Es rechnet sich, die Himbeeren zu schützen
Nicht überraschend ist, dass mit zunehmendem Aufwand der Ertrag steigt. So nahm die Himbeerernte von einer Freilandpflanzung im Boden (rund 125 kg/100 m²) über eine durch Regenkappen geschützte Topfpflanzung (rund 190 kg/100 m²) bis zu einer Pflanzung der Himbeeren im Topf in einem Folientunnel (rund 310 kg/100 m²) deutlich zu.
Die Regenkappen schützen die Himbeeren vor Nässe von oben und tragen somit dazu bei, Pilzkrankheiten – insbesondere Botrytis – zu minimieren. Noch besser sind die Himbeeren im Folientunnel geschützt. Zudem ermöglicht der Tunnel eine entscheidende Verfrühung der Ernte, wodurch sich zu Beginn der Himbeersaison deutlich höhere Preise erzielen lassen als später. Durch ungenügende Lüftung kann aber im Folientunnel ein feuchtwarmes Klima entstehen, das wiederum Pilzkrankheiten begünstigt. Muster wies daher darauf hin, dass es sinnvoller sei, den Tunnel gut zu lüften, als die Ernte maximal zu verfrühen.
So brachten Früchte, die in geschützten Verfahren angebaut worden waren, durchschnittlich etwa 6 g auf die Waage, unabhängig davon, ob sie mit Regenkappen im Topf oder in Folientunneln im Topf erzeugt worden waren.
Himbeeren, die man im Freiland in den Boden gepflanzt hatte, wiesen dagegen im Schnitt lediglich ein Einzelfruchtgewicht von gut 5 g auf. Dies klingt zunächst nach einem eher geringen Unterschied; ein um etwa 20 Prozent höheres Einzelfruchtgewicht erhöht aber die Pflückleistung beträchtlich und trägt damit dazu bei, die Wirtschaftlichkeit des Himbeeranbaus insgesamt zu verbessern. Denn bei einem Einzelfruchtgewicht von 5 g benötige man 50 Himbeeren, um eine 250-Gramm-Schale zu füllen, bei einem Gewicht von 6 g dagegen nur 42.
Im Übrigen sinkt die Fruchtgröße nach Musters Erfahrungen im Ernteverlauf. Die Weinsberger Forscherin ermittelte bei der Sorte Tulameen im Tunnelanbau um den 10. Juni ein Einzelfruchtgewicht von etwa 8 g. Einen Monat später wogen die einzelnen Früchte nur noch etwa 4,5 g. Die Fruchtgröße hängt außerdem von der Standzeit der Kultur ab. Einjährige Himbeerkulturen haben deutlich höhere Fruchtgewichte als dreijährige. Außer der Fruchtgröße hängt die Pflückleistung laut Muster von der Einheitlichkeit von Bestand und Fruchtbehang, von der Zapfenlöslichkeit, der Pflückbarkeit, der Erntedauer und der Witterung ab.
Wenn es im Sommer richtig warm wird und die Temperaturen über 30 °C ansteigen, reicht eine Lüftung des Folientunnels unter Umständen nicht mehr aus. „Dann muss man entweder schattieren oder mit Nebelsprühgeräten Verdunstungskälte erzeugen”, sagte Muster. Denn die optimale Temperatur für Himbeeren liege bei etwa 25 °C. Kalkhaltiges Wasser sei hierfür aber nicht geeignet. Denn dann bildeten sich auf Blättern und Früchten unschöne Beläge.
Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart wies auf und in einheimischem Kern- und Beerenobst im Mittel 5,9 Wirkstoffe in einem Untersuchungszeitraum von fünf Jahren nach, bei Steinobst waren es durchschnittlich 4,8. Bei exotischen Früchten dagegen wurden im Mittel im selben Zeitraum nur 2,2 Wirkstoffe gefunden. Allerdings wurden bei exotischen Früchten nicht selten die Höchstmengen von Insektiziden überschritten, die im deutschen Anbau gar nicht zugelassen sind, etwa beim Wirkstoff Carbaryl aus der Stoffklasse der Methylcarbamate. Zwar werden die zulässigen Höchstmengen bei einheimischem Obst sehr selten überschritten, berichtet das CVUA. „Dennoch kann beim Verbraucher der falsche Eindruck entstehen, dass infolge der geringeren Anzahl gefundener Wirkstoffe exotische Früchte gesünder sind als einheimisches Obst”, bedauerte Diehl.
Der Obstbau-Pflanzenschutz-Experte erläuterte, dass in absehbarer Zeit viele, teils äußerst wichtige Pflanzenschutzmittel wegfallen werden (siehe Tabelle). Besonders betroffen sind davon die Insektizide. „Nach dem Ende der Zulassung dürfen Pflanzenschutzmittel noch ein halbes Jahr lang abverkauft werden”, sagte er. „Danach gilt eine Aufbrauchfrist von einem Jahr.
Durch die hohen Personalkosten seien viele Verfahren des Himbeeranbaus in Deutschland am Rande der Wirtschaftlichkeit oder vollkommen unwirtschaftlich. Die Pflückleistung pro Stunde ist daher eines der entscheidenden Kriterien für die Wirtschaftlichkeit des Himbeeranbaus. Der geschützte Anbau hat – aufgrund der größeren Früchte – eine höhere Pflückleistung zur Folge. Außerdem sind im geschützten Anbau mit long canes Terminkulturen möglich, wodurch der Himbeerproduzent den Markt früher beliefern kann und von deutlich höheren Preisen profitiert.
„Terminkulturen im Topf mit long canes im geschützten Anbau bieten die Chance, aus dem Preiskeller herauszukommen, und sind trotz der hohen Kosten für Pflanzgut und Folientunnel daher häufig ökonomisch sinnvoller als der Himbeer-Anbau im Freiland mit Bodenkultur”, sagte Michelfelder. „Daueraufgaben für Himbeererzeuger bleiben ein zielführendes Marketing im Land der Schnäppchenjäger und die Kostenkontrolle nie aus den Augen zu verlieren.”