Engerlinge: Was jetzt zu tun ist
Ursache ist in erster Linie das massenhafte Auftreten von Engerlingen, vor allem des Junikäfers, der in seiner Hauptflugzeit im letzten Jahr auf kurze Bestände traf. Diese waren entweder durch Trockenheit geschwächt oder wurden wegen Futterknappheit zudem tief abgeweidet. Aufgrund des hohen Lückenanteils und des niedrigen Bewuchses erwärmten sich diese Flächen stark und wurden daher zur Eiablage von den Käfern genutzt. Krähen oder Wildschweine auf der Suche nach tierischem Eiweiß beschädigen die Grünlandflächen zusätzlich.
Für die betroffenen Landwirte geht es nun darum, die Grünlandbestände möglichst rasch wieder in einen nachhaltig guten Zustand zu versetzen und darum die Engerlinge zu bekämpfen. Die Möglichkeiten der mechanischen Bekämpfung noch in diesem Herbst und der Grünlanderneuerung beziehungsweise Grünlandverbesserung werden im Folgenden geschildert.
Der Flug der Junikäfer und die Entwicklung der Larven im Boden wird vom LTZ in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt durch Boden- und Käferfallen kontrolliert.
Es eignen sich prinzipiell Kreiselegge, Kreiselgrubber, Zinkenrotoren, Rototiller und Fräsen, wobei bei Fräsen auf stark hängigen Flächen die Bodenstruktur verändert wird, was die Befahrbarkeit im Anschluss an die Maßnahme beeinträchtigen kann. Idealerweise werden dabei die noch lebenden Engerlinge an die Oberfläche gebracht, wo sie durch die UV- Strahlung verenden. Deshalb sind sonnige Tage für diese Maßnahme besonders günstig.
Die Kollegen in Österreich empfehlen hier eine zweimalige Anwendung im Abstand von ein bis drei Tagen. Der Schwellenwert für die Bekämpfung liegt bei 40 Engerlingen/m². Die mechanische Bearbeitung sollte eine Tiefe von 8 bis 10 cm erreichen. Beim Einsatz eines Rototillers wird auch bei geringerer Bearbeitungstiefe eine gute Schlag- und Quetschwirkung erreicht. Hier fällt die Erosionsneigung geringer aus und die Tragfähigkeit bleibt erhalten. Bei Kreiseleggen oder Kreiselgrubber erfolgt eine sehr gute Quetschwirkung, wenn die Zinken vorgreifend auf Griff eingestellt sind. Hier ist die Erosionsneigung ebenfalls gering und es besteht noch eine gute Tragfähigkeit. Generell gilt, dass die mechanische Bearbeitung gut funktioniert, wenn vorher möglichst tief abgemäht wurde.
Was konkret zu tun ist: Als erstes wird der Lückenanteil geschätzt und die Ertragsanteile der noch im Bestand befindlichen Gräser auf ihre Wertigkeit hin beurteilt. Dann muss gegebenenfalls sehr rasch Saatgut bestellt werden. Eine gezielte Grünlandverbesserung erfordert stets ein systematisches Vorgehen. Für die Auswahl der zu ergreifenden Maßnahmen ist es wichtig, genau abzuschätzen, wie groß die Lücken sind.
Auch im Herbst sind bei der Grünlandverbesserung die üblichen Maßnahmen zu ergreifen. Vor der Saat ist es eigentlich sinnvoll, die Bestände oberflälich mittels eines Striegels aufzureißen, um Platz für die Keimung nachgesäter Samen zu schaffen. Im Falle eines Engerlingsbefalls wird beim Einsatz einer Egge oder eines Striegels aber nahezu der gesamte Bestand abgezogen und es fällt eine große Menge abgestorbenen Materials an. Da bereits große Lücken vorhanden sind, wird vom Einsatz eines Striegels oder eine Egge daher eher abgeraten!
Geigneter Termin: Wenn noch im Oktober gesät werden soll, dann ist unbedingt noch eine ausreichende Keimtemperatur wichtig. Von den Gräsern hat eigentlich nur Lieschgras eine niedrige Keimtemperatur von etwa 3 ° C. Optimal für Deutsches Weidelgras sind dagegen Temperaturen von etwa 20 °C. Zudem nimmt im Herbst die Lichtintensität ab und da die meisten Gräser Lichtkeimer sind, kann dies die Keimdauer entweder stark verzögern oder aber die Keimung gänzlich verhindern. Dann kann die primäre Dormanz nicht überwunden werden und der Samen liegt
im Boden und wartet auf die nächste günstige Gelegenheit zur Keimung. Das kann durchaus erst im nächsten Frühjahr sein. Wenn allerdings die Keimung erfolgt ist, dann treiben Keimlinge aus und Gräser und Leguminosen sind gegebenenfalls frostempfindlich.
