Betrieb und Wirtschaft | 08. August 2024

Die Ernte in Baden fällt durchwachsen aus

Von René Bossert
In Baden wird in diesem Jahr eine Getreideernte mit unterdurchschnittlichen Erträgen eingefahren. Beim Weizen hat ein nicht unerheblicher Teil der Ernte nur Futterqualität. Etwas besser sieht es bei Sommergerste aus.
Gastgeber für die Erntepressekonferenz war in diesem Jahr Wolfgang Fleckenstein (Mitte) vom Forlenhof in Iffezheim. Richard Volz (links) und Holger Löbbert von der ZG berichteten über die Marktlage und die Ernteergebnisse.
Dieses durchwachsene Fazit kurz vor Abschluss der Ernte zog Dr. Richard Volz bei der Ernte-Pressekonferenz der ZG Raiffeisen. Der ZG-Vermarktungschef informierte am Dienstag zusammen mit Vorstand Dr. Holger Löbbert auf dem Forlenhof in Iffezheim. Laut Volz fehlten der ZG bis Wochenbeginn noch etwa 14 % der geplanten Gesamterfassungsmenge. Das Gesamtbild einer unterdurchschnittlichen Ernte dürfte sich dadurch aber nicht mehr verschieben. Besser sind die Erwartungen bei Körnermais: Die Bestände präsentieren sich derzeit so, dass Volz von einer mindestens durchschnittlichen Ernte ausgeht.
Bei Weizen zeigt sich ein heterogenes Bild, wobei Volz insgesamt Erträge spürbar unter  dem langjährigen Durchschnitt sieht. Er erinnerte an die teils anhaltende Staunässe auf vielen Schlägen. In der Ortenau wurden oft nur rund 4 t/ha Weizen geerntet. In späteren  Teilen Badens gab es bessere Erträge mit über 8 t/ha.
Fallzahlen passen
Charakteristisch sind schwache Hektolitergewichte von 70 bis 73 Kilogramm, teils noch darunter. Auch die Proteinwerte sind  unterdurchschnittlich. Die Fallzahlwerte liegen im normalen Rahmen. Erhöhte DON-Werte aufgrund von Fusarienbefall wurden nur vereinzelt beziehungsweise in einigen Regionen festgestellt. Befürchtungen über massive Probleme angesichts der ungünstigen Witterung in der sensiblen Phase rund um die Blüte bestätigten sich nicht.
Wie viel Weizen dieses Jahr die Backqualität nicht erreicht, bezifferte Volz nicht, er sprach von einem „nicht unerheblichen Anteil”. Auch bei den Preisen machen sich die Qualitätsprobleme bemerkbar: Der Preisunterschied zwischen Brot- und Futterweizen liegt derzeit laut Volz bei rund 20 Euro/t, üblich sind eher Werte zwischen 5 und 10 Euro/t. Dasselbe Bild gibt es bei Bio-Weizen, hier beträgt der Preisunterschied zwischen Back- und Futterware sogar 70 Euro/t. Den  Erzeuger-Tagespreis für B-Weizen frei Wasserplatz bezifferte Volz mit 191 Euro/t. Wobei die Preise der Ernte 2024 im Moment  auf exakt gleichem Niveau wie die der Ernte 2025 liegen.
Die Erträge bei Sommergerste in Baden liegen im Bereich von 6 bis 7 t/ha. Bei Winterbraugerste sind es 4 bis 8 t/ha. Die Ware zeigt tiefe Proteinwerte mit oft um 9 % und sehr gute Sortierungen mit bis zu 93 % Vollgerstenanteil. 90 % der erfassten Braugerste dürften in Richtung Mälzereien geliefert werden.  
Das Prädikat „zufriedenstellend” gab es von Volz für die Rapsernte mit Erträgen  von 3,5 bis 4,0 t/ha. Auffällig ist – wie bei anderen Kulturen  –, dass leichtere Böden oft höhere Erträge brachten, weil weniger Staunässe auftrat. Die Ölgehalte bewegen sich zwischen  43 und  44 %.
Bei Dinkel liegen die Erträge in Nordbaden bei 6 bis 7,5 t/ha, in der Spitze bei 9 t/ha. Die Hektolitergewichte sind mit 74 bis 76 kg unterdurchschnittlich. Der Markt hat sich erholt, die Ernte 2024 ist laut Volz zu guten Preisen zu vermarkten. Für Vorverträge für 2025 seien im Moment Preise bis zu 270 Euro/t frei Entspelzungsanlage drin.
Beim Hafer zeigen sich teilweise sehr gute Erträge von bis zu 7,5 t/ha. Auch die Hektolitergewichte liegen im Bereich von  guten  52 kg. Bei Roggen zeichnen sich schwächere Erträge ab, die Qualitäten liegen im Durchschnitt. Mutterkornbesatz gibt es  nur vereinzelt.  
Geringe Vorräte
Mit Blick auf die Situation am Weltmarkt erinnerte Volz an das niedrige Verhältnis von Beständen zu Verbrauch (Stock-to-use-Ratio) von rund 25 %, das ist der tiefste Wert seit zehn Jahren. 2024/25 erwarte der Internationale Getreiderat einen weiteren geringfügigen Bestandsabbau,  dies im vierten Jahr hintereinander. Die EU-Getreideernte liegt mit 272 Mio. t nahezu auf Vorjahresniveau. Die deutsche Ernte erreiche nach jüngsten Schätzungen mit 41,2 Mio. t das Vorjahresniveau von 42,6 Mio. t nicht.  
Mit Blick auf strategische Fragen wiesen Volz und Löbbert auf die regionale Saatgutproduktion hin, wo die ZG Zukunftspotenzial sieht und im neu errichteten Standort in Mühlhausen-Ehingen (Weizen, Hafer, Wintergerste und Roggen) sowie im bestehenden in Hüfingen (Soja und Dinkel) investiert hat. In Mühlhausen beträgt die Kapazität 4000 t/Jahr, 25 Vermehrer mit knapp 500 Hektar Fläche sind dort die Partner.
Auch die Bio-Strategie bleibe trotz des im Moment gebremsten Wachstums in dem Bereich eine der Stoßrichtungen. Zuletzt wurde hier im nordbadischen Wittighausen und ebenfalls in Mühlhausen investiert.
 
