Tierhaltung | 26. März 2015

Es könnten mehr verkauft werden

Von Stefan Simon
Die Nachfrage nach Öko-Schweinen ist hoch. Neue Mäster, aber auch Ferkelerzeuger werden von Naturland insbesondere in Süddeutschland gesucht. Hier haben verschiedene regionale Lebensmitteleinzelhändler und Verarbeitungsunternehmen Gebietskulissen ausgewiesen.
Während  der konventionelle Mastschweinepreis  gerade  mal wieder ein historisches Tief erreicht hat, werden im Ökomarkt mindestens 3,25 Euro/kg gezahlt. „Gerade in den süddeutschen Regionen ist für Verbandsware aus der Gebietskulisse zusätzlich ein Aufschlag von knapp 25 Cent zu erzielen”, weiß Tomás Sonntag. Der erfahrene Vermarkter ist seit 19 Jahren Ressortleiter für tierische Produkte bei der Naturland Marktgesellschaft, die jährlich gut 40 000 Öko-Schweine vermarktet und damit in Deutschland wichtigster Akteur in diesem Bereich ist. Der Selbstversorgungsgrad bei Öko-Schweinefleisch liegt in Deutschland derzeit übrigens bei  75 Prozent. Pro Mastplatz und Jahr können laut Naturland bei 2,3 Umtrieben 85 bis 135 Euro Deckungsbeitrag erzielt werden, je nach den Kosten für den Stallum- oder -neubau. Der Deckungsbeitragsrechner der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft bietet hier gute Hinweise für eine erste Kalkulation.
Öko-Schweine bringen mehr Geld als konventionelle Tiere, doch ihre Erzeugung kostet auch mehr. Ob sich die notwendigen Umbaumaßnahmen rechnen, klärt man am besten mit einem Ökoberater.

Marktschwankungen gering
Im Vergleich zum konventionellen Schweinemarkt, der dem immer wieder zitierten „Schweinezyklus” unterliegt, sind die Marktschwankungen in der ökologischen Produktion wesentlich geringer, was  den großen Vorteil eines langjährigen konstanten Abnahmepreises hat. Doch die Futterpreise von Öko-Getreide und Leguminosen unterliegen einem erntebedingten Auf und Ab. Eine Umstellung muss gut geplant und die Investitionen für den Umbau müssen genau kalkuliert  werden. Denn   Öko-Tiere dürfen nicht auf Vollspaltenböden gehalten werden  und ein Auslauf ist obligatorisch. Öko-Tiere benötigen somit etwa die dreifache Fläche wie konventionell gehaltene Artgenossen.
„Landwirte, die vor einem Wachstumsschritt stehen, haben die Wahl, ob sie in mehr  Tiere oder eine artgerechte Haltung mit einem höheren Preis investieren”, sagt Jürgen Herrle, Fachberater beim Naturland Erzeugerring in Dießen am Ammersee. Der 39-Jährige  ist seit 15 Jahren Berater für die ökologische Schweineproduktion. Der Autor und Projektleiter des KTBL-Handbuchs „Ökologische Schweinehaltung” hat deutschlandweit über 200 Landwirte beim Um- und Neubau von Ställen begleitet.
„Bevor sich jemand zu viele Gedanken über eine Umstellung macht, sollte er eine kostenlose Erstberatung vor Ort in Anspruch nehmen”, rät Herrle. „Drei Stunden auf dem Hof bringen mehr Klarheit als zwei Monate selbst recherchieren und nachdenken.” Er weiß aus Erfahrung, wie groß die Befürchtungen der Tierhalter sind, einen Umbau in Angriff zu nehmen. Meist kann man diese ausräumen und ein gutes Konzept mit den Landwirten erarbeiten. Doch eine Beratung erscheint hier besonders wichtig, da die Tiere anders geführt werden müssen als in der konventionellen Haltung. Ein optimales Fütterungs-, Auslauf- und Kot-Management sind unumgänglich, um gesunde Tiere und gute Tageszunahmen zu erzielen. „Die Tageszunahmen der Öko-Tiere unterscheiden sich übrigens nicht wesentlich von den Mastleistungen der konventionellen Kollegen”, so Herrle. 
FAKT fördert Umbaumaßnahmen
Eine Umstellung benötigt mindestens zwei Jahre, denn die Tiere müssen auch ökologisch ernährt werden. Umbauten von Altställen können ab 200 Euro pro Mastplatz realisiert werden. Ein Neubau kostet hingegen bis zu 1000 Euro pro Platz.
Besonders in Bayern und Baden-Württemberg gibt es eine sehr gute Unterstützung durch den Staat. So sieht das neue FAKT-Programm in Baden-Württemberg Umstellungsprämien von 350 Euro pro Jahr und Hektar vor und honoriert besonders artgerechte Haltungsverfahren mit bis zu 14 Euro je  erzeugtem Mastschwein.  Baumaßnahmen werden mit bis 40 Prozent gefördert und helfen dem Landwirt beim Einstieg.
Darüber hinaus empfiehlt der Berater auch einen Besuch bei bereits ökologisch wirtschaftenden Kollegen: „Man muss es in der Praxis gesehen haben, um eine Entscheidung zu treffen.” Jedes Jahr organisiert die Naturland-Fachberatung Fahrten, um Betriebe im In- und Ausland zu besichtigen. Dieses Jahr wieder am 5. und 6. Juni.Vermarktung über die Erzeugergemeinschaft Auf einen wichtigen Aspekt weist  Tomás Sonntag von der Naturland Marktgesellschaft hin. Die Organisation ist zu 100 Prozent in Bauernhand und wird vom Naturland-Verband, wie die liefernden Landwirte auch, unabhängig zertifiziert.   „Bei der Vermarktung tritt die Erzeugergemeinschaft als Bündler auf. So sind wir nicht nur auf einen Abnehmer angewiesen, der uns die Preise diktieren kann.”
Die Naturland Marktgesellschaft verkauft nicht nur das Endprodukt Schwein, sondern kümmert sich auch um den Bezug von Öko-Ferkelpartien. Der Ferkelpreis ist an den erlösten Mastschweinepreis gekoppelt. Dieser wird von Mästern und Ferkelerzeugern gemeinsam festgelegt. Eine Besonderheit von Naturland selbst auf dem Öko-Markt. Damit unterliegt die Ferkelerzeugung keinen eigenen Marktschwankungen, sondern geht im Gleichschritt mit den Mästern im fairen Verhältnis rauf oder runter.


 
Interessiert?
Wer Näheres wissen möchte über die Öko-Schweinehaltung gemäß den Naturland-Richtlinien, kann sich wenden an: Jürgen Herrle, Naturland-Fachberater Schweineproduktion, E-Mail: j.herrle@naturland.beratung.de oder Tomás Sonntag, Marktgesellschaft mbH der Naturland Betriebe, t.sonntag@naturland-markt.de, Telefon 08137/9318-775.