Die gegensätzlichen Positionen in Deutschland zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sind in der vergangenen Woche einmal mehr deutlich geworden. Bei der Agrarministerkonferenz (AMK) verzichteten die Länderminister allerdings weitgehend auf eine Detaildiskussion.
Weil die finanziellen Rahmenbedingungen für eine neue GAP noch nicht klar sind, verzichteten die Länderminister bei ihrer Konferenz (AMK) auf
detaillierte Diskussionen darüber.
Als Voraussetzung für eine Detaildiskussion müssten die finanziellen Rahmenbedingungen in der neuen Förderperiode klar sein, sagte der saarländische Fachminister Reinhold Jost am 8. Mai nach Ende der AMK, die diesmal als Videokonferenz stattfand. „Wir brauchen Entscheidungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen”, unterstrich der AMK-Vorsitzende.
Einig über zweijährige Übergangsphase
Einig seien sich die Länderminister
in der Einschätzung, dass es nach Ablauf der aktuellen EU-Förderperiode
Ende 2020 eine Übergangsphase von zwei Jahren geben werde. Der
AMK-Vorsitzende hält indes an seinem Vorhaben fest, auf höchster Ebene
über die Belange von Landwirtschaft und Umwelt bei der anstehenden
Reform zu konferieren.
Für den 28. Mai kündigte der SPD-Politiker einen Austausch der Agrar-
und der Umweltministerkonferenz (UMK) mit den zuständigen EU-Kommissaren
Janusz Wojciechowski und Virginijus Sinkevicius an. „Nach meiner
Überzeugung gibt es keine Unvereinbarkeit zwischen Landnutzung und
Naturschutz”, betonte Jost. Bund und Länder seien sich einig in dem
Ziel, Landwirtschaft flächendeckend in ihrer Vielfalt zu erhalten.
Gleichzeitig sei Landwirtschaft auch Kulturlandschaftspflege.
„Die GAP muss finanziell stabil bleiben, und die Gewichtung zwischen den
beiden Säulen darf nicht weiter zulasten der Ersten Säule verschoben
werden”, mahnte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV),
Joachim Rukwied, anlässlich der Agrarministerkonferenz. Rukwied
bekräftigte seine Forderung, angesichts der Erfahrungen in der
Corona-Krise die agrarpolitischen Prioritäten neu zu setzen. „Die
Ernährungssicherung und die Stärkung der europäischen Landwirtschaft
müssen wieder in den Mittelpunkt der Agrarpolitik rücken”, mahnte der
Bauernpräsident. Erforderlich sei eine stärkere Ausgewogenheit zwischen
einer produktiven und effizienten Landwirtschaft sowie den gesteckten
Umweltzielen.
Basisprämie als Kern
In der GAP müsse auch künftig ein fundamentaler
Anteil der Mittel in der Ersten Säule auf die Basisprämie entfallen,
forderte Rukwied. In den neuen Eco-Schemes der Ersten Säule sehe der DBV
die Chance für einen Ansatz, mit dem die Landwirte zugleich zusätzliche
Umweltleistungen erbringen und einen Einkommensbeitrag erzielen
könnten. Voraussetzung sei, dass die Eco-Schemes einfach und
unbürokratisch umsetzbar seien und nicht zulasten bestehender
Förderprogramme in der Zweiten Säule gingen. Klar müsse bei alledem
allerdings sein, dass eine „grünere”„ Agrarpolitik zwingend ein stabiles
EU-Agrarbudget voraussetze, betonte Rukwied.
In einem Positionspapier zur AMK äußert sich der Bauernverband kritisch
zu vorgesehenen zusätzlichen Auflagen für die Direktzahlungen im Rahmen
der erweiterten Konditionalität. Dies verringere den Einkommensbeitrag
aus der Förderung, belaste die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirte und
schränke die Attraktivität freiwilliger Agrarumweltmaßnahmen ein.
Umsteuern gefordert
Demgegenüber forderten 20 Verbände und Organisationen aus
Landwirtschaft sowie dem Umwelt- und Tierschutz ein Umsteuern in der
EU-Agrarpolitik. Die Länder müssten jetzt die Weichen dafür stellen, die
Ausgestaltung der GAP in Deutschland massiv zu ändern, damit die
landwirtschaftlichen Betriebe den notwendigen Beitrag zur Lösung der
großen Herausforderungen in den Bereichen Klimaschutz und Klimawandel
sowie Umwelt-, Arten- und Tierschutz leisten könnten, heißt es in einer
Erklärung zur AMK. Die Verbändeplattform wirft Bund und Ländern in einem
Positionspapier fehlenden Reformwillen in der Agrarpolitik vor. Kern
der Kritik ist das Festhalten an pauschalen Direktzahlungen unabhängig
davon, ob die Betriebe auf der Fläche oder im Stall Leistungen für
Umwelt und Tierwohl erbringen.
Engagement für eine ambitionierte EU-Agrarpolitik erwartet der Bund
Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) von
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Die Agrarreform bedeute
angesichts des dramatischen Artensterbens, der bedrohlichen Klimakrise
und des anhaltenden Höfesterbens die letzte Chance, „die Landwirtschaft
enkeltauglich zu machen”, erklärte der BÖLW-Vorsitzende Felix Prinz zu
Löwenstein.