Für die südbadischen Landwirte endete das Wirtschaftsjahr 2014/2015 mit enormen finanziellen Verlusten. Im Vergleich zum Vorjahr sanken die Einkommen pro Arbeitskraft in der badischen Landwirtschaft im Durchschnitt um rund 23 Prozent.
Auf vielen südbadischen Betrieben ist es beim Einkommen eng, verdeutlichte BLHV-Präsident Werner Räpple (Zweiter von rechts) auf dem Betrieb von Gerhard Tröscher (li.) in Oberried bei der Weihnachtspressefahrt gegenüber Journalisten.
Das erklärte BLHV-Präsident Werner Räpple am Mittwoch bei der gemeinsamen Pressefahrt von BLHV und der Freiburger Forstdirektion auf dem Altenvogtshof in Oberried.
Im Vergleich zum Vorjahr sanken die Einkommen pro Arbeitskraft (AK) in der badischen Landwirtschaft um rund 23 % auf 25232 Euro. Die Sektoren Milch und Futterbau sowie Veredelung verzeichneten sogar Einkommenseinbrüche von je 27 %.
Im bundesweiten Vergleich sind baden-württembergische Veredelungsbetriebe mit einem Unternehmensergebnis von 31640 Euro je Betrieb Schlusslicht, dies entspricht einem Einkommen von 21494 Euro je AK. In Milchviehbetrieben bleiben pro AK lediglich 28513 Euro übrig. Im Ackerbau lag der Rückgang bei knapp 20%, auch hier liegt das Betriebsergebnis je AK nur noch bei 29168 Euro.
Ursachen für die verheerende wirtschaftliche Lage in der Landwirtschaft seien das Russland-Embargo und die Konjunkturschwäche in nachfragestarken asiatischen Ländern. Die Erzeugerpreise seien in fast allen Bereichen rapide gefallen und bisher gebe es keine Anzeichen, dass die Preise sich bald erholen werden, sagte Räpple.
Halbierung im Obstbau
Insbesondere die auf Obstbau spezialisierten
Dauerkulturbetriebe leiden unter den Folgen des Russland-Embargos, im
Bundesdurchschnitt haben sich ihre Unternehmensergebnisse gegenüber dem
Vorjahr in etwa halbiert. Dagegen haben die Sonderkulturbetriebe in Deutschland mit Weinbau ihr
Unternehmensergebnis um 4% auf 62200 Euro verbessern können. Für die
badische genossenschaftliche Weinwirtschaft kann aufgrund der guten
Einlagerungsmenge zur Ernte 2014 von einer leichten Steigerung der
Auszahlungsleistungen ausgegangen werden.
Werner Räpple beurteilt die Wirtschaftsergebnisse als äußerst
bedrohlich für die heimische Landwirtschaft. Die Ergebnisse seien nur
die ersten Auswirkungen einer noch anhaltenden Einkommensmisere, es
müsse davon ausgegangen werden, dass die Verluste im nächsten Jahr noch
verheerender ausfallen werden, unterstrich Räpple. Anschuldigungen,
dass die Landwirtschaft die Krise durch eine „exportorientierte”
Wirtschaftsweise selbst verursacht habe, weist der BLHV-Präsident
entschieden zurück. In der heutigen Marktwirtschaft sei es nicht
möglich, den internationalen Markt zu ignorieren. Die Weltwirtschaft
habe einen erheblichen Einfluss auf die heimische Landwirtschaft, dem
könne man sich nicht entziehen, so Räpple.
Die niedrigen Erzeugerpreise in Kombination mit einer extrem langen
Dürreperiode verschärften die Situation in Baden zusätzlich.
Ernteverluste im Acker- und Futterbau hätten auch bei guten
Erzeugerpreisen für erhebliche finanzielle Probleme gesorgt. Teilweise
konnten Totalausfälle nur mit sehr kostspieliger Bewässerung verhindert
werden, dies galt besonders für den Saatmais- und Gemüseanbau in der
Rheinebene sowie die Sonderkulturen. Die dringend benötigten
Niederschläge kamen erst im Spätherbst und konnten gerade noch die zu
versiegen drohenden Quellen der Schwarzwaldbetriebe füllen. Für den
Acker- und Futterbau war es da bereits zu spät.
Vor diesem Hintergrund habe sich der BLHV bereits zur Erntezeit an die
verantwortlichen Politiker auf Landes- und Bundesebene sowie an die
Europäische Union gewandt und schnelle sowie unbürokratische Hilfe für
die Landwirte gefordert. Räpple begrüßte in diesem Zusammenhang, dass
Forderungen wie die Liquiditätshilfe und die Aufstockung des
Bundeszuschusses zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung teilweise
umgesetzt wurden. Hätte jedoch die Regierung den Bundeszuschuss zur
Unfallversicherung wie gefordert auf 100 Mio. anstatt 78 Mio.
aufgestockt, dann hätte dies zu einer noch spürbareren Entlastung der
Landwirte geführt.
In Anbetracht der aktuellen Lage forderte Räpple erneut, dass nationale
und länderspezifische Auflagen, die die Wettbewerbsfähigkeit der
heimischen Landwirtschaft in Frage stellen, erneut auf den Prüfstand
müssten. Unnötige und kostspielige Bürokratie führe nur zu noch größeren
Verlusten.
Plus bei Ökobetrieben
Ökobetriebe konnten ihre
Unternehmensergebnisse im Wirtschaftsjahr 2014/2015 im Vergleich zum
Vorjahr um rund 10% verbessern. Der BLHV bewerte diese Entwicklung
äußerst positiv, denn insbesondere die Grünlandstandorte Südbadens
weisen eine hohe Dichte an Öko-Betrieben auf. Auch unter den badischen
Dauerkultur- und Weinbaubetrieben gebe es im Bundesvergleich
überdurchschnittlich viele Öko-Betriebe.
Der Berufsstand unterstütze und fördere den ökologischen Landbau ebenso
wie die konventionelle Landwirtschaft, sagte Räpple. Ökolandwirtschaft
sei aber angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation kein
Allheilmittel. Ökofleisch habe zum Beispiel nur einen Marktanteil von
rund 2 % am Fleischmarkt und sei daher von der Preiskrise nur bedingt
betroffen. Auch hätten die Preise für biologisch erzeugte Milch kaum
nachgegeben, da es hierfür noch keinen internationalen Markt gebe.
Vor dem Hintergrund der äußerst bedrohlichen Lage wendet sich der BLHV
auch an die Öffentlichkeit. Der Verband weist ausdrücklich darauf hin,
dass die Einkommensverluste nicht nur die Konten der Landwirte
belasten, sondern auch persönlich die Menschen, die mit ihrer täglichen
Arbeit für unsere Lebensmittel sorgen. An jedem bäuerlich geführten
Landwirtschaftsbetrieb hänge die Existenz einer oder sogar mehrerer
Familien. Die Besorgnis um diese Existenzen sollte von der Gesellschaft
ernst genommen werden.