Politik | 11. Oktober 2018

Freiheit dankbar und verantwortlich nutzen

Von Walter Eberenz
Auf dem Hof der Familie Kaufmann in Neuenburg-Grißheim richtete der BLHV am Sonntag seine Erntedankfeier aus. Mehrere hundert Besucher kamen zum Gottesdienst in der prächtig mit Erntegaben geschmückten Halle und zum kollegialen Austausch im Anschluss.
Vieles, was in Südbaden wächst, schmückte – liebevoll arrangiert – den Altar für den Erntedank-Gottesdienst mit Landesbischof Professor Jochen Cornelius-Bundschuh. Der evangelische geistliche Würdenträger war regelrecht in die Feldfrüchte eingebettet. Eine zentrale Botschaft aus seiner Predigt lautete, dass wir Menschen die von Gott geschenkte Freiheit dankbar nutzen und dabei verantwortlich mit ihr umgehen sollen.
Als „Ineinandergreifen von göttlichem und menschlichem Wirken” wollte der evangelische Landesbischof Professor Jochen Cornelius-Bundschuh das menschliche Dasein überhaupt und besonders das der Bauern verstanden wissen. „Erntedank lehrt uns, dass Himmel und Erde zusammengehören”, betonte er. Der Bischof und Pfarrer Hermann Witter, Kirchlicher Dienst Land, gestalteten den Erntedank-Gottesdienst des BLHV gemeinsam.
„Erntedank stärkt unser Gottvertrauen und schenkt uns Freiheit”, fuhr Cornelius-Bundschuh in seiner Predigt fort. Damit meinte er aber nicht jede beliebige Freiheit. „Was Gott uns schenkt, ist die Freiheit, verantwortlich zu handeln”, unterstrich der Bischof.
„Wir brauchen einander”
Die Fragen dazu und die Wege müsse sich jeder stellen, beantworten und finden. Dies im Alleingang zu tun, empfahl er allerdings nicht: „Wir sind aufeinander angewiesen – wir brauchen einander”, so seine Botschaft. Die Kirche könne  unterstützend wirken, indem sie die Menschen in ihrem Glauben stärke, damit sie den Mut zu verantwortlichen Entscheidungen finden. Cornelius-Bundschuh riss an, was er unter verantwortlich versteht: „Wichtig ist, dass auch die Schwächsten zu ihrem Recht kommen.”
Peter Kaufmann als Vertreter der Gastgeberfamilie stellte die Betriebshistorie und die besonderen Verhältnisse der „Hardt” für das Wirtschaften vor.
Dabei erinnerte er daran, dass Menschen vor 200 Jahren aus Südbaden flüchteten, weil es hier zum Leben nicht mehr reichte. „Heute kommen sie zu uns”, so der Bischof.
Unter verantwortlichem Handeln versteht Cornelius-Bundschuh zudem, die Welt und somit auch die Landwirtschaft „enkeltauglich” zu machen.
Als Peter Kaufmann von der Gastgeberfamilie seinen Hof in dritter Generation vorstellte und die Herausforderungen der „Hardt” beschrieb, auf der er sich befindet, kam auch er auf die Auswanderer gegen Ende des 18. Jahrhunderts zu sprechen, „weil es für viele nicht mehr zum Leben gereicht hat”. Der Betrieb der Kaufmanns entwickelte sich vom ehemals typischen kleinen Gemischtbetrieb mit Viehhaltung zum heute ebenfalls ortstypischen Hof mit Saatmais, Konsummais und Frühkartoffeln.
„Wo stehen wir – wie geht es weiter?”
Beifall erhielt Peter Kaufmann, als er zum Abschluss einen Kehrvers vortrug, der so endete: „Wagt euch zu den Ufern und stellt euch gegen den Strom.”
BLHV-Präsident Werner Räpple blickte auf das für viele Bauern sehr schwierige Erntejahr 2018 zurück. Dennoch sei man in Südbaden insgesamt noch „mit einem blauen Auge” davongekommen.
BLHV-Präsident Werner Räpple hob darauf ab, dass Erntedank für Bauernfamilien Anlass ist, innezuhalten: „Wo stehen wir – wie geht es weiter?” Er blickte auf das von der langen Dürreperiode geprägte Vegetationsjahr zurück und benannte die Futterverluste für die Tierhalter und die Ernteverluste für die Maiserzeuger als besonders problematisch. Auf der anderen Seite habe Getreide nicht so gelitten. Winzer und Obstbauern erzielten große Ernten. „Wir sind noch mit einem blauen Auge davongekommen”, bilanzierte er für Südbaden im Vergleich zu anderen Regionen im Norden und Nordosten Deutschlands.
Schwierigkeiten, besonders bei großen Ernten, bereite Südbadens Bauernfamilien die Markt- und Preissituation. Räpple forderte ein stärkeres Eintreten des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) für die Erzeugnisse aus der Region ein: „Wir brauchen den LEH und die Verbraucher auf unserer Seite.”
Die Landwirtschaft habe in der Vergangenheit die wissenschaftlich-technischen Fortschritte zu nutzen gewusst. Hungersnöte seien kein Thema mehr, wie noch vor 200 Jahren, als die Not letztlich zur Gründung der Universität Hohenheim und des Landwirtschaftlichen Hauptfests (LWH) in Stuttgart führte. Daran erinnerte Räpple anlässlich der Jubiläen der Universtät und des LWH in diesem Jahr.
Räpple dankte abschließend allen Beiteiligten für die gelungene Ausrichtung des Erntedankfestes.
Die Erntedankfeier des BLHV zog mehrere hundert Besucher an. Im Vordergrund links Mitglieder der Grißheimer Bauernfamilie Kaufmann, in deren Halle die Feier mit Gottesdienst stattfand.
So besonders dem örtlichen Musikverein für die Bereicherung des Gottesdienstes und den Grißheimer Landfrauen. Sie sorgten dafür, dass es zu den angeregten Gesprächen nach dem Gottesdienst Nahrhaftes und Schmackhaftes aus der Region gab.