Politik | 13. Februar 2020

Düngeverschärfung auf der Zielgeraden

Von AgE
Die Entscheidung über das künftige Düngerecht rückt näher. Die Bundesregierung hat der EU-Kommission in der vergangenen Woche einen überarbeiteten Entwurf für eine Änderung der Düngeverordnung übermittelt. Darin stehen doch noch Erleichterungen.
In einigen Punkten konnte die Regierung Erleichterungen erreichen. Ansonsten besteht die Kommission auf den zuvor bekannt gewordenen zusätzlichen Verschärfungen.
Binnendifferenzierung bei Roten Gebieten
Die Länder sollen laut Bundeslandwirtschaftsministerium verpflichtend eine Binnendifferenzierung ihrer nitratbelasteten Gebiete vornehmen müssen.
Verständigt haben sich Bund und Länder dem Bundeslandwirtschaftsministerium zufolge auf ein einheitliches Vorgehen bei der Ausweisung der Roten Gebiete. Danach sollen die Länder verpflichtend eine Binnendifferenzierung ihrer nitratbelasteten Gebiete vornehmen müssen.
Bekräftigt wurde, dass es keinen weiteren zeitlichen Aufschub geben wird. Dem Vernehmen nach hat die Kommission die Einleitung eines Klageverfahrens angekündigt, sollte der Bundesrat am 3. April 2020 keinen Beschluss zur Novelle der Düngeverordnung fassen. Das Bundeskabinett wird den Regierungsentwurf nach derzeitigem Zeitplan am 19. Februar beschließen.
Unterdessen hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze Vorwürfe zurückgewiesen, ihr Ressort nehme seine Verantwortung für eine einheitliche Ausgestaltung der Nitratmessstellennetze in den Ländern nicht wahr.
Phosphatbelastete Gebiete ausweisen
Laut dem nunmehr der Kommission vorgelegten überarbeiteten Verordnungsentwurf soll die Ausbringung von stickstoffhaltigen Düngemitteln auf gefrorenen Böden in Roten Gebieten generell verboten werden. Ausnahmen soll es nicht mehr geben.
Nicht durchsetzen konnte sich die Bundesregierung mit ihrer Forderung, in den nitratbelasteten Gebieten die Düngung mit Gülle auf solchen Zwischenfrüchten zu ermöglichen, die nicht der Futternutzung dienen. Ausgewiesen werden müssen Gebiete, die durch Phosphateinträge aus landwirtschaftlichen Quellen eutrophiert sind. Allerdings muss der Anteil der Landwirtschaft an der Eutrophierung nachweislich mehr als 50 Prozent betragen.
Darüber hinaus verlangt die Kommission, in unbelasteten Gebieten Messstellen auszuweisen, wenn sie einen erhöhten Nitratwert von mindestens 37,5 mg/l mit steigender Tendenz aufweisen. Noch nicht entschieden ist, ob ein 5-km-Radius um diese Messstellen als Rotes Gebiet festgelegt werden soll, wenn keine geeigneten Kriterien für die Einbeziehung der Messstellen gefunden werden.
Bleiben soll es bei der Kommissionsforderung, auf landwirtschaftlichen Flächen mit mindestens fünf Prozent Hangneigung an Gewässern einen fünf Meter breiten, ganzjährig begrünten Randstreifen einzurichten.
Härtefallregelung für Gülleausbringung
Erreichen konnte die Bundesregierung in den Gesprächen mit der Kommission eine Ausnahmeregelung vom Verbot der Zwischenfruchtdüngung im Herbst für Festmist und Kompost von ökologisch und extensiv wirtschaftenden Betrieben. Voraussetzung ist, dass die Zwischenfrüchte auf dem Feld verbleiben. Bei einer jährlichen Niederschlagsmenge von weniger als 500 mm soll der obligatorische Zwischenfruchtanbau in Roten Gebieten entfallen.
Grünland soll von den Vorschriften zur Reduzierung der Stickstoffdüngung in Roten Gebieten ausgenommen werden, wenn der Grünlandanteil dort nicht mehr als 20 Prozent beträgt. Für die Ausbringung von Gülle im Herbst will das Bundeslandwirtschaftsministerium noch eine Härtefallregelung erreichen. Danach soll Gülle zur Düngung von Zwischenfrüchten ohne Futternutzung in Roten Gebieten im Herbst zulässig sein, wenn ein Landwirt bereits die Errichtung zusätzlicher Lagerkapazitäten für Gülle beantragt hat, die Genehmigung aber noch aussteht.
Verwaltungsvorschrift zu Roten Gebieten
Um eine einheitliche Vorgehensweise der Länder bei der Ausweisung von Roten Gebieten zu gewährleisten, wird die Bundesregierung den Angaben zufolge eine Verwaltungsvorschrift mit den erforderlichen technischen Regeln erlassen. Auf dieser Grundlage sollen die Landesregierungen ihre Ausweisung der nitratbelasteten Gebiete überprüfen und erforderliche Änderungen innerhalb eines halben Jahres vornehmen.
Verurteilung keine Überraschung
Umweltministerin Schulze verwahrte sich vergangene Woche gegen Kritik ihrer Kabinettskollegin Julia Klöckner. Deren Aufforderung an die Länder, zur Vereinheitlichung und Transparenz beim Messnetz zu kommen, nannte die SPD-Politikerin in einem Schreiben an Klöckner „mehr als erstaunlich”. Schulze verwies auf einen vor einem Jahr begonnenen Bund-Länder-Prozess, um gemeinsam mit den Wasser- und Landwirtschaftsverwaltungen ein einheitliches Vorgehen beim Messen und beim Monitoring der Nitratbelastungen zu gewährleisten. Während sowohl die Umwelt- als auch die Landwirtschaftsbehörden der Länder kontinuierlich an den Sitzungen teilgenommen hätten, sei das Agrarressort überwiegend ferngeblieben und habe sich damit „der konstruktiven Mitwirkung im Interesse eines zentralen Ausgleichs von Landwirtschafts- und Umweltanliegen entzogen”.
Grundsätzliche Kritik
Schulze nutzt den Brief zu einer grundsätzlichen Kritik an der Düngepolitik des Bundeslandwirtschaftsministeriums. So habe sich das Ressort unter Klöckners Vorgänger Christian Schmidt einer EU-rechtskonformen Novelle der Düngeverordnung widersetzt. Allen Beteiligten sei klar gewesen, dass mit der Novelle aus dem Jahr 2017 die Forderungen der EU-Kommission „nicht adäquat erfüllt wurden”, so die Umweltministerin. Das Bundeslandwirtschaftsministerium habe „aus Opportunität gegenüber den landwirtschaftlichen Interessengruppen” eine ausreichende Umsetzung des EU-Rechts blockiert. Die Verurteilung Deutschlands vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) sei daher nicht überraschend gekommen, „sondern wurde von Ihrem Haus sehenden Auges hingenommen”, heißt es in dem Schreiben an Klöckner.