 
 
Vermarktung über das Jahr hinweg aufteilen
 
Angesichts der hohen Preisschwankungen bei Getreide appellierten Volz und Löbbert, zur Risikostreuung die Ware über das Jahr hinweg in mehreren Teilen zu vermarkten. In diesem Jahr seien wenig Vorkontrakte abgeschlossen worden, obwohl die Weizenpreise im Frühsommer bis hinauf zu 260 Euro/t geklettert waren, berichtete Löbbert. Nun werde viel Ware zu Tagespreisen auf deutlich niedrigerem Niveau erfasst.
Eine Überlegung wert sei auch die Nutzung der von der ZG exklusiv für ihre Mitglieder angebotenen Preisabsicherungskontrakte  (PAP) für Weizen, Raps und Mais, die über die Nutzung der Warenterminbörse funktionieren. Dabei zahlt man eine Prämie – derzeit sind es 12,50 Euro/t –, ist nach unten abgesichert und erkauft sich gleichzeitig  die Möglichkeit,  über eine sogenannte Nachfixierung von steigenden Preisen zu profitieren. Weil das Nachfixieren tagtäglich immer bis im Mai möglich ist, hält Volz den Erntezeitpunkt für einen günstigen Termin zum Abschluss eines PAP. Dann bleibe ein vergleichsweise langer Zeitpunkt zum Agieren. Der Preis verändere sich nicht, egal in welchem Monat der Kontrakt abgeschlossen werde.