Politik | 01. Juli 2021

Einigung zur GAP-Reform

Von AgE
Vertreter von Kommission, Rat und Europäischem Parlament haben sich am 25. Juni auf die Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Zeitraum zwischen 2023 und 2027 geeinigt. Ein Zankapfel waren bis zuletzt die Eco-Schemes (Öko-Regelungen).
Ein besonderer Knackpunkt war bei den Trilog-Verhandlungen die Frage einer Obergrenze für die Direktzahlungen.
Kurz vor Beginn der Gespräche am 24. Juni gab es zwei Lager: die Zuversichtlichen, darunter EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski, und die Skeptischen, darunter mehrheitlich Vertreter des Rates und des Parlaments. Allerdings konnten sie sich dann schon recht frühzeitig auf die Regeln für die zuvor zwischen ihnen besonders umstrittenen Eco-Schemes einigen.
Mindestens 25 Prozent für Eco-Schemes
Demnach soll im Zeitraum 2025 bis 2027 unter dem Strich mindestens ein Anteil von 25 Prozent der Gelder aus der Ersten Säule in das neu zu schaffende Instrument fließen. Zugleich verständigten sich die Verhandlungsführer auf Druck der Mitgliedstaaten auf eine zweijährige Lernphase bei einer Mindestuntergrenze von 20 Prozent.
Das heißt für den Fall, dass ein EU-Staat in einem der ersten beiden Reformjahre nicht den eigentlich geforderten Anteil von 25 Prozent der Öko-Regelungen an der Ersten Säule erreicht, dürfen im jeweiligen Jahr bis zu fünf Prozent der ungenutzten Mittel über die Basishektarprämie oder die Zweite Säule ausgezahlt werden.
Zahlreiche Sonderregeln
Sollten die Landwirte in einem Mitgliedstaat allerdings weniger als 20 Prozent der Eco-Schemes-Beihilfen ausschöpfen, würden dem betreffenden EU-Land Gelder aus der Ersten Säule verlorengehen. Zudem hat das Parlament darüber hinaus noch durchgesetzt, dass nach der Lernphase, also von 2025 bis 2027, zusätzlich noch bis zu fünf Prozent an Eco-Schemes nachzuholen sind, sofern im Durchschnitt der beiden ersten Reformjahre nur 20 Prozent der Gelder aus der Ersten Säule zur Finanzierung von Öko-Regelungen genutzt wurden. Allerdings reicht es in den Jahren 2025 und 2026, wenn für die Eco-Schemes statt der angestrebten 25 Prozent zunächst nur 23 Prozent der Mittel aus der Ersten Säule fließen. Jedoch greift dann wiederum die Verpflichtung, die Differenz zum Soll im letzten Reformjahr 2027 vollumfänglich auszugleichen.
Derweil dürfen EU-Mitgliedsländer, die sich aktuell bereits mit einem besonderen Engagement für Umweltprogramme in der Zweiten Säule hervortun, den angestrebten Eco-Schemes-Budgetanteil von 25 Prozent in gewissen Grenzen unterschreiten.
Ein besonderer Knackpunkt war die Frage einer Obergrenze für die Direktzahlungen.
Arbeitskosten vollständig abzugsfähig
Das Parlament wollte, dass maximal 50 Prozent der Arbeitskosten von der Kappungsgrenze von 100000 Euro jährlich abgezogen werden dürfen. Alternativ sollte der jeweilige EU-Staat auch die Möglichkeit erhalten, zwölf Prozent der Direktzahlungen zugunsten kleinerer Betriebe umzuverteilen. Der Rat hatte dagegen auf eine Abzugsfähigkeit der gesamten Arbeitskosten gedrängt sowie als Alternative eine Umverteilungsrate von zehn Prozent vorgeschlagen.
Bei beiden Punkten zeigten sich die Vertreter der Mitgliedstaaten kurz vor Trilog-Ende unnachgiebig. Wie Parlamentskreise berichteten, hat man hier schlussendlich nachgegeben, unter anderem mit der Begründung, mit Blick auf die erste Option sei ohnehin nicht damit zu rechnen, dass sich Mitgliedstaaten für eine Kappungsgrenze entscheiden würden. Nichtsdestoweniger missfiel den Abgeordneten, dass der Rat hier auf einer vollständigen Abzugsfähigkeit aller auch nicht sozialversicherungspflichtigen Arbeitskosten, wie der von Familienmitgliedern, bestanden hat.
Ein Kompromiss wurde zur sogenannten „sozialen Dimension” erzielt. Zwar wird die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten nicht Teil der Konditionalität. Allerdings soll festgeschrieben werden, dass Landwirten bei schwereren Verfehlungen gegen die Arbeitnehmerrechte im jeweiligen Mitgliedstaat die Direktzahlungen gekürzt werden. Den Mitgliedsländern wird es der Übereinkunft zufolge in den ersten beiden GAP-Jahren 2023 und 2024 aber noch freiwillig überlassen, ob sie diese Regelung anwenden oder nicht. Ab 2025 soll das neue Instrument dann verpflichtend zu Anwendung kommen.
Mindestens drei Prozent für Junglandwirte
Für die Unterstützung von Junglandwirten gilt künftig ein obligatorischer Mindestsatz von drei Prozent der Direktbeihilfen. Dies könne Einkommensbeihilfen, Investitionszuschüsse oder Starthilfen für Landwirte bis zum Alter von 40 Jahren umfassen, hieß es seitens der Kommission.
