Politik | 12. Juni 2014

Der Mindestlohn bleibt in der Diskussion

Von AgE
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Den raschen Beginn von Verhandlungen über einen Mindestlohntarifvertrag in der Landwirtschaft und im Gartenbau hat die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) angemahnt. Unterdessen hält der politische Kampf um eine Ausnahmeregelung für Saisonarbeitskräfte an.
Streitthema Mindestlohn: Das politische Ringen um eine Ausnahmeregelung für Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft hält noch an.
„Unsere Geduld ist langsam zu Ende”, erklärte der stellvertretende IG BAU-Bundesvorsitzende Harald  Schaum  am Freitag voriger Woche in Frankfurt. Bereits im März dieses Jahres habe man den beiden Arbeitgeberverbänden angeboten, einen solchen Tarifvertrag abzuschließen. Seit Wochen liege den Arbeitgebern nunmehr das Angebot der Gewerkschaft vor. Anstatt darauf zu reagieren, blockierten diese jedoch die Tarifverhandlungen und spielten lieber auf Zeit, so Schaum. Seiner Einschätzung nach spekulieren die Arbeitgeber darauf, dass Saisonarbeiter doch noch vom gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen werden. Für den Gewerkschafter ist dies „ein riskantes Spiel”, denn, so Schaum, „am Ende kommt diese Ausnahme nicht und sie stehen ohne Branchenlösung da”. Dann gelte ab 2015 der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro auch für Erntehelfer. Zudem verstoße eine Herausnahme der Saisonarbeiter aus der Mindestlohnregelung gegen EU-Recht. Beim Gesamtverband der Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) sorgte die Verlautbarung aus Frankfurt hingegen für Überraschung. Dort wies man darauf hin, dass entgegen der Darstellung der IG BAU bereits eine feste Terminabsprache bestehe. Danach beginnen die Verhandlungen mit dem Ziel eines gemeinsamen Mindestlohnvertrages für die Landwirtschaft und den Gartenbau am 3. Juli.
Drei Varianten
Dem Vernehmen nach werden derzeit in der Union drei mögliche Varianten einer Sonderregelung für Saisonarbeitskräfte diskutiert. Zum einen wird erwogen, für diese Gruppe nicht den Brutto-, sondern den Nettolohn als Untergrenze zugrunde zu legen. Begründet wird dies damit, dass die Saisonkräfte bei einem Aufenthalt von bis zu 50 Tagen ohnehin von Sozialabgaben befreit sind. Zum anderen gibt es Überlegungen für eine nach Branchen differenzierte Regelung. Während beispielsweise im Spargelanbau ein Mindestlohn von 8,50 Euro ohne Weiteres verkraftbar wäre, weil sich die Mehrkosten am Markt durchsetzen ließen, gelte dies für andere Bereiche wie etwa den Gurkenanbau nicht, lautet die Argumentation.
Schließlich gibt es Stimmen, die eine zeitliche Verschiebung des gesetzlichen Mindestlohns in der Landwirtschaft auf 2018 oder 2019 ins Spiel bringen. Die Diskussionen innerhalb der Koalition sind in vollem Gange. Der Ausgang ist gegenwärtig offen. Unterdessen bekräftigte Norbert  Schindler, CDU-Bundestagsabgeordneter, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) und Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd (BWV),  seine Forderung nach einer Ausnahmeregelung für Saisonarbeiter beim Mindestlohn.
Praktikable Ausnahmen schaffen
Die Sonderkulturbetriebe hätten einen hohen Bedarf an bezahlbaren Saisonarbeitskräften. Die Mehrkosten für den Mindestlohn könnten erfahrungsgemäß nicht an den Lebensmitteleinzelhandel und die Verbraucher weitergegeben werden; dies zeige die Erfahrung. Darüber hinaus müsse man den Lohn von Saisonarbeitskräften zur Kaufkraft im jeweiligen Heimatland ins Verhältnis setzen, argumentiert Schindler. Die Saisonarbeitskräfte aus Osteuropa verdienten in den Sonderkulturbetrieben hierzulande in wenigen Monaten deutlich mehr als innerhalb eines  Jahres in ihrem Heimatland. Zudem seien diese Arbeitskräfte nur für kurze Zeit in den Betrieben und würden damit in der Regel nicht am deutschen Sozialsystem teilnehmen, erläuterte der Politiker. Gleiches gelte für die Saisonarbeitskräfte in der Gastronomie. Neben Praktikanten und Langzeitarbeitslosen müssten auch Saisonarbeiter in eine Ausnahmeregelung einbezogen werden.