Politik | 23. August 2018

Dürreschäden von nationalem Ausmaß

Von Walter Eberenz / AgE
Für existenziell von der Dürre betroffene Landwirte sollen 150 bis 170 Millionen Euro Bundesmittel als Hilfen fließen. Als Voraussetzung dafür erklärte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner am Mittwoch bei ihrem Erntebericht die Dürre zum nationalen Notstand.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat am Mittwoch ein Bund-Länder-Hilfsprogramm in Höhe von rund 340 Millionen Euro für existenzgefährdete Betriebe vorgeschlagen, je zur Hälfte finanziert vom Bund und den Ländern.
Der Bund beteiligt sich an finanziellen Hilfen zugunsten dürregeschädigter Betriebe. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner stellte am Mittwoch vor Journalisten in Berlin eine Summe von 150 Millionen bis 170 Millionen Euro in Aussicht, die für ein Bund-Länder-Programm zur Verfügung gestellt werden sollen. Voraussetzung dafür ist, dass von Länderseite die gleiche Summe hinzukommt.
Nach Einschätzung der Bundesregierung haben die Folgen der diesjährigen Witterung ein nationales Ausmaß erreicht. Damit ist die Voraussetzung für eine Mittelbereitstellung aus dem Bundeshaushalt gegeben.
10000 existenzbedrohte Betriebe in Deutschland
Gemäß den Meldungen der Länder geht das Bundeslandwirtschaftsministerium von insgesamt rund 10.000 Betrieben aus, die infolge der anhaltenden Trockenperiode in ihrer Existenz bedroht sind. Klöckner zufolge ist jeder 25. landwirtschaftliche Betrieb in Deutschland betroffen. Deren Dürreschäden werden auf rund 680 Millionen Euro veranschlagt. Davon soll die Hälfte zu gleichen Teilen von Bund und Ländern abgedeckt werden.
Als eine Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Hilfsgeldern gilt ein Ertragsrückgang in diesem Jahr von 30 Prozent gegenüber dem vorhergehenden Dreijahreszeitraum. Die Existenzgefährdung soll dann betriebsindividuell von den Ländern geprüft werden, denen auch die Abwicklung des Hilfsprogramms obliegen soll. Klöckner kündigte an, der Bund werde noch im September entsprechende Verwaltungsvereinbarungen unterzeichnen. Die Ministerin sprach hierbei von einem „strammen Zeitplan”. So sei bereits am kommenden Montag ein Treffen mit den Ländern anberaumt. Klöckner zufolge haben alle Länder bis auf Rheinland-Pfalz und das Saarland signalisiert, ein Hilfsprogramm auflegen zu wollen. Die Hilfen sollen als verlorene Zuschüsse gewährt werden. Die Länder sollen Abschlagszahlungen gewähren können.
Räpple baut aufs Land
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, wertete die Entscheidung der Bundesregierung in einer ersten Reaktion als „gutes Signal für alle betroffenen Landwirte”.  BLHV-Präsident Werner Räpple rechnet fest damit, dass sich auch Baden-Württemberg an dem Bund-Länder-Programm für die Dürrehilfen beteiligt. Dabei sollen nach seinem Dafürhalten zuallererst die Futterbaubetriebe berücksichtigt werden.
Hier befindet er sich im Einklang mit Bundesministerin Julia Klöckner: „Wir bitten die Länder, dass sie die viehhaltenden Betriebe zuerst bedienen”, sagte sie am Mittwoch gegenüber der Presse in Berlin. Die Getreideerträge 2018 (ohne Körnermais) veranschlagte  Julia Klöckner am Mittwoch gegenüber der Presse bundesweit auf 16 Prozent unter dem dreijährigen Mittel der Vorjahre. Als Länder mit den größten Ertragsverlusten führte sie Schleswig-Holstein (minus 31 Prozent), Brandenburg (minus 27 Prozent), Sachsen-Anhalt (minus 26 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (minus 25 Prozent) und Niedersachsen (minus 26 Prozent) auf.  
Baden-Württemberg ist bei Getreide der Dürre dagegen entwischt: Das Bundeslandwirtschaftsministerium weist hier einen leichten Etragszuwachs von 2,4 Prozent aus.
Hauk will vor allem Futterbaubetrieben helfen
In einer ersten Reaktion begrüßte der Landwirtschaftsminister von Baden-Württemberg, Peter Hauk, die Entscheidung der Bundesregierung zu den Dürreschäden 2018. „Der Bund muss nun sehr schnell die notwendigen Mittel bereitstellen und auch in Baden-Württemberg werden wir im Kabinett über eine Beteiligung des Landes an den Dürrehilfen beraten”, sagte er am Mittwoch gegenüber der Presse.
Das Land werde in den kommenden Tagen mit dem Bund die Verfahrensregeln abstimmen, die die Verhältnisse in Süddeutschland mit kleineren Betrieben angemessen berücksichtigen würden. „Wichtig ist dabei, dass am Ende eine Futterbeihilfe zustande kommt, um den stark betroffenen viehhaltenden Betrieben schnell helfen zu können”, so der Minister.
Unter Berücksichtigung existenzieller Probleme der Betriebe, insbesondere bei der Grundversorgung von Tieren, wird in Baden-Württemberg aktuell von einem Schadensvolumen von 50 Millionen Euro, vorwiegend im Futterbau, ausgegangen, erklärt Hauk. Bei einem Beihilfesatz von 50 Prozent würden sich Bund und Land dann die Finanzierung teilen. Allerdings müsse zunächst abgewartet werden, wie viel Geld der Bund dem Land zur Verfügung stellen könne, um eine definitive Aussage zum Umfang der möglichen Hilfen zu treffen.
Den Produktionsrisiken aufgrund des Klimawandels müsse dringend durch ein  einzelbetriebliches Risikomanagement begegnet werden, das ein Bündel an produktionstechnischen, investiven und organisatorischen Maßnahmen umfasse, mahnte der Minister gleichzeitig an.
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) setze sich daher mit dem Berufsstand auf nationaler Ebene für deutlich verbesserte Maßnahmen  zur  Unterstützung des einzelbetrieblichen Risikomanagements ein. Dazu zählt das MLR:
  • eine steuerliche Risikoausgleichsrücklage für die Landwirtschaft,
  • die staatliche Unterstützung auch von Mehrgefahrenversicherungen durch den Bund,
  • die Verbesserung der Fördermöglichkeiten für investive produktionstechnische Maßnahmen (zum Beispiel Bewässerung),
  • die Absenkung der Versicherungssteuer auch für die Risiken Trockenheit und Hochwasser.