Dialogbereitschaft signalisiert
Im Umfeld der UMK demonstrierte ein breites Bündnis aus Bauern, Schäfern, Jägern und Flächeneigentümern gegen das Agrarpaket der Bundesregierung. Die Landwirte forderten mehr Dialog beim Insektenschutz und eine stärkere regionale Differenzierung bei der Novellierung der Düngeverordnung. Insgesamt kamen etwa 4000 Landwirte zur Kundgebung nach Hamburg (siehe unten "Protestkundgebung").
Die Umweltminister der Länder sprechen sich dafür aus, den Erzeugern gesellschaftlich gewünschte Umweltleistungen adäquat zu vergüten. Dafür bedürfe es ausreichender Mittel für Vergütungs- und Anreizangebote, aber auch einer „strukturierten und langfristigen Anpassung des Ordnungsrechts”, die der Landwirtschaft Planungssicherheit gebe und ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtige. Ausdrücklich bekennt sich die UMK zur organischen und mineralischen Düngung sowie zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Deren Anwendung sei auch künftig für eine ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln und biogenen Rohstoffen erforderlich. Gleichzeitig sei die Landwirtschaft gefordert, den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln „auf ein unverzichtbares Maß” zu reduzieren.
Die Minister zeigen Verständnis für die derzeitige Verunsicherung der Landwirtschaft und betonen deren Bedeutung. Allerdings müsse sich die Branche angesichts der globalen Herausforderungen und der gesellschaftlichen Diskussionen in noch stärkerem Umfang auf Veränderungen in der Bewirtschaftung einstellen.
Die Dialogbereitschaft seines Hauses beim Insektenschutz hat auch Staatssekretär Jochen Flasbarth vom Bundesumweltministerium bekräftigt. „Wir wollen Diskurs und keinen Kampf”, sagte Flasbarth bei der Veranstaltung „Landwirtschaft im Dialog”, zu der die Fachzeitschrift top agrar am 12. November in Berlin eingeladen hatte. Das Aktionsprogramm Insektenschutz bezeichnete Flasbarth als Kompromiss zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, der gemeinsam getragen werde. Dem Deutschen Bauernverband (DBV) warf der Staatssekretär Stimmungsmache und eine übertriebene Darstellung der Folgen der vorgesehenen Insektenschutzmaßnahmen vor.
Agrarstaatssekretär Hermann Onko Aeikens zeigte sich gleichwohl zuversichtlich, gemeinsam mit der Landwirtschaft Lösungen im Insektenschutz hinzubekommen. Der DBV-Umweltbeauftragte Eberhard Hartelt forderte einen Neustart des Aktionsprogramms Insektenschutz, um den Belangen der Landwirte besser Rechnung zu tragen.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze hatte ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt. Das Aktionsbündnis pocht in einer gemeinsamen Erklärung, die an die Minister übergeben wurde, darauf, im Zusammenhang mit der Novelle der Düngeverordnung und beim Gewässerschutz mehr regional zu differenzieren und die Kooperation zu stärken. Außerdem werden die Umweltminister von Bund und Ländern aufgefordert, zur Sicherung der Weidetierhaltung ein aktives Wolfsmanagement umzusetzen, die Waldbewirtschaftung und -nutzung zur Steigerung als CO2-Senke zu stärken sowie die Klimaschutzleistungen der Land- und Forstwirtschaft zu honorieren und Klimaanpassungsmaßnahmen im ländlichen Raum zu unterstützen. Der stellvertretende Vorsitzende vom Aktionsbündnis Forum Natur und Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd (BWV), Eberhard Hartelt, hält beim Aktionsprogramm Insektenschutz einen Neustart für erforderlich. „Wir demonstrieren nicht gegen Insekten- und Artenschutz – im Gegenteil. Wir Bauern brauchen die Bestäuber wie keine andere Branche”, stellte Hartel klar. In seiner jetzigen Form konterkariere das Aktionsprogramm aber das vorhandene Engagement der Landwirte und Flächeneigentürmer und sei ein „enormer Vertrauensverlust für den Naturschutz”. Nach den Worten des Präsidenten des Bauernverbandes Hamburg, Martin Lüdeke, müssen die ökonomischen Belange der Bauern stärker berücksichtigt werden. Lüdeke verlangte ein Ende der „populistischen und fachlich unsinnigen Agrarpolitik”. Diese vernichte die Existenz der deutschen Bauern und raube den Kindern die Zukunft.
Der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), Walter Heidl, hob den großen Unmut und die Enttäuschung der Landwirtsfamilien über die aktuelle Politik hervor. Ein zentraler Grund liegt laut Heidl darin, dass den Familien und der gesamten Landwirtschaft umweltpolitisch enorme Veränderungen abverlangt würden, ohne dass dabei der Dialog gesucht werde und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen gesetzt würden. Der Vizepräsident des Landvolks Niedersachsen, Jörn Ehlers, forderte ebenfalls, dass Kooperation und Freiwilligkeit im Natur- und Umweltschutz Vorrang vor Verboten und Auflagen haben müssten. Aus Niedersachsen fuhren laut dem Landvolkverband rund 2000 Traktoren nach Hamburg. An der Kundgebung beteiligten sich zudem Landwirte aus Brandenburg.