Tierhaltung | 09. Juli 2015

Die Untersuchungen laufen zunächst weiter

Von Dr. Albrecht Schwarzmaier, RGD Freiburg
Am 31. März 2015 wurden in Baden-Württemberg die letzten 18 BHV1-positiven Kühe geschlachtet und im April hat das Land bei der EU den Antrag auf BHV1-Freiheit gestellt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass damit die BHV1-Kontrollen der Vergangenheit angehören.
Die rechtzeitige Impfung der Nachzucht war einer der Grundpfeiler der BHV1-Sanierung, hier intranasale Impfung mit Lebendimpfstoff.
Rinderhaltende Betriebe müssen  auch künftig ihren BHV1-Status kontrollieren. Je nach der  Betriebsstruktur erfolgt dies auf unterschiedliche Weise (s. Tab.). Für Milchviehbestände ist die Kontrolle wenig aufwendig, da hier eine Untersuchung über die Tankmilch möglich ist. Die benötigten Probengefäße und die  vorgefertigten Untersuchungsanträge erhalten die Betriebe zweimal im Jahr vom Staatlichen Tierärztlichen Untersuchungsamt Aulendorf – Diagnostikzentrum – über ihre Molkerei.
Eine Ausnahme bilden ehemalige Sanierungsbetriebe, die noch Kühe im Bestand haben, die im Rahmen der Sanierung gegen BHV1 geimpft werden mussten. Je nach Anteil der geimpften Tiere müssen entweder alle Tiere über 24 Monaten einmal jährlich über Blutproben untersucht werden oder es wird eine kombinierte Untersuchung vorgenommen, bei der die nicht geimpften Kühe über Sammelmilch und die anderen Kühe über Blut untersucht werden.
Mutterkuhherden müssen ebenfalls alle Tiere über 24 Monaten einmal jährlich über Blutproben untersuchen lassen. Für die Mutterkuhbetriebe bedeutet dies einen größeren Aufwand. Für den Ablauf einer Herdenuntersuchung sind die Fangeinrichtungen und die Zugänglichkeit der Tiere von entscheidender Bedeutung.
Eine Änderung des Untersuchungsumfangs im Hinblick auf das Zeitintervall und den Umfang ist derzeit  nicht in Sicht. Die Untersuchungen sind bundesweit einheitlich geregelt. Bevor Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz noch nicht BHV1-frei sind, ist hier keine Änderung möglich. Schleswig-Holstein hat aktuell noch etwa 100 Sanierungsbetriebe mit circa 4500 Reagenten. Ob nach Abschluss der Sanierung in diesen Bundesländern dann Änderungen bezüglich der Zeiträume oder des Umfangs erfolgen, kann im Augenblick niemand sagen.
Einen Sonderfall bilden die Betriebe mit weniger als 30 % Kühen (bezogen auf die Gesamtzahl der Rinder), sofern es keine reinen Stall-Endmastbetriebe sind. Hier mussten bisher einmal jährlich alle Rinder über neun  Monaten, auch die Bullen, über Blutproben untersucht werden. Wenn hier nur die Kühe untersucht würden, wäre dies nicht repräsentativ. In der  kürzlich erfolgten Änderung der BHV1-Verordnung wurde berücksichtigt, dass ältere Mastbullen nur mit sehr großem Aufwand zu beproben sind. Es müssen jetzt die weiblichen Rinder über neun  Monaten und die männlichen Rinder unter neun  Monaten einmal jährlich beprobt werden.
Die reinen Stall-Endmastbetriebe müssen, wenn sie einmal den BHV1-freien Status erreicht haben, ihre BHV1-Freiheit dadurch nachweisen, dass alle Zukäufe ein BHV1-Zeugnis haben.
