Politik | 31. März 2021

Länderminister einigen sich zur GAP

Von AgE/ Walter Eberenz/ Redaktion
Im dritten Anlauf haben sich die Agrarminister der Länder auf Eckwerte zur nationalen Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2023 verständigt. 25 Prozent der Direktzahlung sollen für Eco-Schemes eingesetzt werden. Die Umschichtung soll sukzessive auf 15 Prozent steigen
Nach drei Anläufen wurde eine gemeinsame Position gefunden, wie die EU-Agrarmittel künftig in Deutschland verwendet werden sollen.
Gegenüber den Vorschlägen des Bundeslandwirtschaftsministeriums sehen die Beschlüsse der Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) vom 26. März stärkere Akzente in der Grünen Architektur, eine höhere Umschichtung von der Ersten in die Zweite Säule sowie einen Verzicht auf eine Degression bei den Direktzahlungen vor. Ministerinnen und Minister  aller politischen Farben zeigten sich zufrieden. Sie äußerten die Erwartung, dass die einstimmig gefassten Beschlüsse Eingang in die Gesetzgebung des Bundes finden werden. „Alle Seiten haben sich bewegt”, stellte der AMK-Vorsitzende, Sachsens grüner Minister Wolfram Günther, fest. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sieht sich in ihrem Vorgehen bestätigt. „Es hat sich gezeigt, wie wichtig es war, dass wir als Bund vorangegangen sind und einen guten Aufschlag gemacht haben”, erklärte die CDU-Politikerin. Erst das habe bei den Ländern für Bewegung gesorgt. In der Sache liege man nicht weit auseinander. Umweltministerin Svenja Schulze begrüßte das Ländervotum als „einen wichtigen Beitrag der Agrarseite für die laufenden Ressortabstimmungen auf Bundesebene”.
Was die Einigung vorsieht
Die AMK-Beschlüsse dürften die Grundlage für eine Einigung der beiden Ressorts sein. Diese ist notwendig, wenn die dazugehörigen Gesetzentwürfe wie geplant  im Kabinett beschlossen werden sollen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) reagierte mit Kritik auf die Einigung der Länderagrarminister. „Der Kompromiss bringt schmerzhafte Einschnitte in der Agrarförderung mit sich”, erklärte DBV-Präsident Joachim Rukwied. Die Einigung der Länderminister sieht vor, dass in der nächsten Förderperiode 25 Prozent der Direktzahlungsmittel für Eco-Schemes (umweltförderliche Maßnahmen) eingesetzt werden. Dieser Anteil soll konstant bleiben und nicht im Zeitablauf angehoben werden. Bundesweit angeboten werden sollen im Rahmen der Eco-Schemes eine freiwillige Aufstockung der nicht-produktiven Flächen, die Anlage von Blühflächen auf Ackerland und Dauerkulturflächen, Agroforstsysteme, vielfältige Fruchtfolgen sowie Altgrasstreifen auf Dauergrünland.
Schrittweise mehr umschichten
Über weitere Maßnahmen wie die Extensivierung von Dauergrünland, Moorbodenschutz oder Sommerweide soll in Arbeitsgruppen diskutiert werden. Der Bund wird aufgefordert, sich in den Trilogverhandlungen für eine Anreizkomponente bei den Eco-Schemes einzusetzen. Nach einer zweijährigen Lernphase sollen die Maßnahmen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Im Jahr 2023 sollen zehn Prozent der Direktzahlungen von der Ersten in die Zweite Säule umgeschichtet werden. Über elf Prozent 2024 und 12,5 Prozent 2025 soll der Satz auf 15 Prozent im Jahr 2026 steigen. Für das Übergangsjahr 2022 konnten sich die Minister nicht auf einen Vorschlag einigen. Laut AMK-Schätzungen stehen mit den Eco-Schemes und der Umschichtung im Jahr 2026 mindestens 40 Prozent der GAP-Mittel für Ökoleistungen zur Verfügung.
Die Agrarminister erteilten sowohl einer Kappung als auch einer Degression der Direktzahlungen eine Absage.
Mehr für die ersten 60 Hektar
Angehoben werden soll hingegen die Unterstützung für die ersten 60 Hektar eines Betriebes. Bis zur Grenze von 40 Hektar soll der Zuschlag jeweils rund 70 Euro, darüber bis 60 Hektar jeweils  40 Euro betragen. Eine vom Bundeslandwirtschaftsministerium vorgesehene Begrenzung der Umverteilungsprämie auf Betriebe bis 300 Hektar lehnten die Länder ab. Damit würden künftig zwölf Prozent der Direktzahlungsmittel als Umverteilungsprämie zugunsten der ersten 60 Hektar eingesetzt. Die Beschlüsse sehen ferner eine Abkehr vom generellen Verzicht auf gekoppelte Zahlungen vor. Zur Unterstützung der Schaf-, Ziegen- und Mutterkuhhalter sollen gekoppelte Tierprämien von 30 Euro pro Mutterschaf und Ziege sowie von 60 Euro pro Mutterkuh eingeführt werden.
Für Junglandwirte zwei Prozent aus 1. Säule
Für die zusätzliche Förderung von jungen Landwirtinnen und Landwirten werden zwei Prozent der nationalen Obergrenze für Direktzahlungen in der 1. Säule bereitgestellt. Dies ermöglicht eine Förderung in der Höhe von rund 70 Euro pro Hektar für bis zu 120 Hektar je Betrieb. Geeinigt haben sich die Ministerinnen und Minister schließlich auf eine Neuverteilung der Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Gegenüber dem bisherigen Schlüssel müssen die neuen Länder künftig deutliche Einbußen hinnehmen. 
