Pflanzenbau | 12. Mai 2022

Die Maiszünsler sind schon in den Startlöchern

Von Dr. Bernd Wührer, AMW Nützlinge, und Dr. Hubert Sprich, Cornexo
Der überwiegend milde und trockene Winter konnte den Maiszünslern wenig anhaben. Durch das im Vergleich zum Vorjahr etwas wärmere Frühjahr ist die Entwicklung des Schädlings derzeit gut eine Woche weiter als 2021.
Bei der bivoltinen Rasse, die um Freiburg und Mannheim vorkommt, hat bereits Ende April die Verpuppung begonnen.
Wetterbedingt dürfte der ideale Zeitpunkt der Zünslerbekämpfung 2022 etwas früher liegen als 2021. Viele Larven haben den Winter gut überstanden. Zum Beispiel sind nach ersten Bonituren in der Nähe von Mannheim nur etwa 15 Prozent der Tiere abgestorben. In Gebieten, in denen im vergangenen Jahr ein starker Befall zu verzeichnen war, ist wieder ein starker Schädlingsdruck zu erwarten. Besondere Gefahr besteht in Regionen mit häufigem Maisanbau und dort, wo keine intensive Stoppelbearbeitung durchgeführt worden ist. Die Larven vernichten durch ihren Fraß nicht nur Teile der Ernte, zusätzlich hat die Verletzung des Pflanzengewebes oft Infektionen von Stängeln und vor allem Kolben mit Fusariumpilzen zur Folge. Jene kontaminieren die Ernte mit giftigen Ausscheidungen, den Mykotoxinen, wodurch die Verwendung von Körnermais sowohl im Lebensmittel- als auch im Futtermittelbereich deutlich eingeschränkt wird.  
Eine oder zwei Generationen pro Jahr
  • Die univoltine Rasse, die nur eine Generation pro Jahr bildet und mittlerweile in allen deutschen Maisanbaugebieten vorkommt, befindet sich derzeit noch im Larvenstadium. Bis Anfang Mai konnten noch keine Zünslerpuppen gefunden werden. Derzeit ist davon auszugehen, dass mit dem ersten Flug der univoltinen Maiszünslerrasse in den warmen Lagen wie dem Rhein- und Neckartal ab Mitte Juni zu rechnen sein wird.
  • Die bivoltine Rasse bildet zwei Generationen pro Jahr. Sie konnte in Deutschland bislang nur in zwei begrenzten Gebieten um Freiburg und um Mannheim nachgewiesen werden. Ihre Verpuppung hat bereits begonnen, in der ersten Maiwoche im Raum Mannheim bereits bei neun von zehn überwinternden Larven. Um Freiburg, in der Region mit der größten Ausdehnung der bivoltinen Rasse, lag die Verpuppung zu diesem Zeitpunkt bei etwa 40 Prozent. 
Drei verschiedene Arten der Bekämpfung
Der Maiszünsler kann im stehenden Pflanzenbestand biologisch oder chemisch bekämpft werden. Zusätzlich sollten die Larven durch eine intensive mechanische Stoppelbearbeitung unmittelbar nach der Ernte in Schach gehalten werden. Diese Methode hat einen sehr hohen Wirkungsgrad und sollte trotz der aktuell hohen Dieselpreise beibehalten werden, da sonst die Schäden im Maisanbau stark steigen können.
Mit dem Einsatz der Trichogramma-Schlupfwespe steht ein bewährtes biologisches Verfahren zur Kontrolle des Maiszünslers zur Verfügung. Es wird von Baden-Württemberg und anderen Bundesländern finanziell gefördert im Rahmen des Gemeinsamen Antrages. Dadurch ist die Anwendung der Nützlinge meist wirtschaftlicher als der Einsatz von Insektiziden und hat darüber hinaus eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz.
Ausgebracht werden die Trichogrammen zunehmend mit Multikoptern,  es werden biologisch abbaubare Kugeln abgeworfen. Das dauert pro Hektar nur drei bis vier Minuten. Dieses Verfahren hat sich bewährt, da es auch sehr exakt arbeitet und relativ günstig ist. Selbstverständlich können die Schlupfwespen auch weiterhin per Hand im Feld verteilt werden
Gutes Monitoring wichtig
Äußerst wichtig ist der richtige Ausbringungstermin, sowohl von Nützlingen als auch von Insektiziden. Um den idealen Zeitpunkt festlegen zu können, muss die Entwicklung des Zünslers möglichst exakt erfasst werden.  Hierzu beobachtet das Monitoring-Team des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg (LTZ) die Entwicklung der Schädlinge, unterstützt vom amtlichen Beratungsdienst, den Landwirten, dem Handel und Produzenten. Auf der Internetseite www.ltz-bw.de können die aktuellen Flugdaten abgerufen werden.
