Politik | 07. Februar 2019

Die Düngeverordnung wird nachgeschärft

Von AgE
Die Bundesregierung sieht sich von der Europäischen Kommission in Brüssel gezwungen, die Düngeverordnung erneut zu ändern. So soll es eine Aufzeichnungspflicht geben und zusätzliche Maßnahmen, vor allem in nitratbelasteten Gebieten.
Kaum gedruckt, schon wird geändert: Während Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner die neuen Maßnahmen als unvermeidlich bezeichnete, reagierte der Deutsche Bauernverband verärgert und sprach von Vertrauensbruch.
Die Bundesregierung hat  der Europäischen Kommission in der vergangenen Woche Vorschläge zukommen lassen. Diese sollen der Brüsseler Kritik an den geltenden Regelungen Rechnung tragen und ein zweites Vertragsverletzungsverfahren abwenden. Die Rede ist bei Letzterem von möglichen  Strafzahlungen von bis zu 860000 Euro pro Tag.
Aufzeichnungspflicht statt Nährstoffvergleich
Vorgesehen ist zum einen, den bislang geforderten Nährstoffvergleich durch eine Aufzeichnungspflicht über die aufgebrachten Düngermengen zu ersetzen, um so die Einhaltung des ermittelten Düngebedarfs besser zu kontrollieren. Zum anderen soll es zusätzliche Maßnahmen in nitratbelasteten Gebieten geben. Dazu zählen ein verpflichtender Zwischenfruchtanbau vor Sommerkulturen sowie ein Verbot der Herbstdüngung bei Wintergerste und Winterraps. Zudem sollen in den „roten Gebieten” die geltenden Sollwerte für die Düngebedarfsermittlung um 20 Prozent niedriger liegen als andernorts. Schließlich soll die Einhaltung der Stickstoffobergrenze von 170 kg pro Hektar und Jahr für organische Düngemittel nicht mehr aufgrund von Durchschnittswerten, sondern schlagbezogen erfolgen. Generell sollen die Länder in den roten Gebieten größere Spielräume erhalten, um weitergehende Maßnahmen zur Reduzierung der Nitratbelastung zu ergreifen.
Klöckner: unvermeidlich
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bezeichnete die weitergehenden Maßnahmen im Düngerecht als unvermeidlich. Der Deutsche Bauernverband (DBV) reagierte verärgert und mahnte Verlässlichkeit an. „Änderungen im Jahresrhythmus sind ein Vertrauensbruch”, erklärte DBV-Präsident Joachim Rukwied.
Ministerin Klöckner zeigte Verständnis für die Kritik, hält aber eine Nachbesserung der Düngeverordnung für unerlässlich. Sie wisse um die Erschwernisse, die mit den vorgeschlagenen Änderungen an der Düngeverordnung verbunden sein werden, räumte Klöckner ein. Allerdings stünden auch die Landwirte in Dänemark, Frankreich und den Niederlanden vor vergleichbaren Herausforderungen. „Wir werden unsere Landwirte bei der Umsetzung begleiten und unterstützen”, versicherte die Ministerin. Handlungsbedarf besteht ihren Angaben zufolge einerseits im Hinblick auf die sogenannten „roten Gebiete”, in denen zusätzliche Regelungen getroffen werden müssten. Andererseits müsse man beim Vergleich der Zu- und Abfuhr von Stickstoff auf landwirtschaftlichen Flächen besser werden.
„Wir haben der EU-Kommission eine Aufzeichnungspflicht über die aufgebrachten Düngermengen vorgeschlagen, um damit die Einhaltung des ermittelten Düngebedarfs der landwirtschaftlichen Kulturen besser zu kontrollieren”, erläuterte Klöckner.
Zeitplan
Die Aufzeichnungspflicht soll an die Stelle des bislang vorgeschriebenen Nährstoffvergleichs treten, der ebenso wie der Kontrollwert gestrichen werden soll. Künftig soll der errechnete Düngebedarf eines Betriebes mit den tatsächlichen Düngungsmaßnahmen nicht überschritten werden dürfen.
Bereits Ende Februar will das Bundeslandwirtschaftsministerium einen Referentenentwurf zur Änderung der Düngeverordnung vorlegen. Dem Zeitplan zufolge, den die Bundesregierung der EU-Kommission zusammen mit ihren Änderungsvorschlägen vorgelegt hat, soll die Ressortabstimmung einschließlich der Länder- und Verbändeanhörung bis zur Jahresmitte abgeschlossen sein, so dass im Herbst die Notfizierung der Novelle durch die Kommission erfolgen könnte. Nach deren Abschluss und der notwendigen Kabinettsbefassung könnte das Bundesratsverfahren beginnen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Verabschiedung in der Länderkammer im Frühjahr 2020 erfolgt, so dass die neue Düngeverordnung im Mai 2020 in Kraft treten könnte.
DBV: Glaubwürdigkeit der Politik auf dem Spiel
DBV-Präsident Joachim Rukwied bezeichnete die Brüsseler Forderungen nach einer erneuten Revision der Düngeverordnung als nicht berechtigt. Die EU-Kommission müsse Deutschland die Chance geben, „dass sich das neue Düngerecht auch entfalten kann”. Die Kommission sei aufgefordert, die bereits kurzfristig erzielten Wirkungen anzuerkennen und Deutschland eine Umsetzungszeit einzuräumen. „Die Bauern in Deutschland arbeiten mit Hochdruck daran, die gestiegenen Anforderungen im Gewässerschutz umzusetzen, haben aber kein Verständnis für das aktuelle Ping-Pong-Spiel zwischen Brüssel und Berlin”, stellte der DBV-Präsident klar. Für ihn steht auch die Glaubwürdigkeit der deutschen Politik auf dem Spiel, „wenn ohne eine fundierte Bewertung des geltenden Düngerechts und vor der Vorlage des nächsten Nitratberichts 2020 die Grundlagen des Düngerechts erneut geändert werden”. Rukwied erinnerte daran, dass die grundlegende Neufassung der Düngeverordnung erst im Juni 2017 und die komplett neue Stoffstrombilanzverordnung Anfang 2018 in Kraft getreten seien. Dieses „umfassende und flächendeckend geltende Regelwerk für den Gewässerschutz” werde von den Bauern derzeit in einer großen Kraftanstrengung umgesetzt. Die Forderungen nach erneuten Änderungen im Düngerecht sind dem Bauernpräsidenten umso unverständlicher, als dass das neue Düngerecht bereits Wirkung zeige. So seien schon im ersten Düngejahr spürbare Veränderungen in der Tierhaltung, in den Betriebsstrukturen und beim Düngereinsatz zu verzeichnen. Beispielsweise gehe der Einsatz von stickstoffhaltigen Handelsdüngern und Klärschlamm deutlich zurück. Die Rinder- und Schweinebestände nähmen überproportional ab.