Politik | 29. Juli 2021

Große Hilfsbereitschaft nach den Fluten

Von AgE
Die Hochwasserkatastrophe hat besonders in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen auch in der Landwirtschaft zu teils extremen Schäden geführt. In der Politik, in der gesamten Bevölkerung und im bäuerlichen Berufsstand haben sie eine große Hilfswelle ausgelöst.
Zerstörungen nach dem verheerenden Starkregen am 14. Juli bei Marienthal im Landkreis Ahrweiler. Auch Bauern und Winzer haben in den Katastrophenregionen schwere Schäden zu beklagen.
Am 21. Juli, knapp eine Woche nach der Katastrophe,  beschloss das Bundeskabinett Soforthilfen auch für die von Hochwasser betroffenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe. Laut dem Bundeslandwirtschaftsministerium wird sich der Bund zunächst mit bis zu 200 Millionen Euro hälftig an den Soforthilfen der Länder beteiligen, so dass bis zu 400 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hatte sich für eine explizite Erwähnung der Landwirtschaft bei den Soforthilfen stark gemacht. Sie erklärte, dass viele Menschen in den Flutgebieten vor dem Nichts stünden, darunter zahlreiche Landwirte, die teilweise alles verloren hätten. „Es muss sofort, einfach und pragmatisch unterstützt werden - ohne lange bürokratische Hindernisse”, stellte die CDU-Politikerin klar.
Derweils starteten der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Landesbauernverbände einen gemeinsamen Spendenaufruf zur Unterstützung der betroffenen Berufskollegen. Die Genossenschaften reagierten auf die Hochwasserkatastrophen ebenfalls mit Spendenkonten, und aus der Wirtschaft kamen bereits zahlreiche Spenden. In den verwüsteten Orten halfen und helfen etliche Landwirte, Lohnunternehmer und andere Freiwillige bei den Aufräumarbeiten; sie hatten sich über das Internet organisiert.
Die Bundesregierung sicherte zu, sich nach Abschätzung des Gesamtschadens am erforderlichen Wiederaufbau zu beteiligen, und zwar im notwendigen Umfang, wie bei früheren Hochwasserkatastrophen. Hierzu strebt der Bund laut Landwirtschaftsministerium eine Einigung mit den Ländern an.  Dem Bundeslandwirtschaftsministerium zufolge will sich der Bund darüber hinaus dafür einsetzen, dass zur Bewältigung der Hochwasserschäden auch der EU-Solidaritätsfonds einen Beitrag leistet, und wird die dafür erforderlichen Anträge stellen. Das Ministerium hob außerdem hervor, dass Klöckner erreicht habe, dass die Hilfen auch zur Beseitigung unmittelbarer Schäden in der Land- und Forstwirtschaft zur Verfügung stünden.
Brüssel will unbürokratisch helfen
Zuvor hatte die Bundeslandwirtschaftsministerin von der EU-Kommission die Zusage unbürokratischer Hilfe für die vom Hochwasser betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe erhalten. Die Brüsseler Behörde habe zugesichert, entsprechende Anliegen der Mitgliedstaaten rasch zu bearbeiten. Neben nationalen Beihilfen stünden den Mitgliedsländern für Hilfen für die Landwirtschaft unter anderem die Unterstützungsinstrumente in der Zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zur Verfügung. Diese erlaubten etwa die Förderung der Wiederherstellung von Produktionskapazitäten. Für den Wiederaufbau der öffentlichen Infrastruktur könnten die Mitgliedstaaten den EU-Solidaritätsfonds in Anspruch nehmen. Darüber hinaus sei gemeinsam mit der Landwirtschaftlichen Rentenbank ein Hilfsprogramm auf den Weg gebracht worden, erklärte Klöckner. Ihr zufolge bietet die Rentenbank Darlehen zur Liquiditätssicherung für Unternehmen der Landwirtschaft, des Wein- und des Gartenbaus an, die Schäden durch Unwetter oder Hochwasser erlitten haben.
Helfen ist gute bäuerliche Tradition
DBV-Präsident Joachim Rukwied und die Präsidenten der Landesbauernverbände wiesen darauf hin, dass in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und in Teilen weiterer Bundesländer auch landwirtschaftliche Betriebe mit voller Wucht und zum Teil in existenzgefährdender Weise von der Flut getroffen worden seien. Es seien Futtervorräte vernichtet, Ernteaufwuchs geschädigt, Gebäude und Technik zerstört worden oder unbrauchbar geworden und Vorräte in Weinkellern verlorengegangen. Daneben seien Felder und Wiesen mit Geröll und Müll übersät und müssten nun wiederhergestellt werden.
Der DBV und die Landesbauernverbände betonten, dass „in guter bäuerlicher Tradition” die Bauernfamilien in der Region gegenseitig Nothilfe leisteten. Viele Landwirte unterstützten darüber hinaus die Hilfskräfte vor Ort mit Maschinen und Geräten bei der Beseitigung der Schäden. Über diese ersten Maßnahmen hinaus werde aber der Wiederaufbau für viele betroffene Betriebe nur mit zusätzlicher finanzieller Hilfe gelingen.
„Riesige Solidarität”
Mit welchen Verlusten im landwirtschaftlichen Bereich des Rheinlandes zu rechnen ist, konnte der Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (RLV), Bernhard Conzen, am Montag voriger Woche  noch nicht abschätzen. Dem RLV zufolge herrschte unter den Landwirten aber schon eine „riesige Solidarität”.
Im besonders betroffenen Ahrtal war teilweise von kriegsähnlichen Bildern die Rede. Der Geschäftsführer des Weinbauverbandes Ahr, Dr. Knut Schubert, berichtete, dass der 2020er Jahrgang „fast komplett zerstört” sei. Eine Lese im Ahrtal habe zusammengerechnet einen monetären Wert von 32 Millionen Euro.
Laut ersten Angaben der Vereinigten Hagelversicherung ist es vom Niederrhein bis in die Eifel zu Überschwemmungsschäden auf einer Ackerfläche von insgesamt etwa 7500 Hektar gekommen.  Schwere Schäden auf weiteren 1500 Hektar seien im Vogtland sowie in Bayern und Baden-Württemberg registriert worden.