Sonderregelung für Impfbetriebe
Ehemalige Impfbetriebe müssen, solange noch Impftiere im Bestand stehen, eine Besonderheit beachten. Rinder über 28 Tagen, die zur Nutzung verkauft werden, müssen hier von einer „Tierhalter-Erklärung” begleitet sein, die dem Käufer bescheinigt, dass die Verkaufstiere nicht geimpft sind. Wobei diese Regelung eigentlich nur Formsache ist, da fast keiner der betroffenen Betriebe im Nutztierverkauf aktiv ist. Hintergrund ist die BHV1-Schutzverordnung des Landes, mit der festgeschrieben werden sollte, dass nur BHV1-freie Rinder eingestallt werden dürfen. Sie verbietet die  Einstallung  nicht freier bzw.  geimpfter Rinder. Aufgrund unscharfer Formulierungen in früheren Vorschriften, die die Rechtsgrundlage bilden, konnte bei diesem Einstallungsverbot als Definition nur das „Doppelpack” „BHV1-frei und nicht geimpft” verwendet werden, obwohl die BHV1-freien, geimpften Tiere kein zusätzliches Risiko bedeuten. Verschiedentlich war durch dieses Einstallungsverbot die fälschliche Meinung entstanden, dass Impftiere jetzt genau so gemerzt werden sollen wie zuvor die BHV1-Reagenten. Dies ist jedoch nie beabsichtigt worden und auch nicht sinnvoll.
 Im Jahr 2013 war den zuletzt noch etwa 240 positiven Betrieben vorgeschrieben worden, eine Gesamtbestandsimpfung durchzuführen, da ohne einen umfassenden Impfschutz keine Sanierung zu erreichen war.  Mit dieser Verordnung war  in Kauf genommen worden, dass nach Abschluss der Sanierung noch mehrere 10 000 Impftiere im Land stehen werden. Die jüngsten Impftiere sind jetzt etwa zwölf Monate alt und werden bei normaler Remontierung noch bis zu zehn Jahre in den  Beständen verbleiben. Ohne diesen langen „Nachlauf” von Impftieren wäre aber ein Abschluss der BHV1-Sanierung nie zu erreichen gewesen.
Erleichterungen bei BVD eher möglich
Das zweite große Sanierungsverfahren im Rinderbereich betrifft  die BVD-Infektion. Bei ihr wird aufgrund des gegenüber BHV1 völlig anderen Infektionsverlaufs  eine andere Untersuchungstechnik – die Ohrstanzprobe der neugeborenen Kälber – angewandt. Hier  wären künftige Erleichterungen eher denkbar.  In der Schweiz, die deutlich früher mit der Bekämpfung begonnen hat, wurde  teilweise schon auf eine Kontrolle über Tankmilch umgestellt. Voraussetzung sind aber eine weitestgehende Eliminierung des BVD-Virus und eine Änderung der BVD-Verordnung. Die BVD-Infektion ist seit 2011 erfolgreich zurückgedrängt worden. Im ersten Halbjahr 2015 wurden in ganz Baden-Württemberg  noch 16 positive Kälber in 13 Betrieben festgestellt. 
Kontrollen haben ihre Berechtigung
Wie wichtige weitere Kontrollen zur Sicherstellung der BHV1-Freiheit sind, zeigt die  Einschleppung des BHV1-Virus  aus dem seit 1999  BHV1-freien Österreich nach Deutschland. Von dort  waren unerkannt infizierte Tiere unter anderem in einen Betrieb im Kreis Biberach verbracht worden. Er hatte infizierte Mastkühe zugekauft. Im März 2015  kam es  zur Ausbreitung innerhalb des Bestandes und in zwei benachbarte Rinderbetriebe. Die Rinder aller drei Betriebe wurden geschlachtet beziehungsweise bei akuter Erkrankung getötet. Ein vierter Betrieb war vermutlich unabhängig von diesem Geschehen positiv geworden. Die Einschleppung nach Österreich konnte trotz umfangreicher Untersuchungen nicht zweifelsfrei geklärt werden. Vermutet werden Kontakte über Viehtransporter.