Betrieb und Wirtschaft | 27. März 2014

Ein Jahr ohne "Rahmpreise" für den EGRO

Von René Bossert
Im zweiten Jahr hintereinander musste der Erzeugergroßmarkt Südbaden (EGRO) einen Umsatzrückgang hinnehmen. 2013 wurden fast exakt 15 Millionen Euro (ohne Verpackungen) umgesetzt, ein Minus von 8,4 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor. Die Saison war nicht zuletzt wetterbedingt schwierig.
„Frühes Gebiet mit später Ware, das  ist mit Sicherheit nicht optimal”, sagte EGRO-Geschäftsführer Lorenz Boll vergangene Woche bei der Vertreterversammlung in Vogtsburg-Oberrotweil. Boll erinnerte an das kalte und sonnenscheinarme Frühjahr 2013; der zeitliche  Abstand zu anderen Erzeugergebieten war kleiner als üblich. Die EGRO-Erzeuger konnten deshalb  nicht von frühen „Rahmpreisen” profitieren, bedauerte Boll.
Auch die Nachfrage war schwächer als im Jahr zuvor, nach Bolls Beobachtung gilt dies besonders für Kirschen und Spargel. Zwar wurde mit fast 1100 Tonnen Spargel etwas mehr Menge erfasst, aber der Durchschnittspreis über alle Sortierungen lag nur bei 3,71 Euro/kg, 57 Cent weniger als im Jahr zuvor. „Es hat sich wieder bewahrheitet: Was im April nicht umgesetzt wurde, kann man im Juni nicht mehr aufholen”, meinte Boll.
Fast zeitgleich
Die Erdbeersaison  litt darunter, dass die wichtigen deutschen Anbaugebiete fast zeitgleich am Markt waren. Ladenverkaufspreise zwischen 0,99 Euro und 1,29 Euro waren keine Seltenheit. Das Wetter ließ keinen Hunger auf Erdbeeren aufkommen. Der EGRO vermarktete 2588 Tonnen (+ 330 Tonnen) zu einem Durchschnittspreis von 2,04 Euro/kg (Vorjahr: 2,34 Euro). Bei den Hauptsorten kam Darselect auf einen Durchschnittspreis von 1,71 Euro, bei Clery waren es 2,54 Euro. Boll lobte die Erzeuger: Trotz der ungünstigen Witterung war die Ware von ordentlicher Qualität. Durchwachsen war die Saison bei den Strauchbeeren: Rote Johannisbeeren erbrachten im Schnitt 2,08 Euro/kg (2,56 Euro) und  Schwarze Johannisbeeren 4,19 Euro/kg (4,16 Euro). Von letzteren hätte Boll gerne mehr Ware.  Stachelbeeren kosteten 2,94 Euro/kg (2,69 Euro) und Himbeeren 5,02 Euro/kg (4,58 Euro). Auch bei diesen beiden Kulturen sieht Boll weiteres Potential, ebenso wie bei Heidelbeeren, wo eine Pflanzung von 70 Ar im Markgräflerland ihm Freude macht. Bei Brombeeren wuchs die Vermarktungsmenge erfreulicherweise schon, der Preis erreichte 5,00 Euro/kg (5,25 Euro). Der Umsatzanteil beim Beerenobst stieg von 40,9 auf 44,3 %.
Markus Schörlin (Mitte) aus Efringen-Kirchen-Huttingen ist neuer EGRO-Vorstandsvorsitzender, Werner Räpple (rechts) bleibt sein Stellvertreter. Der scheidende Vorsitzende Heinz Meyer wurde für sein Engagement in den Gremien seit 1993 und seit 2008 als Vorsitzender mit der Silbernen Ehrennadel des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes ausgezeichnet.
Wieder enttäuschend war die Kirschensaison. Erneut wurden nur 653 Tonnen (616 Tonnen) geerntet. 2011 waren es über 2000 Tonnen. Neu war das mangelnde Kundeninteresse an der frühen Ware. Mit Tafelkirschen waren im Schnitt 3,64 Euro/kg (3,59 Euro) zu erlösen, Industriekirschen erbrachten 1,04 Euro/kg (1,03 Euro) und Brennkirschen 0,61 Euro/kg (0,57 Euro).
Deutlich höhere Vermarktungsmengen als 2012 und extrem starke osteuropäische Konkurrenz bei frühen und mittleren Sorten prägten die Zwetschgensaison, bei der ein Durchschnittspreis von 0,65 Euro/kg (1,14 Euro) zu Buche steht. Die Saison lief je nach Sorte unterschiedlich: Hanita und Elena enttäuschten qualitativ, Katinka und Hanita präsentierten sich schön. Zu Ruth Gerstetter meinte Boll: „Solange sie diese Durchschnittspreise bringt (1,92 Euro/kg), muss man sie auch vermarkten.” Auch Ersinger will der EGRO trotz Problemen weiterhin annehmen.
 Die Frühjahrsvermarktung bei Äpfeln lief zu ordentlichen Preisen, allerdings fehlten die Mengen. Die 1300 Tonnen Tafeläpfel erbrachten 0,61 Cent/kg, bei 586 Tonnen Mostäpfeln waren es 0,17 Cent/kg.
Bei Braeburn in den letzten Zügen
Zur laufenden Saison zeigte sich Boll vor dem Hintergrund der inzwischen größeren Skepsis im Markt zufrieden damit, dass schon kräftig verkauft wurde. Elstar und Gala sind ausverkauft, bei Braeburn liege man in den letzten Zügen. Boll betonte, dass die Betriebskosten trotz des Umsatzrückgangs voll gedeckt waren und bezeichnete die Ertragslage als zufriedenstellend. Die Warenrückvergütung liegt mit einem Prozent auf Vorjahreshöhe.
Der EGRO arbeite daran, hausinterne Abläufe zu optimieren. Derzeit läuft eine EDV-Umstellung. Für die Zukunft müssten Überlegungen angestellt werden, inwieweit das Vermarktungssortiment beschränkt werden müsse. Positiv gestimmt haben Boll zuletzt Gespräche mit Erzeugern bei der  „Fruchtwelt”, die von ihren Plänen zur Flächenausweitung berichteten. 
 2013 entfielen auf 108 Erzeuger 92 % des Umsatzes, ein Jahr zuvor waren es noch 137 Erzeuger, die den entsprechenden Anteil ausmachten. 1600 Mitglieder hat der Markt, ab  kommendem Jahr soll keine Vertreterversammlung mehr stattfinden, sondern eine Generalversammlung, weil die Grenze von 1500 Erzeugern unterschritten werden dürfte. 
Klar sei, dass im Rahmen der Zertifizierung Sozialstandards auf die Erzeuger zukommen. „2014 kommen wir vielleicht noch drum herum, aber spätestens 2015 müssen wir es machen”, meinte Boll.
Mit Blick auf den Mindestlohn hatte der stellvertrende EGRO-Vorsitzende Werner Räpple schlechte Nachrichten: „Wir versuchen berufsständisch noch etwas im Hinblick auf eine Übergangszeit zu erreichen, aber es sieht schlecht aus”, sagte er. Es laufe demnach ab 1.1.2015 auf einen Mindestlohn von 8,50 Euro brutto hinaus, eine Lohnsteigerung von runden 20 % also nach Schätzung von Räpple.
 Hinzu kommen erhebliche Steigerungen bei den Berufsgenossenschafts-Beiträgen, weil der Obstbau künftig eine eigene Risikogruppe ist.