Politik | 12. Dezember 2019

EU-Agrarpolitik soll den Klimaschutz stärken

Von AgE
Eine stärkere Einbindung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in die Klimaschutzmaßnahmen der kommenden Jahre hat der zuständige leitende Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, angekündigt.
Die EU-Kommission will die Landwirtschaft stark in den „Green Deal” einbinden, den die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Amtsantritt als Arbeitsschwerpunkt angekündigt hat.
Anlässlich des Berichts der Europäischen Umweltagentur (EUA) „Zustand der Umwelt in Europa 2020” erklärte der Niederländer am 5. Dezember, dass auch die Landwirtschaft ihren Teil zur Lösung der Klimaprobleme beitragen müsse. In diesem Zusammenhang hob Timmermans zudem hervor, dass die künftige GAP im Verhältnis zu anderen EU-Politikfeldern nicht an den Rand gedrängt werden dürfe.
Nachhaltig und gesund
Hauptaufgabe der europäischen Agrarpolitik sei es, in enger Kooperation mit den Bauern für Qualität der Nahrungsmittel, ökologische Nachhaltigkeit und Gesundheit der Bürger in Europa zu sorgen. Zugleich stellte der Kommissar aber auch klar, dass der GAP zudem eine soziale Rolle zukomme; es müsse sichergestellt werden, dass die ländlichen Gebiete in der EU beim Projekt des Green Deal „mitgenommen” würden.
Derweil kündigte Timmermans für diesen Mittwoch die erste Mitteilung zum Green Deal an. Darin würde es unter anderem erste Hinweise dazu geben, wie die Landwirtschaft einen Beitrag zur Lösung leisten könne. Des Weiteren erklärte der Klimakommissar, dass unter Umständen auch Tierbestände reduziert werden müssten.
Timmermans bekräftigte, dass die Europäische Union ihre Klimaziele für 2030 nicht erreichen werde, wenn in den nächsten zehn Jahren die dringend gebotenen Maßnahmen gegen den alarmierenden Rückgang der Artenvielfalt, die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels und den übermäßigen Verbrauch natürlicher Ressourcen nicht in Angriff genommen würden. Zuvor hatte die EUA in ihrem Bericht deutlich gemacht, dass ein Kurswechsel dringend erforderlich sei, „um dem Klimawandel zu begegnen, die Zerstörung der Umwelt zu stoppen und künftigen Wohlstand zu sichern”.
Laut dem EUA-Papier haben sich die Umwelttrends in Europa seit dem vorherigen Umweltbericht der Kopenhagener Behörde von 2015 nicht verbessert. Allerdings bestehe immer noch die Möglichkeit zur Erreichung der längerfristigen Vorgaben und Ziele für 2030 und 2050, jedoch nicht mit dem aktuellen Tempo der Fortschritte.
Verlangsamter Fortschritt
Anerkennend wird hervorgehoben, dass bedeutende Erfolge bei der Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft erzielt worden seien. Die jüngsten Entwicklungen deuteten jedoch auf eine Verlangsamung des Fortschritts in Bereichen wie der Reduzierung der Treibhausgasemissionen, der Industrieemissionen und des Abfallaufkommens sowie der Steigerung der Energieeffizienz und des Anteils erneuerbarer Energien hin.
Als „wenig ermutigend” bezeichnet die EU-Umweltagentur die Fortschritte beim Schutz und Erhalt der biologischen Vielfalt und der Natur in Europa. Von den 13 spezifischen Politikzielen für 2020 in diesem Bereich könnten nach Einschätzung der EUA nur zwei erreicht werden: die Ausweisung von Schutzgebieten auf den Meeren und an Land. So seien 77 Prozent der natürlichen Lebensräume in der EU in einem schlechten Zustand, zudem sollen 60 Prozent der in der Gemeinschaft geschützten Arten bedroht sein.
Brüssel will drastisch an den Pflanzenschutz ran
Die neue EU-Kommission will den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel in der Europäischen Union bis zum Jahr 2030 halbieren. Das geht zumindest aus einem Dokument der Brüsseler Behörde über die Zielmarken des „Green Deal” hervor, das am Mittwoch dieser Woche in Brüssel vorgestellt werden sollte. Laut dem  vorliegenden Papier soll es auch eine Reduzierung des Düngemitteleinsatzes sowie eine Ausweitung der ökologisch bewirtschafteten Fläche geben. Konkrete Zielwerte für diese beiden Parameter stehen aber derzeit offenbar noch nicht fest.
Im Rahmen der ab Frühjahr 2020  vorgesehenen Strategie „From farm to fork” („vom Bauernhof zur Gabel”) ist zudem geplant, mit Nachdruck an der Entwicklung von Alternativen für chemische Pflanzenschutzmittel zu arbeiten. Darüber hinaus sollen „innovative Wege” zur Anpassung an den Klimawandel und zur Verbesserung der Nachhaltigkeit beschritten werden, beispielweise durch neue Techniken der Genomforschung.
Vorgesehen ist auch die Vorlage einer EU-Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2030. Darin soll die Vision der Gemeinschaft skizziert werden, wie weltweit ein ehrgeiziger globaler Rahmen für den Erhalt der Artenvielfalt festgelegt werden kann.
Ein weiterer Teil des Green Deal ist die Vorbereitung einer neuen EU-Forststrategie, die das Ziel verfolgt, die Wälder in Europa aufzuforsten. Außerdem sollen Maßnahmen zur Unterstützung von entwaldungsfreien Wertschöpfungsketten im Zusammenhang mit Importen aus Drittstaaten beschlossen werden.
Unter ihrer neuen Präsidentin Ursula von der Leyen will die Kommission zudem geostrategische Bündnisse zur Bekämpfung des Klimawandels schmieden. So sollen ab sofort alle Freihandelsabkommen der EU mit Drittstaaten rechtsverbindlich die beiderseitige Anerkennung des Pariser Klimaabkommens enthalten. Geplant sind sogenannte „Grüne Allianzen” mit dem Westbalkan sowie ein „Energieplan” mit Afrika.
In ihrer Gesamtheit sollen die Maßnahmen des Green Deal unter politischer Federführung des leitenden Vizepräsidenten und Klimakommissars Frans Timmermans bis zum Jahr 2050 zur Treibhausgasneutralität der EU führen. Bereits im Jahr 2030 sollen 50 Prozent der ausgestoßenen Treibhausgase in CO2-Äquivalenten zurückgefahren worden sein.