„Beim Thema FIONA ist die Situation absolut unbefriedigend”, fand Dieter Blaeß. Der Abteilungspräsident für Landwirtschaft am Freiburger Regierungspräsidium referierte letzte Woche bei der Offenburger BLHV-Kreisversammlung in Nesselried.
Dieter Blaeß (links) musste sich vom BLHV-Kreisvorsitzenden Franz Josef Müller einiges an Kritik an der Agrarverwaltung anhören.
Blaeß akzeptierte damit die Kritik des BLHV-Kreisvorsitzenden Franz Josef Müller, der die zögerlich funktionierende elektronische Antragsübermittlung anprangerte. Die Umstellung auf das neue Programm PIA habe zu technischen Ablaufproblemen geführt, weil es auf den Großrechenanlagen noch nicht richtig laufe, erklärte Blaeß.
Müller nannte gegenüber Blaeß noch weitere Baustellen und machte die Feststellung, dass der agrarpolitische Zugang zur Landesregierung insgesamt schwieriger geworden sei, weil man dort mehr auf die Umweltverbände höre. Das gelte beim Thema Krähenjagd ebenso wie auch bei der Bewirtschaftung von Gewässerrandstreifen, wobei man in der niederschlagsreichen Vorbergzone jede Quelle beachten muss, wenn es um die Ausbringung von Handelsdünger, Gülle und Pflanzenschutzmitteln gehe.
Wichtigster Kritikpunkt aber ist für Müller die Einführung des Mindestlohns mit der dazu erforderlichen Dokumentationspflicht und deren Überwachung.
Blaeß räumte zwar ein, dass in kaum einem anderen Wirtschaftszweig die bürokratische Überfrachtung derart hoch ist wie im Landwirtschaftssektor, warnte aber gleichzeitig auch davor, die Dokumentationspflicht und Kontrollintensität außerhalb der Landwirtschaft zu unterschätzen.
Zum Thema Mindestlohn erinnerte er daran, dass die Saisonarbeiter und deren günstiges Lohnniveau in den letzten Jahren den eigenen Familienarbeitskräften „einen riesigen Einkommensschub” verliehen hätten. Das aber könne sich jetzt ändern.
Eindringliche Warnung
Blaeß belegte das für den Obstbau anhand von Wirtschaftlichkeitsberechnungen und kam zu dem Ergebnis, dass in diesem Sonderkulturbereich die erzielbaren Deckungsbeiträge je Arbeitsstunde im Bereich zwischen 12 und 18 Euro liegen. Für Blaeß war dieses Niveau Anlass für eine eindringliche Warnung. Er machte klar, dass von diesen Messzahlen mindestens noch der Anteil der Festkosten abgezogen werden muss, der zwischen 20 und 50 Prozent liege. „Da bleibt bei manchen schon jetzt nicht mehr viel übrig”, konstatierte er. Wird jetzt die Mindestlohnhöhe im vorliegenden Rahmen umgesetzt, so wird es nach Einschätzung von Dieter Blaeß für einige Betriebe eng, insbesondere solche, die „miserabel wirtschaften und viel Arbeitsaufwand einsetzen”. Deshalb werde der Mindestlohn den Strukturwandel beschleunigen.
Insgesamt werde das Wirtschaften schwieriger, weil die Umtriebszeiten der Dauerkulturen zurückgehen müssten, der Konkurrenzkampf wachse und ebenso auch die Intensität und Spezialisierung. Heidelbeeren und Himbeeren beispielsweise könnten nur noch im geschützten Anbau betrieben werden, weil auch die Kirschessigfliege zu beachten sei. Die Investitionen in die Intensivierung könnten von kleinen und extensiven Nebenerwerbsbetrieben kaum mehr getragen werden.
Blaeß, der vormals das Offenburger Landwirtschaftsamt geleitet hatte, zeigte sich überzeugt davon, dass leistungsfähige heimische Obstbaubetriebe weiterhin erfolgreich am Markt bleiben werden. Er appellierte an Erzeuger und Erzeugerorganisationen, die gebotenen öffentlichen Fördermittel zu nutzen. Angesichts der Förderpraxis mahnte Blaeß abschließend, die mit der Erzeugerorganisation vereinbarte Andienungspflicht unbedingt einzuhalten.