Hauk: „Wir können damit leben”
„Wir können damit leben”, kommentierte Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister und Sprecher der Unionsministerinnen und -minister, Peter Hauk, die beschlossene stärkere ökologische Ausrichtung der GAP. Der CDU-Politiker sprach von einer „Abkehr von der reinen Einkommensstützung über Flächenprämien”. Ein „Ärgernis” sei aus seiner Sicht der Verzicht auf eine Kappung und Degression der Direktzahlungen. Damit stehe man im Widerspruch zum breiten gesellschaftlichen Wunsch nach einer stärkeren Unterstützung von kleinen und mittleren Betrieben. Hauk sagte voraus, dass diese Frage in Zukunft auf der politischen Tagesordnung bleiben werde. „Insgesamt bedeuten die Beschlüsse eine große Herausforderung für die Landwirtschaft. Deshalb wird entscheidend sein, dass die Ökoregelungen pragmatisch ausgestaltet werden, um eine hohe Akzeptanzquote zu erreichen”, betonte der Minister.
 Bundesministerin Klöckner bezeichnete die Festlegung auf 25 Prozent der Direktzahlungen für Eco-Schemes als „realistisch”. Dieser Kompromiss zeichne sich auch auf europäischer Ebene in den Trilog-Gesprächen ab. Zurückhaltend äußerte sich die Ministerin zur Umschichtung von letztlich 15 Prozent der Ersten in die Zweite Säule. Die höhere Umschichtung werde zu Einschnitten bei den konventionellen, aber auch den ökologisch wirtschaftenden Betrieben sorgen. Hier gelte es, die Gelder in der Zweiten Säule landwirtschaftsnah einzusetzen, etwa für investive Maßnahmen oder das Risikomanagement gegen Wetterextreme. Enttäuscht zeigte sich Klöckner, dass die grüne Seite eine stärkere Förderung kleinerer Betriebe durch das Einziehen einer Obergrenze bei den Direktzahlungsmitteln verhindert habe. Insgesamt sei der parteiübergreifende Beschluss aber „ein klares Signal an die Bundesumweltministerin”.
Kritik vom DBV
DBV-Präsident Rukwied kritisierte scharf eine massive Mittelumschichtung von der Ersten in die Zweite Säule „ohne wirkliche Garantie, dass diese Gelder  vollständig an die Landwirte fließen”. Außerdem verringere sich die Einkommenswirkung der Direktzahlungen drastisch um eine geschätzte Größenordnung von 40 Prozent. Laut Rukwied können diese  Einschnitte dadurch abgemildert werden, wenn durch die Ausgestaltung der Eco-Schemes und der Agrarumweltmaßnahmen in der Zweiten Säule sichergestellt werde, „dass die umgewidmeten Mittel  tatsächlich in der Landwirtschaft ankommen”. Dafür habe der DBV Vorschläge für einfach umsetzbare, attraktive und wirksame Umweltmaßnahmen mit wirtschaftlichen Anreizen vorgelegt. „Dann können die Landwirte für rund 1,8 Milliarden Euro zusätzliche Umweltleistungen erbringen”, stellte der Bauernpräsident fest. Positiv ist für Rukwied der Verzicht auf Kappung und Degression der Direktzahlungen. Zugleich solle es einen „maßvollen Zuschlag” für die ersten Hektare geben. Unter dem Strich bleibe jedoch ein schmerzhafter Kompromiss, „der zwar erste Rahmenbedingungen bis 2027 setzt, aber den Strukturwandel weiter beschleunigen wird”. 
Für Räpple ist entscheidend, was bei den Landwirten ankommt
Die Einigung der Agrarministerkonferenz (AMK) zur Umsetzung der GAP-Reform in Deutschland bewertet BLHV-Präsident Werner Räpple in einer ersten Reaktion  insgesamt positiv mit einem Schuss Zurückhaltung und Kritik in einigen Punkten. So betrachtet er zwar die erhöhten  Anteilen an den Direktzahlungen für Eco-Schemes (Umwelt-maßnahmen) und die höheren Prozentsätze für Umschichtung in die Zweite Säulle kritisch; blickt aber bereits nach vorne: „Für unsere Bäuerinnen und Bauern kommt es jetzt auf die Angebote an. Die Betriebe müssen die Möglichkeit haben, die Mittel abrufen zu können. Und die Angebote müssen für unsere Betriebe unkompliziert und praktikabel umsetzbar sein.  Sehr wichtig ist auch, dass die Mittel für die Umschichtung in der Landwirtschaft bleiben.”
Positiv bewertet der BLHV-Präsident die Besserstellung der ersten Hektare bei den Prämien. „Das ist ein Erfolg für den BLHV”, betont Räpple und erinnert daran, dass der BLHV das schon forderte, als er damit in Deutschland „allein auf weiter Flur” war.
Bei der Junglandwirteförderung tritt Räpple dafür ein, „diese am Zukunftskonzept des Hofes zu orientieren und nicht an der Betriebsgröße”. Er wünscht sich hier eine Art Startprämie für Zukunftsinvestitionen. Der Beschluss der AMK verharre hier zu stark in der Statik der Direktzahlungen, nach der größere Betriebe stärker profitieren als kleinere. Das müsse man nochmal überarbeiten. „Gerade bei uns gibt es  zahlreiche kleinere Betriebe, die diversifiziert aufgestellt sind. Sie warten  mit guten Konzepten auf, mit denen sie die Zukunft meistern wollen, brauchen dafür aber Unterstützung.” Einen Seitenhieb kann sich Räpple bei der AMK  auf die anhaltende Blockadehaltung der grünen Länderminister bis zum vorigen Wochenende nicht verkneifen: „Sie treten für strukturelle Vielfalt ein, haben aber Vorschläge blockiert, die diese fördern sollen.”