Die Entscheidung über das künftige Düngerecht rückt näher. Die Bundesregierung hat der
EU-Kommission in der vergangenen Woche einen überarbeiteten Entwurf für eine Änderung der Düngeverordnung übermittelt. Darin stehen doch noch Erleichterungen.
In einigen Punkten konnte die Regierung Erleichterungen erreichen. Ansonsten besteht die Kommission auf den zuvor bekannt gewordenen zusätzlichen Verschärfungen.
Binnendifferenzierung bei Roten Gebieten
Die Länder sollen laut Bundeslandwirtschaftsministerium verpflichtend eine Binnendifferenzierung ihrer
nitratbelasteten Gebiete vornehmen müssen.
Verständigt haben sich Bund und
Länder dem Bundeslandwirtschaftsministerium zufolge auf ein
einheitliches Vorgehen bei der Ausweisung der Roten Gebiete. Danach
sollen die Länder verpflichtend eine Binnendifferenzierung ihrer
nitratbelasteten Gebiete vornehmen müssen.
Bekräftigt wurde, dass es keinen weiteren zeitlichen Aufschub geben
wird. Dem Vernehmen nach hat die Kommission die Einleitung eines
Klageverfahrens angekündigt, sollte der Bundesrat am 3. April 2020
keinen Beschluss zur Novelle der Düngeverordnung fassen. Das
Bundeskabinett wird den Regierungsentwurf nach derzeitigem Zeitplan am
19. Februar beschließen.
Unterdessen hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze Vorwürfe
zurückgewiesen, ihr Ressort nehme seine Verantwortung für eine
einheitliche Ausgestaltung der Nitratmessstellennetze in den Ländern
nicht wahr.
Phosphatbelastete Gebiete ausweisen
Laut dem nunmehr der Kommission vorgelegten
überarbeiteten Verordnungsentwurf soll die Ausbringung von
stickstoffhaltigen Düngemitteln auf gefrorenen Böden in Roten Gebieten
generell verboten werden. Ausnahmen soll es nicht mehr geben.
Nicht durchsetzen konnte sich die Bundesregierung mit ihrer Forderung,
in den nitratbelasteten Gebieten die Düngung mit Gülle auf solchen
Zwischenfrüchten zu ermöglichen, die nicht der Futternutzung dienen.
Ausgewiesen werden müssen Gebiete, die durch Phosphateinträge aus
landwirtschaftlichen Quellen eutrophiert sind. Allerdings muss der
Anteil der Landwirtschaft an der Eutrophierung nachweislich mehr als 50
Prozent betragen.
Darüber hinaus verlangt die Kommission, in unbelasteten Gebieten
Messstellen auszuweisen, wenn sie einen erhöhten Nitratwert von
mindestens 37,5 mg/l mit steigender Tendenz aufweisen. Noch nicht
entschieden ist, ob ein 5-km-Radius um diese Messstellen als Rotes
Gebiet festgelegt werden soll, wenn keine geeigneten Kriterien für die
Einbeziehung der Messstellen gefunden werden.
Bleiben soll es bei der Kommissionsforderung, auf landwirtschaftlichen
Flächen mit mindestens fünf Prozent Hangneigung an Gewässern einen fünf
Meter breiten, ganzjährig begrünten Randstreifen einzurichten.
Härtefallregelung für Gülleausbringung
Erreichen konnte die Bundesregierung in den
Gesprächen mit der Kommission eine Ausnahmeregelung vom Verbot der
Zwischenfruchtdüngung im Herbst für Festmist und Kompost von ökologisch
und extensiv wirtschaftenden Betrieben. Voraussetzung ist, dass die
Zwischenfrüchte auf dem Feld verbleiben. Bei einer jährlichen
Niederschlagsmenge von weniger als 500 mm soll der obligatorische
Zwischenfruchtanbau in Roten Gebieten entfallen.
Grünland soll von den Vorschriften zur Reduzierung der Stickstoffdüngung
in Roten Gebieten ausgenommen werden, wenn der Grünlandanteil dort
nicht mehr als 20 Prozent beträgt. Für die Ausbringung von Gülle im
Herbst will das Bundeslandwirtschaftsministerium noch eine
Härtefallregelung erreichen. Danach soll Gülle zur Düngung von
Zwischenfrüchten ohne Futternutzung in Roten Gebieten im Herbst zulässig
sein, wenn ein Landwirt bereits die Errichtung zusätzlicher
Lagerkapazitäten für Gülle beantragt hat, die Genehmigung aber noch
aussteht.
Verwaltungsvorschrift zu Roten Gebieten
Um eine einheitliche
Vorgehensweise der Länder bei der Ausweisung von Roten Gebieten zu
gewährleisten, wird die Bundesregierung den Angaben zufolge eine
Verwaltungsvorschrift mit den erforderlichen technischen Regeln
erlassen. Auf dieser Grundlage sollen die Landesregierungen ihre
Ausweisung der nitratbelasteten Gebiete überprüfen und erforderliche
Änderungen innerhalb eines halben Jahres vornehmen.
Verurteilung keine Überraschung
Umweltministerin Schulze verwahrte sich vergangene Woche
gegen Kritik ihrer Kabinettskollegin Julia Klöckner. Deren Aufforderung
an die Länder, zur Vereinheitlichung und Transparenz beim Messnetz zu
kommen, nannte die SPD-Politikerin in einem Schreiben an Klöckner „mehr
als erstaunlich”. Schulze verwies auf einen vor einem Jahr begonnenen
Bund-Länder-Prozess, um gemeinsam mit den Wasser- und
Landwirtschaftsverwaltungen ein einheitliches Vorgehen beim Messen und
beim Monitoring der Nitratbelastungen zu gewährleisten. Während sowohl
die Umwelt- als auch die Landwirtschaftsbehörden der Länder
kontinuierlich an den Sitzungen teilgenommen hätten, sei das
Agrarressort überwiegend ferngeblieben und habe sich damit „der
konstruktiven Mitwirkung im Interesse eines zentralen Ausgleichs von
Landwirtschafts- und Umweltanliegen entzogen”.
Grundsätzliche Kritik
Schulze nutzt den Brief zu einer grundsätzlichen
Kritik an der Düngepolitik des Bundeslandwirtschaftsministeriums. So
habe sich das Ressort unter Klöckners Vorgänger Christian Schmidt einer
EU-rechtskonformen Novelle der Düngeverordnung widersetzt. Allen
Beteiligten sei klar gewesen, dass mit der Novelle aus dem Jahr 2017 die
Forderungen der EU-Kommission „nicht adäquat erfüllt wurden”, so die
Umweltministerin. Das Bundeslandwirtschaftsministerium habe „aus
Opportunität gegenüber den landwirtschaftlichen Interessengruppen” eine
ausreichende Umsetzung des EU-Rechts blockiert. Die Verurteilung
Deutschlands vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) sei daher nicht
überraschend gekommen, „sondern wurde von Ihrem Haus sehenden Auges
hingenommen”, heißt es in dem Schreiben an Klöckner.