Agrarpolitiker verschiedener Parteien drängten mit Blick auf die Sondersitzung der EU-Agrarminister in Brüssel (siehe Seite 8) auf Hilfen insbesondere für die Milcherzeuger.
Der Agrarsprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Franz-Josef Holzenkamp, und der zuständige Berichterstatter, Kees de Vries, haben kurzfristige und konkrete Hilfsmaßnahmen für den Milchsektor gefordert. In der aktuellen Situation sei es vor allem wichtig, die Liquidität der landwirtschaftlichen Betriebe zu sichern, erklärten Holzenkamp und de Vries vergangene Woche in Berlin. Die CDU-Politiker sprechen sich deshalb dafür aus, die diesjährigen Direktzahlungen für die Landwirte so früh wie möglich auszuzahlen. Zudem müssten die Mittel aus der Superabgabe zur Unterstützung der Milcherzeuger genutzt werden. Handlungsbedarf sehen Holzenkamp und de Vries darüber hinaus im Exportbereich, für den sie sich von der EU Maßnahmen zur Absatzförderung und zur Erschließung neuer, kaufkräftiger Exportmärkte wünschen. Die Agrarsprecherin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Marlene Mortler, plädierte zusätzlich für eine Entlastung der Bauern bei den Sozialbeiträgen.
Noch weitergehende Forderungen kamen von der agrarpolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Kirsten Tackmann, und ihrem Amtskollegen von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Friedrich Ostendorff, die sich für einen grundlegenden Systemwechsel und eine bedarfsgerechtere Milchproduktion aussprachen. Eine wie auch immer geartete Mengenbeschränkung ist nach Einschätzung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) jedoch keine geeignete Methode zur Marktstabilisierung. Bekanntlich anders sieht dies der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM), der zuvor mit einer achttägigen Staffelfahrt und einer Abschlussdemonstration in München mit mehr als 3000 Milchviehhaltern aus dem ganzen Bundesgebiet auf die prekäre Situation der Milcherzeuger im Land aufmerksam gemacht hatte.
Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Alexander Bonde erneuerte seine Forderung an die Bundesregierung, sich für ein EU-weites Sicherheitsnetz einzusetzen. Nach seiner Darstellung ist die Entwicklung auf dem Milchmarkt insbesondere für die bäuerlichen Familienbetriebe dramatisch. Gerade diese benötigten jedoch eine wirtschaftliche Perspektive, weil sie sich um Kulturlandschaft und Artenvielfalt verdient machten, betonte Bonde.
Der Deutsche Bauernverband sieht vor allem die Politik und die Beteiligten der Wertschöpfungskette selbst in der Verantwortung. Angesichts der anhaltenden Verwerfungen am Milchmarkt bekräftigte er seine Forderung, neue Exportmärkte zu erschließen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Milchwirtschaft auch in schwierigen Marktphasen zu sichern. Einer marktpolitisch verordneten Produktionsbeschränkung erteilte der DBV erneut eine Absage. Nach seiner Darstellung müssen vielmehr die Beteiligten der Wertschöpfungskette ihre Auffassung zum Wert von Lebensmitteln ändern.