Getreidepreise unter Vorjahresniveau
Damit sind Aussagen über die möglichen Erzeugerpreise für vertragsfreie Partien von Gerste, Weizen, Raps & Co. beim Verkauf in der Ernte noch unsicherer als in anderen Jahren um diese Zeit. Beim Blick auf die Schwankungen an den Warenterminbörsen und die bevorstehende Brexit-Abstimmung sei es „geradezu verwegen”, eine Woche vor dem Erscheinungstermin einen möglichen Erzeugerpreis in der Ernte halbwegs treffsicher benennen zu wollen.
Das Preisniveau ist meistens niedriger als vor einem Jahr. Allerdings dürften die niedrigsten Preise erreicht sein. „Alle preisdrückenden Argumente sind in den Warenterminkursen bereits berücksichtigt”, erklärten die Getreidekaufleute übereinstimmend.
Bei den Verkaufsstrategien setzen die Landwirte in diesem Jahr stärker auf die treuhänderische Vermarktung. Das sei üblich bei gedrückten Preisniveaus, heißt es im Handel. In Jahren mit hohen Preisen seien eher Fixpreiskontrakte gefragt. Die große Unbekannte in dieser Ernte ist allerdings nicht die Preistendenz, sondern die Qualität. Das wird immer deutlicher, je näher die Ernte rückt.
Zurück in den Südwesten: Unter den erwartet hohen Erträgen könnten sich manche Qualitätseigenschaften verdünnen, wird befürchtet. Größte Sorge ist allerdings der nässebedingte Krankheitsdruck, manche Gesprächspartner erinnern an das Fusarien-Befallsjahr 2012. Doch so weit ist es noch nicht.
„Wenn wir eine zügige Abreife unter sommerlich hohen Temperaturen bekommen, stellt sich die Sache ganz anders dar”, warnte ein Kaufmann vor schnellen Beurteilungen. Am Oberrhein hoffen die Erfasser auf eine kleinere Ernte in Frankreich. Vergangenes Jahr bezahlte der Handel im Südwesten laut Agrarmarkt-bw.de beim Verkauf in der Ernte für vertragsfreien A-Weizen frei Gosse Landlager im Schnitt 153 Euro je Tonne (Euro/t), netto. Stand Ende vergangener Woche werden die vergleichbaren Preise dieses Jahr um 15 bis 20 Euro/t niedriger gesehen. Die Vorvertragspreise reichen je nach Standort und Zeitpunkt des Vertragsschlusses von 130 bis 170 Euro/t, netto.
Die Futtergerste erzielte im Jahr 2015 frei Gosse im Durchschnitt 135 Euro/t, netto. In diesem Jahr könnten die Preise um rund 20 Euro/t fallen. Zum Angebotsdruck in Baden-Württemberg trägt der Abbau der Schweinebestände bei. Wer zu viel eingelagert hat oder nicht mehr füttern muss, bringt das Getreide auf den Markt. Die Ware sei derzeit nur über den Export zu verkaufen, heißt es.
Die Sommergerstenfläche soll landes- und bundesweit abnehmen. Der Handel rechnet im Südwesten mit bis zu minus 10%. Die Feldkulturen machen einen gemischten Eindruck. Die Rohstoffversorgung aus der alten Ernte galt bisher als üppig. Nach den mengenstarken Niederschlägen sorgen sich die Mälzer offenbar doch um die Qualität aus der Ernte 2016. Die Preise sind etwas gestiegen, lagen Ende vergangener Woche aber immer noch unter dem Vorjahresniveau. Die Vorvertragspreise kommen je nach Standort und Zeitpunkt auf 140 bis 170 Euro/t, netto. Allerdings soll das Interesse an Vorverträgen bei Mälzern und bei Landwirten nachgelassen haben. Winterbraugerste ist deutlich preiswerter als Sommergerste. Grund: die sehr günstige Winterfuttergerste.
Eine Frucht mit Aussicht auf stabile oder höhere Preise als vor einem Jahr, das ist der Schälhafer in der Qualitätsstufe ab etwa 53 Kilo je Hektoliter (kg/hl). Die Fläche dürfte weiter schrumpfen. Die Vorvertragspreise erreichten je nach Standort und Zeitpunkt 140 bis 160 Euro/t, netto. Nennenswerte Mengen werden auch treuhänderisch vermarktet.
Raps ist seit Mitte vergangener Woche preislich auf dem Weg nach unten. Derzeit sind die Preisaussichten für Verkäufe vertragsfreier Ware in der Ernte etwas niedriger als im Sommer 2015. Die Vorverträge rangieren im Bereich von 320 Euro bis 350 Euro/t. Trotz unbefriedigender Möglichkeiten beim Pflanzenschutz steigt landes- und bundesweit die Anbaufläche. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass im Vergleich zum klassischen Getreide dem Raps mehr Potenzial für Preissteigerungen zugetraut wird, denn die weltweiten Vorräte nehmen ab.