„Die Politik muss jetzt liefern”
Es sei nicht die Agrarbranche, die sich an irgendwelche alten Sprechzettel festklammere, stellte Paetow klar. „Unsere Branche hat geliefert. Die Diskussion mit unseren kritischen Begleitern aus Umwelt- und Tierschutzorganisationen sind geführt und dabei sind in konstruktiven und vertrauensvollen Prozessen breit mitgetragene Leitlinien entstanden”, unterstrich der DLG-Präsident. Die Gleichrangigkeit von Ernährungssicherheit, Biodiversitätserhaltung und Klimaschutz werde von keinem Verband – weder von der Agrar- noch von der Umweltseite – mehr in Frage gestellt.
Die Nervosität, so Paetow, sei nun eher bei denen zu spüren, die jetzt erst begreifen würden, dass sich bei der Umsetzung der vereinbarten ausgewogenen Leitlinien die eigene Klientel politisch nicht mehr ganz so gut bedienen lasse. Anders ist es für ihn nicht zu erklären, dass von den bisherigen agrar- und ernährungspolitischen Initiativen der Bundesregierung keine einzige auch nur im Entferntesten die vereinbarten Leitlinien aus ZKL und Borchert berücksichtigt. „Wenn uns als Antwort auf die Frage nach dem Weg zu einem nachhaltigen Ernährungssystem nicht mehr einfällt als 30Prozent Ökolandbau – aber an der Nachfrage vorbei –, Pflanzenschutzmittelreduktion per Totalverbot, willkürlich ausgewiesene Rote Gebiete und der planmäßige Aufbau neuer Importabhängigkeiten durch Verlagerung der Tierhaltung ins Ausland, dann ist das für mich ein Rückfall in die finstersten Zeiten der klientelpolitischen Instrumentalisierung der Ernährungssysteme, in die Zeiten agrar- und umweltpolitischer Wagenburgen, aus denen wir uns gerade mühevoll einen Weg in Richtung Fortschritt gebahnt hatten”, fasste Paetow seine Enttäuschung zusammen.
Wenn zum Beispiel für die Verbesserung des Artenschutzes mehrere Maßnahmen zur Auswahl stünden, sei unter den heutigen Vorzeichen diejenige als nachhaltiger zu beurteilen, die bei ähnlich positiver Wirkung auf die Biodiversität mit dem geringsten Ertragsrückgang verbunden sei, erklärte der DLG-Präsident. Und das sei aktuell nicht die Umstellung auf den Ökolandbau, sondern eher eine produktionsintegrierte Reduktion von Pflanzenschutzmitteln auf der Basis innovativer Verfahren.
Durch die Einbeziehung der Agrarbranche werde Nachhaltigkeit auch zur Grundlage von Finanzierungs- und Versicherungskonzepten in der Landwirtschaft, sagte Paetow voraus. Diese Situation sollte die Branche jetzt mit Eigeninitiative proaktiv nutzen.