Im Hinblick auf die produktionsgekoppelten Beihilfen einigte sich der Trilog im Wesentlichen auf eine Beibehaltung des Status quo. Dementsprechend bleibt der zulässige Anteil auf 13Prozent der Direktzahlungen für gekoppelte Produkte begrenzt. Speziell für den Anbau von Eiweißpflanzen wird zudem weiterhin ein Anteil von zusätzlich zwei Prozent erlaubt sein. Das Europaparlament hatte in seinem Verhandlungsvorschlag gefordert, den zulässigen Anteil auf zehn Prozent der Direktzahlungen zu reduzieren, aber den speziell für den Anbau von Eiweißpflanzen zusätzlich erlaubten Anteil von zwei Prozent beizubehalten.
Auch die von den Abgeordneten geforderte interne Konvergenz der Direktzahlungen je Hektar wird weiter auf sich warten lassen. Ausgehandelt wurde jedoch eine Angleichung auf bis zu 85 Prozent. In Deutschland ist dies kein Thema mehr, da die Angleichung der Hektarbeihilfen hierzulande bereits vollzogen ist. Große Unterschiede gibt es bei den Flächenprämien aber beispielsweise noch in Italien.
Vier Prozent Brache
Teilnehmern zufolge wurde sich bezüglich des Bracheanteils bei den Ackerflächen auf einen Mindestanteil von vier Prozent verständigt. Landwirte, die darüber hinaus auf vier Prozent ihres Ackerlandes Zwischenfrüchte und Leguminosen anbauen, brauchen nur drei Prozent der von ihnen bewirtschafteten Flächen stilllegen. Für Betriebe, deren Nutzfläche zu mindestens 75 Prozent aus Grünland besteht, soll diese Verpflichtung entfallen. Zudem wird es entgegen der Forderung der EU-Kommission keine verpflichtende Fruchtfolge geben. Allerdings müssen die Bauern – wie bisher schon – eine Anbaudiversifizierung vorweisen.
Auch zum Moorschutz gab es eine Einigung. So soll es den Mitgliedstaaten verpflichtend auferlegt werden, bis zum Jahr 2025 die entsprechenden Standorte zu erfassen. Zudem wurde auf Druck des Parlaments und der Kommission beschlossen, dass es während der Förderperiode noch zu nachträglichen Änderungen an der jetzt ausgehandelten GAP-Reform kommen kann, wenn Gesetze, die aus dem Green Deal resultieren, dies erfordern.
Nährwerte aufs Weinetikett
Überdies wurde im Rahmen der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) beschlossen, Zucker als interventionsfähiges Produkt einzustufen. Hierauf hatte das Europäische Parlament gedrängt.
Die Kommission wurde angehalten, mit der Welthandelsorganisation (WTO) auszuhandeln, inwieweit die Europäische Union ihren Binnenmarkt vor Produkten schützen darf, die beispielsweise im Hinblick auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unter niedrigeren Standards erzeugt worden sind. Zum Weinrecht einigten sich die Trilog-Partner darauf, dass die Regelung zu den Pflanzrechten für Rebstöcke bis 2045 verlängert wird. Zudem soll die neue GMO für Weine eine Verpflichtung zur Angabe von Nährwerten auf dem Etikett beinhalten.
Minister sind mit Trilog-Ergebnis zufrieden
Abgesehen von einzelnen Kritikpunkten haben die EU-Agrarminister der  Einigung zwischen Kommission, Rat und Parlament zur anstehenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ihren Segen erteilt. Grundsätzlich zeigten sich die Minister am Montag bei  ihrem  Treffen in Luxemburg erleichtert, dass es der scheidenden portugiesischen Agrarratspräsidentin Maria do Céu Antunes nach den insgesamt mehr als dreijährigen Verhandlungen gelungen sei, endlich eine politische Übereinkunft zu erzielen.
Von der am kommenden Donnerstag antretenden slowenischen Ratspräsidentschaft fordern die Minister, die technische Ausarbeitung der GAP-Gesetze voranzutreiben und eine zeitnahe Ratifizierung zu ermöglichen. Diese wird für Oktober oder November erwartet.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner betonte, dass Berlin das ausgehandelte Gesamtpaket bestätige. Erneut untermauerte die CDU-Politikerin ihre Auffassung, dass die nun vorliegende Reform mit Blick auf das Umweltambitionsniveau deutlich über die im Jahr 2018 von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge hinausgehe.
Lob äußerte sie zudem für die Regelungen zu den Eco-Schemes, für die – neben einer Lernphase – 25 Prozent der Gelder der Ersten Säule bereitstehen sollen. Auch die Umverteilungsrate der Direktbeihilfen von zehn Prozent fand den Zuspruch der Ministerin. Kritisch sieht Klöckner die Erhöhung des Anteils der Flächenstilllegung von drei auf vier Prozent. Dies sei „keine Lappalie”.
Frankreichs Landwirtschaftsminister Julien Denormandie bezeichnete die soziale Dimension der GAP-Reform als „echten Fortschritt”. Gut sei auch die Erhaltung des Status quo im Hinblick auf die Beihilfen für gekoppelte Produkte. Dies sei vor allem für die Förderung von Eiweißträgern ein Plus.
Für die Niederlande erklärte Landwirtschaftsministerin Carola Schouten, dass sie den Texten zwar zustimme. Trotzdem habe man sich etwa bei der Umverteilung der EU-Agrargelder mehr Ehrgeiz gewünscht. Gleiches gelte für viele Bestimmungen zur Konditionalität. Schließlich mahnte Schouten, das Ziel einer einfacheren GAP nicht aus den Augen zu verlieren. Auch Italiens Agrarminister Stefano Patuanelli monierte, dass der Kompromiss unter anderem bei den Öko-Regelungen nicht gerade zu einer Vereinfachung der Reform beitrage.