Betrieb und Wirtschaft | 06. April 2017

EGRO will Verläßlichkeit und mehr Ware

Von René Bossert
Der Erzeugergroßmarkt Südbaden (EGRO) hat ein turbulentes Jahr 2016 mit vielen Problemen und einem hohen Umsatzrückgang hinter sich. Für die Zukunft geht es für den EGRO nicht zuletzt darum, eine genügend große Vermarktungsmenge zur Verfügung zu haben.
Sehr klare Worte fand EGRO-Geschäftsführer Lorenz Boll am Dienstag bei der Generalversammlung in Oberrotweil. 2016 sei für den EGRO ein Jahr mit einem  enttäuschenden Ergebnis und  mit einer kleinen Vermarktungsmenge gewesen. Ein weiterer Mengenverlust würde erhebliche Folgen für die Vermarktung haben, warnte Boll. Für den EGRO sei es wichtig, dass die vorhandenen Kapazitäten ausgelastet werden. Bei Großkunden habe man Marktanteile verloren. Diese Kunden  suchten und fanden neue Lieferanten. 
Klemens Gugel (Mitte) aus Ihringen wurde als neuer Vorstandsvorsitzender gewählt, bisher war er im Aufsichtsrat. Sein Vorgänger Markus Schörlin (links) wechselt dagegen in den Aufsichtsrat. Neu in dem um einen Sitz verkleinerten Aufsichtsrat ist auch Lenz Grotz aus Sasbach-Leiselheim (rechts). Für ihre langjährige Tätigkeit wurden die ausscheidenden Aufsichtsräte Michael Schmidt (seit 2002) und Willi Sacherer (seit 1990) geehrt.
Es könne nicht sein, dass der EGRO nur bedient werde, wenn das Kind im Brunnen liege. Boll spielte damit auf die Tatsache an, dass dem EGRO Ware in Richtung Direktvermarktung flöten geht, in manchen Situationen dann aber doch wieder seine Dienste in Anspruch genommen werden. Ein weiteres Problem sieht Boll darin, dass der Lebensmittel-Einzelhandel einzelne große Erzeuger als Direkt-Lieferanten gewinnt. Hier sei seit einigen Jahren die Fairness im Umgang zwischen den Erzeugern und dem EGRO verloren gegangen. Zuvor seien solche  Erzeuger auch immer noch zum EGRO gestanden. 
2016 lag der EGRO-Umsatz bei 14,3 Millionen Euro (ohne Verpackungen und den zehnprozentigen Verkaufszuschlag), 2015 waren es noch 17,5 Millionen Euro. Auch die Vermarktungsmenge ging deutlich von rund 12000 Tonnen (2015) auf nunmehr 7830 Tonnen  zurück. Der Rückgang lag  nicht nur daran, dass Ware aus dem Gebiet am EGRO vorbei vermarktet wurde, sondern auch an der nassen Witterung und der Kirschessigfliege, die 2016 Schäden wie nie verursacht habe. Erhebliche Mengeneinbußen bei Kirschen, Zwetschgen und Erdbeeren waren die Folge. „Aber trotz kleiner Ernte war immer Druck am Markt”, berichtete Boll. Die besseren Preise hätten den Mengenverlust nicht ausgleichen können.  2,43 Euro pro Kilo Erdbeeren wurden im Durchschnitt erzielt, bei Zwetschgen waren es 0,84 Euro/kg,  bei Spargel 4,71 Euro/kg und bei Tafelkirschen 2,82 Euro/kg.
Positiv bewertete er, dass über einen höheren Anteil an Kleinverpackungen im Beerensortiment eine hohe Wertschöpfung erzielt wurde. Auch die Anschaffung der Kirschenpackmaschine habe sich als richtig erwiesen. Bei allen negativen Entwicklungen der jüngeren Zeit dürfe man auch nicht vergessen, dass in vielen Teilen des EGRO-Gebietes ein interessanter Anbau stehe, Boll nannte hier Buchholz, den nördlichen Kaiserstuhl, den Raum Bad Krozingen und das Markgräflerland. 
Der Jahresüberschuss ging von 203000 Euro  auf 83000 Euro zurück. Ein Bilanzgewinn von 19000 Euro wurde auf Beschluss der Versammlung auf neue Rechnung vorgetragen. Eine Rückvergütung für die Erzeuger gibt es keine, vergangenes Jahr betrug diese 2,75 %.
 Boll wünscht sich für die Zukunft mehr Verlässlichkeit bei den Erzeugern und rechtzeitig ehrliche Informationen. „Wir dürfen nicht mehr so viel taktieren”, appellierte er. Für die Erzeuger müsse klar sein, ob sie für den Handel oder für den Wochenmarkt produzieren. „Wir brauchen Erzeuger, die positiv zu ihrer Vermarktungsorganisation stehen”, unterstrich er. Das könnten auch Erzeuger von außerhalb des EGRO-Gebietes sein, wenn sie partnerschaftlich, ehrlich und kritisch mit der Genossenschaft zusammarbeiten wollten.
Bei guten Erträgen konkurrenzfähig
Bei allen Kulturen außer Kirschen würde Boll gerne mehr Ware haben. Die Deckungsbeiträge können seiner Ansicht nach mit Wein konkurrieren, wenn die Kulturführung stimme.  Am Beispiel Zwetschgen nannte er Erträge von 15 Tonnen pro Hektar bei Katinka und 20 Tonnen bei Hanita als Zielmarken, die in Mittelbaden erreicht würden. Wenn der Markt in neue Maschinen investieren solle, dann müsse auch Ware kommen. „Sie müssen sich fragen, wo Sie in zehn Jahren  stehen wollen”, wandte sich der Geschäftsführer  an die Erzeuger. Er wolle jedenfalls rechtzeitig gewarnt haben. 
Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Werner Räpple bewertete die Aussagen von Boll als Chance für einen neuen Ansatz, über den man diskutieren müsse. „Den Rest kriegt der EGRO, das funktioniert nicht mehr”, betonte Räpple. In Richtung Direktvermarktung sei der EGRO zu tolerant gewesen.
 Er erinnerte an den gigantischen Strukturwandel, der EGRO habe nur noch rund 250 aktive Anlieferer.  Es brauche Verlässlichkeit, die gegenseitige Verpflichtung zwischen Erzeugern und dem EGRO werde stärker. Räpple zeigte sich überzeugt davon, dass ohne Genossenschaft das Chaos am Obstmarkt herrschen würde.
In der Diskussion merkten mehrere Erzeuger an, dass der EGRO sich endlich als Erzeugerorganisation imSinne der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) anerkennen lassen müsse. Boll wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sowohl der Obstgroßmarkt Mittelbaden als auch die OGA in  Bruchsal und die Marktgemeinschaft Bodenseeobst derzeit gegen das Regierungspräsidium Freiburg prozessieren, weil es Unstimmigkeiten bei der GMO-Umsetzung gebe.