Im dritten Anlauf haben sich die Agrarminister der Länder auf Eckwerte zur nationalen Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2023 verständigt. 25 Prozent der Direktzahlung sollen für Eco-Schemes eingesetzt werden. Die Umschichtung soll sukzessive auf 15 Prozent steigen
Nach drei Anläufen wurde eine gemeinsame Position gefunden, wie die EU-Agrarmittel künftig in Deutschland verwendet werden sollen.
Gegenüber den Vorschlägen des Bundeslandwirtschaftsministeriums sehen die Beschlüsse der Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) vom 26. März stärkere Akzente in der Grünen Architektur, eine höhere Umschichtung von der Ersten in die Zweite Säule sowie einen Verzicht auf eine Degression bei den Direktzahlungen vor. Ministerinnen und Minister aller politischen Farben zeigten sich zufrieden. Sie äußerten die Erwartung, dass die einstimmig gefassten Beschlüsse Eingang in die Gesetzgebung des Bundes finden werden. „Alle Seiten haben sich bewegt”, stellte der AMK-Vorsitzende, Sachsens grüner Minister Wolfram Günther, fest. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sieht sich in ihrem Vorgehen bestätigt. „Es hat sich gezeigt, wie wichtig es war, dass wir als Bund vorangegangen sind und einen guten Aufschlag gemacht haben”, erklärte die CDU-Politikerin. Erst das habe bei den Ländern für Bewegung gesorgt. In der Sache liege man nicht weit auseinander. Umweltministerin Svenja Schulze begrüßte das Ländervotum als „einen wichtigen Beitrag der Agrarseite für die laufenden Ressortabstimmungen auf Bundesebene”.
Was die Einigung vorsieht
Die AMK-Beschlüsse dürften die Grundlage für
eine Einigung der beiden Ressorts sein. Diese ist notwendig, wenn die
dazugehörigen Gesetzentwürfe wie geplant im Kabinett beschlossen werden
sollen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) reagierte mit Kritik auf die
Einigung der Länderagrarminister. „Der Kompromiss bringt schmerzhafte
Einschnitte in der Agrarförderung mit sich”, erklärte DBV-Präsident
Joachim Rukwied. Die Einigung der Länderminister sieht vor, dass in
der nächsten Förderperiode 25 Prozent der Direktzahlungsmittel für
Eco-Schemes (umweltförderliche Maßnahmen) eingesetzt werden. Dieser
Anteil soll konstant bleiben und nicht im Zeitablauf angehoben werden.
Bundesweit angeboten werden sollen im Rahmen der Eco-Schemes eine
freiwillige Aufstockung der nicht-produktiven Flächen, die Anlage von
Blühflächen auf Ackerland und Dauerkulturflächen, Agroforstsysteme,
vielfältige Fruchtfolgen sowie Altgrasstreifen auf Dauergrünland.
Schrittweise mehr umschichten
Über weitere Maßnahmen wie die Extensivierung von
Dauergrünland, Moorbodenschutz oder Sommerweide soll in Arbeitsgruppen
diskutiert werden. Der Bund wird aufgefordert, sich in den
Trilogverhandlungen für eine Anreizkomponente bei den Eco-Schemes
einzusetzen. Nach einer zweijährigen Lernphase sollen die Maßnahmen
überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Im Jahr 2023 sollen
zehn Prozent der Direktzahlungen von der Ersten in die Zweite Säule
umgeschichtet werden. Über elf Prozent 2024 und 12,5 Prozent 2025 soll
der Satz auf 15 Prozent im Jahr 2026 steigen. Für das Übergangsjahr 2022
konnten sich die Minister nicht auf einen Vorschlag einigen. Laut
AMK-Schätzungen stehen mit den Eco-Schemes und der Umschichtung im Jahr
2026 mindestens 40 Prozent der GAP-Mittel für Ökoleistungen zur
Verfügung.
Die Agrarminister erteilten sowohl einer Kappung als auch einer Degression der Direktzahlungen eine Absage.
Mehr für die ersten 60 Hektar
Angehoben werden soll hingegen die Unterstützung für die
ersten 60 Hektar eines Betriebes. Bis zur Grenze von 40 Hektar soll der
Zuschlag jeweils rund 70 Euro, darüber bis 60 Hektar jeweils 40 Euro
betragen. Eine vom Bundeslandwirtschaftsministerium vorgesehene
Begrenzung der Umverteilungsprämie auf Betriebe bis 300 Hektar lehnten
die Länder ab. Damit würden künftig zwölf Prozent der
Direktzahlungsmittel als Umverteilungsprämie zugunsten der ersten 60
Hektar eingesetzt. Die Beschlüsse sehen ferner eine Abkehr vom
generellen Verzicht auf gekoppelte Zahlungen vor. Zur Unterstützung der
Schaf-, Ziegen- und Mutterkuhhalter sollen gekoppelte Tierprämien von 30
Euro pro Mutterschaf und Ziege sowie von 60 Euro pro Mutterkuh
eingeführt werden.
Für Junglandwirte zwei Prozent aus 1. Säule
Für die
zusätzliche Förderung von jungen Landwirtinnen und Landwirten werden
zwei Prozent der nationalen Obergrenze für Direktzahlungen in der
1. Säule bereitgestellt. Dies ermöglicht eine Förderung in der Höhe von
rund 70 Euro pro Hektar für bis zu 120 Hektar je Betrieb. Geeinigt haben
sich die Ministerinnen und Minister schließlich auf eine Neuverteilung
der Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Gegenüber
dem bisherigen Schlüssel müssen die neuen Länder künftig deutliche
Einbußen hinnehmen.