Die Trichogramma-Schlupfwespen  sollten zur Eiablage des Zünslers ausgebracht werden. Der günstigste Zeitpunkt für den Einsatz von Insektiziden liegt kurz nach dem Hauptflug der Falter und damit etwas später.  Für das Monitoring stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, die in der Regel kombiniert werden.
Eine direkte Beobachtung liefert die beste Grundlage für eine Terminierung der Bekämpfung. Hierzu zählen die Kontrolle der Stoppeln auf dem Feld zur Feststellung der Verpuppung und Wintersterblichkeit, das regelmäßige Keschern der frisch geschlüpften Falter sowie die Bonitur auf Eiablage.
Lichtfallen locken die Falter an, sowohl Männchen als auch Weibchen. Sie haben jedoch den Nachteil des Beifanges anderer, teilweise gefährdeter Insekten. Mit einem Netz als Fangbehälter können sie auch als „Lebendfallen” verwendet werden – eine häufige, möglichst tägliche, Leerung ist dann jedoch notwendig.
Pheromonfallen sind einfach auszuwerten und werden daher sehr häufig eingesetzt. Von Vorteil ist die Möglichkeit der Digitalisierung, so dass diese Fallen mithilfe von Kameras vom Büro aus ausgewertet werden können. Die Aussagekraft der Pheromonfallen hat in den letzten Jahren jedoch abgenommen, da die Fängigkeit geringer wurde.
Schlupfkäfige, in die im Herbst Stoppeln mit Maiszünslerlarven eingebracht werden, vereinfachen die Beobachtung der Entwicklung des Maiszünslers gegenüber der Feldbeobachtung. Das Gleiche trifft für Eiablagekäfige zu. Hier werden mithilfe von Licht Falter in Käfige gelockt, wodurch sowohl der Flug als auch die Eiablage einfacher als im Feld überwacht werden können.
Insektizide
Für die chemische Bekämpfung stehen in diesem Jahr die Insektizide Steward, Coragen und Decis forte zur Verfügung. Coragen und Steward wirken über Fraß und Kontakt gegen Maiszünslerlarven und sind als nützlingsschonend und bienenungefährlich mit B4 eingestuft. Die Zulassung von Steward ist am 19. März ausgelaufen. Die Abverkaufs- und Aufbrauchsfrist läuft bis zum 19. September 2022. Decis forte mit dem Wirkstoff Deltamethrin ist als bienengefährlich mit B2 eingestuft und darf daher nur nach dem Ende des täglichen Bienenfluges eingesetzt werden. 
Trichogramma ein- bis dreimal ausbringen
Die Schlupfwespen sollten je nach Befallsdruck ein- bis dreimal zum Einsatz kommen.
  • In den Gebieten der bivoltinen Rasse um Freiburg und Mannheim  wird eine dreimalige Ausbringung mit erhöhter Aufwandmenge empfohlen. Die erste zur Bekämpfung der ersten Generation wird je nach Flugbeginn meist bereits Ende Mai bis Anfang Juni fällig, die zweite etwa zwei Wochen später. Die dritte Runde liegt, abhängig vom Wetter, Anfang bis Mitte August.
  • In maisintensiven Regionen wie beispielsweise im Rheintal, der Südpfalz oder dem Kraichgau empfiehlt sich eine zweimalige Ausbringung der Trichogrammen. Nur die Wiederholung im Abstand von rund zwei Wochen gewährleistet hier ausreichenden Bekämpfungserfolg. Die erste Ausbringung wird dabei meist ab Mitte Juni fällig.
  • In Regionen mit geringem Maisanteil in den Fruchtfolgen und niedrigem Befall kann auch eine einmalige, verstärkte Ausbringung mit mindestens 200000 Trichogrammen pro Hektar ausreichen. Diese hat zwar einen geringeren Wirkungsgrad, ist aber dennoch  meist ausreichend.
Wer Interesse an der biologischen Kontrolle mit Trichogrammen, aber diese noch nicht bestellt hat, sollte dies umgehend nachholen, da die Produktion der Nützlinge eine bestimmte Vorlaufzeit benötigt.