Politik | 20. September 2018

Die Schweinepest ist jetzt vor der Haustür

Von Agra-Europe
Die Afrikanische Schweinepest (ASP) rückt Deutschland gefährlich nahe. Nach dem Auftreten in Südbelgien – rund 60 Kilometer von der Grenze zu Deutschland entfernt – herrscht große Sorge.
  In der südbelgischen Gemeinde Étalle im Dreiländereck Frankreich, Luxemburg und Belgien  wurde am Donnerstag vergangener Woche  bei zwei verendeten Wildschweinen die ASP  festgestellt. Inzwischen wurde  im gleichen Ort bei vier  weiteren Wildschweinen das Virus nachgewiesen.  Ausbrüche hatte es zuvor nur in Osteuropa gegeben.
 Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hob hervor, dass sie die neue Situation sehr ernst nehme.  Die Vorbereitungen für den Krisenfall liefen. Auch die rechtlichen Instrumente lägen vor, um die ASP zu bekämpfen. Die Ministerin wies darauf hin, dass sie  im Juni ein Gesetz auf den Weg gebracht habe, mit dem die bestehenden Maßnahmen ergänzt würden und ein Ausbruch der ASP bei Wildschweinen  effektiver bekämpft werden könne. Das Gesetzesvorhaben stehe kurz vor dem Abschluss. Wichtig sei, dass die Vermarktungswege für Schweinefleisch offen bleiben. Von hohem Interesse sei vor allem das Vertrauensverhältnis zu China.
 In Nordrhein-Westfalen  wurde  ein verstärktes ASP-Monitoring in den grenznahen Kreisen Aachen, Düren und Euskirchen beschlossen.
 Gut vorbereitet auf den möglichen Seuchenfall sieht sich Baden-Württemberg. Agrarminister Peter Hauk  verwies auf den zum Jahresbeginn vorgestellten Zwölf-Punkte-Plan zur Eindämmung der ASP-Gefahr, der mit Hochdruck im Land umgesetzt werde. Der Plan ist unter  www.mlr-baden-wuerttem berg.de im Internet abrufbar.  Dass der Risikofaktor Schwarzwild eingedämmt werden könne, belege die Rekordstrecke von 78 606 erlegten Wildschweinen im vergangenen Jahr.
Nicht im "Herz der belgischen Produktion"
Der agrarpolitische Sprecher der FDP im Stuttgarter Landtag, Klaus Hoher, forderte die Landesregierung  auf, die allgemeine Jagdruhe im März und April für die Schwarzwildbejagung dauerhaft auszusetzen, das Verbot der Kirrung  dauerhaft zu lockern und ein  Konzept für verschärfte Biosicherheitsmaßnahmen in  infektionsgefährdeten Tierbeständen vorzulegen.
 Der Generalsekretär der EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA), Pekka Pesonen, wies darauf hin,  dass   fünf EU-Staaten – Belgien, Deutschland, Frankreich sowie die Niederlande und Luxemburg – in unmittelbarer Nähe des Seuchengeschehens lägen. Positiv hob er   hervor, dass die mit ASP-infizierten Wildschweine nicht im „Herz der belgischen Schweineproduktion” entdeckt worden seien.
Für den Deutschen Jagdverband (DJV) ist der Sprung des Virus nach Westeuropa ein klares Indiz dafür, dass der Mensch für die schnelle Verbreitung der ASP verantwortlich ist. Der Verband forderte, die Biosicherheit insbesondere an Parkplätzen, Bahnhöfen oder Grenzübergängen entlang von Transitstrecken zu verbessern. Dazu gehörten verschlossene Abfallbehälter ebenso wie  Zäune.
Drittländer sperren
Eine Reihe von Drittländern – darunter China, Japan und Südkorea – hat Schweinefleischimporte aus Belgien gestoppt. Innerhalb der EU bestehen  keine Handelsrestriktionen für Belgien. Ausnahme ist das von den belgischen Behörden verfügte Verbringungsverbot in dem definierten Risikogebiet von 63 000 Hektar rund um die Fundstellen.
Allerdings scheinen die Handelspartner Marktbeobachtern zufolge vorsichtig zu werden. So sollen Schlachtbetriebe in den Niederlanden und Deutschland derzeit keine Schweine mehr aus Belgien schlachten. In Spanien gibt es Überlegungen,   auf den Import niederländischer Ferkel zu verzichten.  Auch französische Erzeugerverbände machen sich für einen Verzicht auf den Lebendhandel stark.
In Rumänien ist die Situation außer Kontrolle
In der EU sind seit Jahresbeginn rund 1000 ASP-Ausbrüche bei Hausschweinen und fast 4000 infizierte Wildschweine identifiziert worden, erklärte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis dieser Tage bei einer Konferenz in Brüssel.
 Erstmals sei  ein ASP-Fall in einem Schweinebestand in Bulgarien bestätigt worden; die stärksten Zunahmen bei Neuinfektionen gebe es in Rumänien. Aber es gebe Hoffnungsschimmer, so etwa die effektive Eindämmung des  Ausbruchs in den Wildschweinebeständen Tschechiens.  Ende August war erstmals ein ASP-Ausbruch in einem Nutzschweinebestand in Bulgarien bestätigt worden.  Betroffen war eine Hinterhofhaltung in  der Provinz Varna, knapp 100 km südlich der Grenze zu Rumänien.   Ende Juli hatte Bulgarien damit begonnen, einen etwa 133 km langen Schutzzaun an der Grenze zu Rumänien zu errichten.
In Rumänien gab  im bisherigen Jahresverlauf  826 Ausbrüche in Nutzschweinebeständen und 46 bei Wildschweinen. Insgesamt mussten  fast 160 000 Schweine  gekeult werden. Betroffen waren neben vielen  Hinterhofhaltungen auch kommerzielle Betriebe.  Die Seuche ist  in elf Landkreisen sowohl im Nordwesten als auch im Südosten des Landes aufgetreten. Presseberichten zufolge sollen kleine Hauswirtschaften verendete Schweine in der Donau entsorgt haben, so dass eine Virusverbreitung über das Wasser nicht mehr ausgeschlossen wird. Der Verband der professionellen Schweineproduzenten beklagte  unzureichende Bekämpfungsmaßnahmen. 
 In China hat sich die Zahl der ASP-Fälle in Nutzschweinebeständen seit dem ersten Ausbruch Anfang August inzwischen auf zehn erhöht.  Betroffen sind bereits sechs Provinzen.