Hauk: „Wir können damit leben”
„Wir können
damit leben”, kommentierte Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister
und Sprecher der Unionsministerinnen und -minister, Peter Hauk, die
beschlossene stärkere ökologische Ausrichtung der GAP. Der CDU-Politiker
sprach von einer „Abkehr von der reinen Einkommensstützung über
Flächenprämien”. Ein „Ärgernis” sei aus seiner Sicht der Verzicht auf
eine Kappung und Degression der Direktzahlungen. Damit stehe man im
Widerspruch zum breiten gesellschaftlichen Wunsch nach einer stärkeren
Unterstützung von kleinen und mittleren Betrieben. Hauk sagte voraus,
dass diese Frage in Zukunft auf der politischen Tagesordnung bleiben
werde. „Insgesamt bedeuten die Beschlüsse eine große Herausforderung für
die Landwirtschaft. Deshalb wird entscheidend sein, dass die
Ökoregelungen pragmatisch ausgestaltet werden, um eine hohe
Akzeptanzquote zu erreichen”, betonte der Minister.
Bundesministerin Klöckner bezeichnete die Festlegung auf 25 Prozent
der Direktzahlungen für Eco-Schemes als „realistisch”. Dieser
Kompromiss zeichne sich auch auf europäischer Ebene in den
Trilog-Gesprächen ab. Zurückhaltend äußerte sich die Ministerin zur
Umschichtung von letztlich 15 Prozent der Ersten in die Zweite Säule.
Die höhere Umschichtung werde zu Einschnitten bei den konventionellen,
aber auch den ökologisch wirtschaftenden Betrieben sorgen. Hier gelte
es, die Gelder in der Zweiten Säule landwirtschaftsnah einzusetzen, etwa
für investive Maßnahmen oder das Risikomanagement gegen Wetterextreme.
Enttäuscht zeigte sich Klöckner, dass die grüne Seite eine stärkere
Förderung kleinerer Betriebe durch das Einziehen einer Obergrenze bei
den Direktzahlungsmitteln verhindert habe. Insgesamt sei der
parteiübergreifende Beschluss aber „ein klares Signal an die
Bundesumweltministerin”.
Kritik vom DBV
DBV-Präsident Rukwied
kritisierte scharf eine massive Mittelumschichtung von der Ersten in die
Zweite Säule „ohne wirkliche Garantie, dass diese Gelder vollständig
an die Landwirte fließen”. Außerdem verringere sich die
Einkommenswirkung der Direktzahlungen drastisch um eine geschätzte
Größenordnung von 40 Prozent. Laut Rukwied können diese Einschnitte
dadurch abgemildert werden, wenn durch die Ausgestaltung der Eco-Schemes
und der Agrarumweltmaßnahmen in der Zweiten Säule sichergestellt werde,
„dass die umgewidmeten Mittel tatsächlich in der Landwirtschaft
ankommen”. Dafür habe der DBV Vorschläge für einfach umsetzbare,
attraktive und wirksame Umweltmaßnahmen mit wirtschaftlichen Anreizen
vorgelegt. „Dann können die Landwirte für rund 1,8 Milliarden Euro
zusätzliche Umweltleistungen erbringen”, stellte der Bauernpräsident
fest. Positiv ist für Rukwied der Verzicht auf Kappung und Degression
der Direktzahlungen. Zugleich solle es einen „maßvollen Zuschlag” für
die ersten Hektare geben. Unter dem Strich bleibe jedoch ein
schmerzhafter Kompromiss, „der zwar erste Rahmenbedingungen bis 2027
setzt, aber den Strukturwandel weiter beschleunigen wird”.
Für Räpple ist entscheidend, was bei den Landwirten ankommt
Die Einigung der Agrarministerkonferenz (AMK) zur Umsetzung der GAP-Reform in Deutschland bewertet BLHV-Präsident Werner Räpple in einer ersten Reaktion insgesamt positiv mit einem Schuss Zurückhaltung und Kritik in einigen Punkten. So betrachtet er zwar die erhöhten Anteilen an den Direktzahlungen für Eco-Schemes (Umwelt-maßnahmen) und die höheren Prozentsätze für Umschichtung in die Zweite Säulle kritisch; blickt aber bereits nach vorne: „Für unsere Bäuerinnen und Bauern kommt es jetzt auf die Angebote an. Die Betriebe müssen die Möglichkeit haben, die Mittel abrufen zu können. Und die Angebote müssen für unsere Betriebe unkompliziert und praktikabel umsetzbar sein. Sehr wichtig ist auch, dass die Mittel für die Umschichtung in der Landwirtschaft bleiben.”
Positiv bewertet der BLHV-Präsident die Besserstellung der ersten Hektare bei den Prämien. „Das ist ein Erfolg für den BLHV”, betont Räpple und erinnert daran, dass der BLHV das schon forderte, als er damit in Deutschland „allein auf weiter Flur” war.
Bei der Junglandwirteförderung tritt Räpple dafür ein, „diese am Zukunftskonzept des Hofes zu orientieren und nicht an der Betriebsgröße”. Er wünscht sich hier eine Art Startprämie für Zukunftsinvestitionen. Der Beschluss der AMK verharre hier zu stark in der Statik der Direktzahlungen, nach der größere Betriebe stärker profitieren als kleinere. Das müsse man nochmal überarbeiten. „Gerade bei uns gibt es zahlreiche kleinere Betriebe, die diversifiziert aufgestellt sind. Sie warten mit guten Konzepten auf, mit denen sie die Zukunft meistern wollen, brauchen dafür aber Unterstützung.” Einen Seitenhieb kann sich Räpple bei der AMK auf die anhaltende Blockadehaltung der grünen Länderminister bis zum vorigen Wochenende nicht verkneifen: „Sie treten für strukturelle Vielfalt ein, haben aber Vorschläge blockiert, die diese fördern sollen.”