- Saatgut: Es sollten möglichst empfohlene Sorten verwendet werden. Sortenempfehlungen der Länderdienststellen beziehungswiese spezielles Saatgut für FFH-Flächen finden sich unter www.lazbw.de.
- Saatmenge: Es sollten maximal 8 bis 10 kg/ha gesät werden.
- Arten: Bei Übersaaten hat nur Deutsches Weidelgras genügend Konkurrenzkraft, um sich gegenüber dem Altbestand durchzusetzen. Für trockene Lagen können allenfalls noch Mischungen mit Wiesenrispe und Knaulgras in Frage kommen. Hier kann auch die Zugabe von Wiesenrotklee positiv wirken. In Hochlagen wird üblicherweise Wiesenlieschgras beigemischt. Auch die Zugabe von 1 kg Weißklee je Hektar ist positiv zu werten.
- Nachbehandlung: Das ausgebrachte Saatgut sollte angewalzt werden. Am besten geeignet ist eine Profilwalze wie zum Beispiel die Prismenwalze. Allerding hat diese bei großer Arbeitsbreite ein gewaltiges Gewicht und kann eventuell nicht mehr mit hangtauglichen Schleppern bedient werden. Eingeschränkt tauglich sind dann gegebenenfalls noch Cambridgewalzen. Im der Ansaat folgenden Aufwuchs sollte auf eine Gülledüngung verzichtet werden, denn Gülle deckt die kleinen Keimlinge ab und verhindert ihre Photosynthese. Sie sterben dann unweigerlich wieder ab.
Bei der Durchsaat werden in der Regel 25 kg/ha Saatgut einer Mischung verwendet. Die entsprechende Auswahl sollte je nach Standort und Verwendungszweck erfolgen. Wenn der Saattermin spät im Herbst erfolgt, dann kann es positiv sein, nur die Hälfte der üblichen Saatmenge im Herbst und die andere Hälfte im Frühjahr anzusäen. Es empfiehlt sich die Mischungen der amtlichen Beratung mit den empfohlenen Sorten zu verwenden. In Baden-Württemberg kommen zum Beispiel die Mischung NST für trockene Lagen, NSF für feuchte Standorte oder NSU für allgemein ungünstige Lagen in Frage.
Als günstig hat sich die Nachsaat von Wiesenrotklee erwiesen: Untersuchungen zeigten, dass bereits eine Saatmenge von 10 kg/ha ausreicht, um eine deutliche Aufwertung der Grünlandbestände vor allem in Trockenphasen zu erreichen.
- Walzen: Grünlandsämereien müssen flach ausgesät werden, das heißt maximal 1 bis 2 cm tief. Bei trockenem Boden quer zur Saatrichtung walzen. Dabei sollen die Rillen nur angedrückt und nicht zugewalzt werden. Profilwalzen, wie zum Beispiel Prismenwalzen, sind meist besser geeignet als Glattwalzen. Bei feucht bleibendem Boden ist ein Anwalzen nicht erforderlich.
- Frühe Nutzung: Zur Vermeidung von Lichtmangel bei den Keimpflanzen, sollte eigentlich noch eine Nutzung im Herbst als Schröpfschnitt oder früher Silageschnitt erfolgen. Dadurch kann die Nachsaat besser bestocken. Das lässt sich bei einer sehr späten Herbstsaat jedoch nicht realisieren.
- Weidegang: Die nachgesäten Flächen sollten unmittelbar nach der Saat nicht beweidet werden, weil die kleinen Keimlinge noch keine ausreichende Bewurzelung aufweisen und Weidetiere diese wieder herausreißen würden.
- Düngung: Im späten Herbst ist eine Düngung der nachgesäten Pflanzen nicht mehr erforderlich. Gülle im nächsten Frühjahr sollte schonend ausgebracht werden, um die kleinen Keimlinge nicht durch Abdecken zu schädigen.
