Betrieb und Wirtschaft | 11. April 2019

EGRO mit einem Frust-Jahr

Von René Bossert
Der Erzeugergroßmarkt Südbaden (EGRO) hat 2018 trotz deutlich höherer Vermarktungsmenge seinen Umsatz nur knapp halten können. Das preislich schwache Jahr und die Veränderungen im Geschäft sorgten für eine gedrückte Stimmung bei der Generalversammlung.
"Ich will keine Angst machen – aber das Geschäft verändert sich”, erklärte EGRO-Geschäftsführer Lorenz Boll vergangene Woche in Oberrotweil. Unzuverlässigkeit und Schwäche könne man sich nicht mehr leisten: „Wenn wir bei Aldi zwei Mal aufgefallen sind, dann ist die Saison rum.”
Boll berichtete von hohen Qualitätsanforderungen, unguten Erlebnissen bei verschiedenen Audits. „Wir machen die Preise nicht und der Einkäufer auch nicht mehr”, sagte Boll. Deutsche Ware werde vorgezogen – aber zum polnischen Preis. Kleinigkeiten könnten zu  Stolpersteinen werden. „Teilweise reden wir gar nicht mehr über die Ware, sondern über die Schriftgröße auf dem Etikett”, sagte Boll.  
Weiche Kirschen haben keine Zukunft mehr, sagte EGRO-Geschäftsführer Lorenz Boll.
Die Konsequenz für ihn ist, dass der EGRO stark und zuverlässig sein muss, das heißt genügend Ware in guter Qualität liefert. Außerdem müssten die Abläufe effizienter werden. 2018 gab es wegen der extremen Witterung Qualitätsprobleme, insbesondere bei Kirschen und Birnen.
Konsequenz ist, dass künftig während der Industriekirschen-Saison Tafelkirschen nicht mehr in Obereggenen, sondern nur noch in Efringen-Kirchen angenommen werden. Reklamationen verursachten erheblichen Mehraufwand, der bei einer Marktgebühr von 10 % nicht zu leisten sei, betonte Boll. Es dürfe keine überstellige Ware angeliefert werden. 
2018 sei ein Frustjahr gewesen, nach dem Frostjahr 2017. Zwar habe man mit 10.994 Tonnen (Vorjahr: 6838 Tonnen) eine Vermarktungsmenge in der notwendigen Größenordnung erreicht. Man habe auch einiges an Zukaufsware gehandelt. Aber der Umsatz von 15,79 Mio. Euro mit der eigenen Ware (ohne Verpackungen) war nicht befriedigend: Die Mini-Ernte von 2017 lag sogar mit 15,95 Mio. Euro umsatzmäßig geringfügig höher. 
In der Gewinn- und Verlustrechnung steht ein Jahresfehlbetrag von 38.000 Euro (Vorjahr: +126.000 Euro) zu Buche. „Das ist kein tolles Ergebnis, wenn man 11.000 Tonnen Ware bewegt”, meinte Boll. Im Prüfungsbericht des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes wurde die Ertragslage als „noch zufriedenstellend” angesehen. 
Preise unter Druck
Die Preise standen bei den wichtigen Erzeugnissen Erdbeeren und Spargel unter Druck, dazu kamen die Qualitätsprobleme bei Kirschen. Beeren waren mit 44 % Umsatzanteil (Vorjahr: 45,4 %) die wichtigste Warengruppe.
Mit Spargel wurden 3,5 Mio. Euro umgesetzt, der Durchschnittspreis war mit 3,97 Euro/kg (Vorjahr: 4,18 Euro) nicht befriedigend. Erste Mengen in der anlaufenden Saison wurden von den Mitgliedern am 26. März angeliefert, das Geschäft mit Aldi und Lidl sei angelaufen. 
Die Vermarktungsmenge bei Erdbeeren lag bei 2706 Tonnen, der Durchschnittspreis lag bei 2,18 Euro/kg (Vorjahr: 3,28 Euro). Bei den Tafelkirschen resultierte bei einer Vermarktungsmenge von 829,5 Tonnen ein Durschnittspreis von 2,12 Euro (Vorjahr: 3,55 Euro). Bei Brennkirschen waren es 38 Cent/kg und bei Industriekirschen 88 Cent/kg.
Noch vergleichsweise gut bei ordentlicher Qualität lief die Saison bei den Zwetschgen, wo 2,2 Mio. Euro umgesetzt wurden. Der Durchschnittspreis lag bei 63 Cent/kg. Boll glaubt nicht, dass osteuropäische Länder langfristig Zwetschgen für 55 bis 60 Cent/kg liefern können.
Boll bedauerte, dass die Anbauflächen bei Stachelbeeren und Mirabellen nicht ausgedehnt wurden. „Das Geschäft macht jetzt das Rheinland”, merkte er an.
Für die Zukunft müsse man über neue Modelle nachdenken, vielleicht könnten vier, fünf junge Erzeuger etwas zusammen machen. Es müsse auf genügend großen Flächen erzeugt werden. Am Kaiserstuhl sieht er Strukturprobleme. Auch der Bio-Anbau sei überlegenswert.
Die Kommunikation zwischen Markt und Erzeugern müsse besser werden, beispielsweise beim erwarteten Erntestart für einzelne Kulturen, mahnte Boll. Er appellierte auch an Erzeuger, dem Anbauberater Hubert Schneider nicht die Zeit zu stehlen.
"Etwas in die Hand nehmen"
Weitblick und Austausch fehlten, kritisierte Kreisobstbau-Beraterin Stefanie Lapcik, die mit dem Opfinger Versuchsgarten auch Mitglied beim EGRO ist. Die Genossenschaft müsse etwas in die Hand nehmen, meinte sie. Ein Erzeuger mahnte, das eigene Produkt nicht so schlechtzureden. Auf die Politik müsse Druck ausgeübt werden, damit sie die Position der Erzeuger stärke.
Weitere Wortmeldungen gab es in der Diskussion nicht. Bei den Wahlen wurden Klemens Gugel als Vorsitzender und Werner Räpple als stellvertretender Vorsitzender im Vorstand genauso bestätigt wie Martin und Fritz Wassmer im Aufsichtsrat.