Land und Leute | 06. Dezember 2018

Der Wolf ist und bleibt ein Aufreger

Von Christa Maier
Erfahrungen aus Brandenburg zum Thema Wolf bekamen rund 250 Teilnehmer einer Veranstaltung am Montag in Titisee vermittelt, die der Einladung des BLHV und des Neustädter Ehemaligenvereins gefolgt waren.
Eine ganz unwissenschaftliche, hoffentlich weitgehend emotionslose, aber doch politische Darlegung zum Thema Wolf versprach der Referent, Gregor Beyer vom Forum Natur Brandenburg. Alles andere als emotionslos waren dann die Reaktionen auf seine Ausführungen, wobei die beiden einzigen Landtagsabgeordneten, Martina Braun und Reinhold Pix (Grüne), einiges an Schelte einstecken mussten.
Braun, selbst Landwirtin und Weidetierhalterin, wehrte sich gegen die Politikschelte und wies auf das EU-Recht hin, das den Schutzstatus des Wolfes begründe. Um dies zu ändern, brauche es den einstimmigen Beschluss aller Länder. „Wir setzen uns ein, dass die Region anders bewertet wird, doch wir müssen dicke Bretter bohren”, sagte sie. Die Kritiker des Wolfes waren an diesem Abend unter sich, zumindest meldete sich nicht ein einziger Befürworter des Wolfes zu Wort. Vielleicht traute sich auch keiner, denn teilweise wurde scharf „geschossen”. 
Er brauche das Gesülze der Politik nicht, sagte Schäfer Adolf Frank aus Hüfingen und fragte, wie denn ein Zaunbau in einem FFH-Gebiet mit Dornenbüschen funktionieren solle.

Um den Wolf rankten sich viele Märchen, sagte Beyer. Beispielsweise, dass er in Deutschland ausgerottet, eine gefährdete Art und scheu sei. In Deutschland gebe es zurzeit offiziell 73 Rudel und 29 Einzelpaare. In 66 von 105 Territorien vermute man 266 Welpen. Also könne man von rund 1000 Tieren ausgehen, 350 davon sind in Brandenburg ansässig.
Nahezu willkürlich
„Die sogenannten Populationen sind nahezu willkürlich aus offenbar politischen Erwägungen heraus festgelegt worden”, sagte Beyer. Die Begriffe Bestand und Population würden munter durcheinandergeschmissen, was er als politischen Taschenspielertrick bezeichnete. Der Wolf sei nur so lange scheu, wie er bejagt werde.
Ob ein Wolf zum Problemwolf werde, entscheiden der Ort, die Zeit und die Gelegenheit. Der Wolf sei ein fauler Hund und hole sich das, was er am einfachsten bekommt. „Warum soll er dem Rotwild hinterher, wenn es doch Weidetiere und Mülltonnen in Hülle und Fülle gibt?”, fragte Beyer.
„Lassen Sie die Märchen nicht zu, seien Sie realistisch”, forderte Beyer auf. Dass die Zahl der gerissenen Schafe in Brandenburg (2017 waren es 322) durch die relativ gute Sicherung zurückging, sei kein Grund zum Jubeln. Im Gegenzug habe man im ersten Halbjahr 2018 schon 49 Rinderrisse und damit soviel wie 2017.
Druck machen
Der Managementplan in Brandenburg sei ein Papiertiger. Unter Management verstehe man die Summe aller Entscheidungen, um vereinbarte Ziele zu erreichen. „Doch wir haben keine Ziele für den Wolf”, verdeutlichte er.
In einer Brandenburger Wolfsverordnung müssten konkrete Verwaltungsvereinfachungen auf Basis der bereits heute bestehenden Rechtslage geklärt werden. Eine der dort verankerten Regelungen besage, dass man den Wolf verscheuchen, nicht aber verletzen dürfe. Beim Reißen eines Tieres in umzäuntem Gebiet dürfe der Wolf erst im Wiederholungsfalle getötet werden.
Dies sei absurd und die Frage, wer schießt, sei offen. Die Jäger seien nicht scharf darauf, möchten aber auch nicht andere Personen mit Jagdscheinen in ihren Revieren. „Das können aber nur Jäger machen, alles andere ist Theorie”, sagt er.
neues Feld
Eine Schutzjagd nach skandinavischem Vorbild wäre nach Beyers Ansicht die Lösung, wenn mildere Mittel nicht zielführend seien. In Finnland, das elfmal größer als Brandenburg ist, aber den gleich großen Wolfsbestand hat, wurden beispielsweise 2016 37 Wolfslizenzen vergeben. Eine wildökologische Raumplanung sei notwendig, mit der Wolfsschutz- und -managementareale sowie Wolfsproblemareale ausgewiesen werden, denn der Wolf und  Weidewirtschaft, das funktioniere nicht. Auch klare Regelungen für den Fall, dass ein Wolf angefahren wird, seien nötig. Die Wolfsverordnung funktioniere nicht.
Man müsse der Wahrheit ins Gesicht schauen, sagte Reinhold Pix, der Einzäunungen im Hochschwarzwald für nicht realistisch hält. Um eine vernünftige Wolfsverordnung komme man nicht herum, diese Ansicht teilte auch Mathias Brugger, stellvertretender Vorsitzender des Ehemaligenvereins. Der Schutzstatus des Wolfes werde mit der Steigerung der Biodiversität begründet. Doch damit erreiche man das Gegenteil, findet er, weil Rinder, Schafe und Ziegen dezimiert werden.  
BLHV-Vizepräsident Bernhard Bolkart erntete Bravo-Rufe für seine Aussage, dass es im Schwarzwald kein Miteinander von Weidetieren und Wolf geben könne. „Wir bekommen ein neues Tier und verlieren aber Herden von Weidetieren”, ist er sich sicher. Für einen halbwegs wolfssicheren Zaunbau und Herdenschutzhunde fehlten einfach die Arbeitskapazitäten.