Falls die Samen jedoch im Herbst noch keimen und auflaufen, ist zu beachten, dass die Keimlinge frostempfindlich sind und eventuell unmittelbar nach dem Auflauf geschädigt werden. Im Extrem kann es also sein, dass die Saat umsonst war. Aus diesem Grund wird aus Risikogründen eine hälftige Verteilung der Saatgutmengen empfohlen: 50 Prozent im Herbst und 50 Prozent im Frühjahr. Für den jeweiligen Nutzungszweck geeignete Saatgutmischungen und die Verwendung empfohlener Sorten minimieren das Ansaatrisiko. Nachbehandlung durch Schröpfschnitte und Verzicht auf Gülle stärken die Chancen der kleinen Keimlinge.
In den Folgejahren sollte aus Gründen der Grünlandschonung bei auftretenden Trockenphasen nicht zu tief geschnitten oder abgeweidet werden, damit die Reservestoffspeicher der Gräser in der Stoppelzone nicht geschädigt werden. Wenn möglich, sollten zu Zeiten des Käfer-fluges die Wiesen nicht gemäht werden. Denn die Käfer bevorzugen sehr kurze Bestände, die sich rasch erwärmen.
- Ansaat mit Bodenbearbeitung: Als Verfahren mit Bodenbearbeitung – also Umbruch – gilt jegliches Verfahren, das den Bodenzustand maßgeblich beeinflusst. Dazu gehören zum Beispiel das Pflügen sowie der Einsatz von Fräse oder Kreiselegge.
- Ansaat ohne Bodenbearbeitung beziehungsweise Nachsaat: Der Einsatz von Grünlandstriegeln oder flaches Eggen als Vorbereitung der Über- oder Durchsaat sowie der Einsatz von Schlitzdrilltechnik sind keine Bodenbearbeitung im Sinne der Verordnung.
Wird der Boden auf Dauergrünland über die Schadfläche hinaus bearbeitet und erneuert, ist ein Antrag auf Genehmigung der Erneuerung von Dauergrünland zu stellen. Das entsprechende Formular ist im Internet abrufbar.
Betriebe ohne Greeningverpflichtung: Für vom Greening befreite Ökobetriebe und Kleinerzeuger gelten bezüglich der Dauergrünlandumwandlung die Vorgaben des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes (LLG). Maßnahmen zur Grünlanderneuerung und -verbesserung fallen nicht unter das LLG-Umwandlungsverbot. Zu beachten ist, dass ein Umbruch zur Neuansaat auf erosionsgefährdeten Standorten, Moorböden und in Wasserschutzgebieten zu vermeiden ist. Damit fällt die Ansaat mit Kreiselegge oder Fräse auf erosionsgefährdeten Hangflächen weg.
FAKT: Bei den FAKT-Grünlandmaßnahmen (Teil B) darf die Dauergrünland-
erneuerung ausschließlich umbruchlos über Nachsaat erfolgen. Eine notwendige
Bodenbearbeitung nach erheblichen Engerlingschäden ist aus diesem Grund auf das unbedingt notwendige Maß (zum Beispiel Kreiselegge) zu beschränken. Ist ein Umbruch aus fachlichen Gründen unumgänglich, so ist im Vorfeld das Einverständnis des Landratsamtes einzuholen. Unmittelbar im Anschluss an einen Umbruch muss Dauergrünland neu angelegt werden.
FFH-Grünland: Nach Naturschutzrecht darf sich der Zustand aller FFH-Lebensräume nicht verschlechtern und demnach darf auch das FFH-Grünland durch die Bewirtschaftungsweise nicht erheblich beeinträchtigt werden. Da das Auftreten von Engerlingsschäden den Bestand maßgeblich beeinflussen kann, sind Schäden beim Landratsamt anzuzeigen und die erforderlichen Maßnahmen mit dem diesem abzustimmen.
Saatgut, das für FFH-Flächen geeignet ist, ist in gewisser Menge vorhanden und wird den Landwirten über die Landratsämter kostenlos zur Verfügung gestellt, solange der Vorrat reicht. Um das richtige Saatgut mit dem entsprechenden Ursprungsgebiet auszuwählen, sind neben den Kontaktdaten die Standortverhältnisse – eher trocken oder wechselfeucht – und die Lage mit Gemarkung und Flurstücksnumer anzugeben.