktion als auch für den Erhalt der Landschaft gebraucht.