Nach massiven Gewinneinbußen der Haupterwerbsbetriebe im Wirtschaftsjahr 2020/21 sind die Aussichten für das laufende Wirtschaftsjahr dem Deutschen Bauernverband (DBV) zufolge völlig unklar.
Es lässt sich laut DBV-Präsident Joachim Rukwied derzeit nicht vorhersagen, ob es zu einer Erholung der Unternehmensergebnisse kommen wird.
Angesichts der Entwicklung auf den Agrarmärkten und den Preissteigerungen bei Betriebsmitteln lasse sich derzeit nicht vorhersagen, ob es zu einer Erholung der Unternehmensergebnisse kommen wird, heißt es im DBV-Situationsbericht, den Verbandspräsident Joachim Rukwied am 9. Dezember vorgestellt hat.
Höhere Preise, höhere Kosten
Stark gestiegenen Preisen etwa bei Raps und Getreide sowie
sich weiter festigenden Preisen bei Milch und Rindern stünden aktuell
starke Verteuerungen beim Zukauf von Futter- und Düngemitteln sowie
Energie gegenüber, sagte Rukwied.
Der DBV-Präsident geht davon aus, dass der derzeitige massive
wirtschaftliche Druck auf die Schweinehalter zunächst anhalten wird. Mit
Blick auf die Einkommen der Schweinebauern sprach Rukwied von einem
dramatischen Absturz. Die anhaltend ruinösen Erzeugerpreise für
Schlachtschweine und Ferkel seien mittlerweile existenzbedrohend. Bei
Milcherzeugern und Rinderhaltern sowie Ackerbauern könne möglicherweise die
spürbar verbesserte Ertragssituation den höheren Aufwand durch die
Verteuerung von Futter- und Düngemitteln sowie Energie übertreffen.
Vieles hänge von der Marktentwicklung im ersten Halbjahr 2022 ab. Die
wirtschaftliche Entwicklung im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2020/21
bezeichnete der Bauernpräsident insgesamt als ernüchternd.
15 Prozent unter Vorjahr
Im Durchschnitt der Haupterwerbsbetriebe blieben
die Unternehmensergebnisse im Wirtschaftsjahr 2020/21 mit rund 52100
Euro um 15 Prozent hinter dem Vorjahreswert zurück. Ausschlaggebend
dafür waren enorme Verluste der Veredlungsbetriebe. Sie verloren infolge
coronabedingter Umsatzeinbrüche in der Schweinehaltung im
Wirtschaftsjahr 2020/21 gut zwei Drittel ihres Unternehmensgewinns und
kamen im Schnitt auf rund 36800 Euro. Gewinnzuwächse gab es hingegen in
der Rinderhaltung. Die Milchviehbetriebe erzielten im Durchschnitt 56400
Euro; das war ein Plus von 4,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im
Ackerbau blieben die Unternehmensergebnisse im Wirtschaftsjahr 2020/21
mit durchschnittlich rund 58000 Euro in etwa stabil. Deutlich besser
schnitten die Weinbaubetriebe mit rund 86800 Euro ab; dies entspricht
gegenüber dem Vorjahr einem Zuwachs von annähernd elf Prozent.
Regionale Unterschiede
Ähnlich positiv verlief die Entwicklung bei den
Ökobetrieben; deren Unternehmensergebnis stieg um gut neun Prozent auf
76000 Euro.
Die Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen den
Betriebsformen schlagen sich in den regionalen Ergebnissen nieder. So
verzeichnen die Länder mit einem hohen Anteil an Veredlungsbetrieben die
größten Einkommensrückgänge. In Niedersachsen gingen die Gewinne der
Haupterwerbsbetriebe im Wirtschaftsjahr 2020/21 um ein Drittel auf rund
54700 Euro zurück, in Nordrhein-Westfalen sogar um mehr als 42 Prozent
auf knapp 37700 Euro. An der Spitze rangieren demgegenüber die
Haupterwerbsbetriebe im „Weinland” Rheinland-Pfalz mit fast 80000 Euro,
gefolgt von den Betrieben in den neuen Ländern mit rund 72600 Euro. Mit
deutlichen Abstand folgen Schleswig-Holstein mit rund 55400 Euro sowie
Baden-Württemberg und Hessen, wo die Haupterwerbsbetriebe rund 52000
Euro beziehungsweise 50500 Euro erzielten; in Bayern waren es rund 47500
Euro.
Bezogen auf das Unternehmensergebnis je nicht entlohnter
Familienarbeitskraft erzielten die Haupterwerbsbetriebe im
Wirtschaftsjahr 2020/21 im Durchschnitt rund 36850 Euro. Damit lag das
„Bruttomonatseinkommen” der Landwirte bei etwa 3070 Euro. An der Spitze
standen die Ökobetriebe mit knapp 52400 Euro, gefolgt von den
Weinbaubetrieben mit gut 46200 Euro und den Ackerbaubetrieben mit rund
45500 Euro. Die Milchviehbetriebe kamen auf 37300 Euro je nicht
entlohnter Familienarbeitskraft, die Veredlungsbetriebe auf rund
27500Euro.
Zurückhaltung bei Gebäudeinvestitionen
Die Bruttoinvestitionen der Haupterwerbsbetriebe
lagen im Wirtschaftsjahr 2020/21 mit 60200 Euro trotz der
verschlechterten wirtschaftlichen Lage leicht über dem Vorjahresniveau.
Während die Maschineninvestitionen um vier Prozent zunahmen, sind die
Gebäudeinvestitionen weiter rückläufig, 2020/21 um zwei Prozent. Der DBV
führt dies auf Unsicherheiten über die rechtlichen Rahmenbedingungen
beim Stallbau zurück. Die Eigenkapitalbildung fiel mit 7200 Euro bei den
Haupterwerbsbetrieben 2020/21 um 4000 Euro geringer aus als im Vorjahr.
Der Strukturwandel läuft weiter
Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe mit mehr als fünf Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF) lag laut DBV-Situationsbericht im Jahr 2020 bei 262800. Nach Schätzungen des Bauernverbandes betrug die jährliche Abnahmerate in den vergangenen zehn Jahren rund 2,4 Prozent; in dem Jahrzehnt davor lag der Rückgang bei rund drei Prozent im Jahr. Die Wachstumsschwelle, oberhalb der die Zahl der Betriebe zunimmt, liegt bundesweit bei etwa 100 ha LF. Einen anhaltend starken Strukturwandel gebe es in der Nutztierhaltung, heißt es im Situationsbericht unter Berufung auf die halbjährliche Zählung der Viehbestände des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Demnach ist die Zahl der Milchviehbetriebe in diesem Jahr gegenüber 2020 um 4,3 Prozent gesunken; in den vergangenen zehn Jahren gab es einen Rückgang um insgesamt 36 Prozent auf nunmehr 55800 Betriebe. Die Anzahl der schweinehaltenden Betriebe hat sich 2021 um 2,9 Prozent auf 19800 verringert. Weiter rückläufig ist insbesondere die Sauenhaltung. Die Zahl der Sauenhalter liegt derzeit bei rund 6400; das sind fast neun Prozent weniger als im Vorjahr.