Mitte September entscheidet das Europaparlament, welche antibiotischen Wirkstoffklassen der Behandlung von Menschen vorbehalten bleiben sollen und dann nicht mehr in der Veterinärmedizin eingesetzt werden dürfen.
In der Auseinandersetzung um die Verwendungsmöglichkeit bestimmter Antibiotika schließt sich der DBV den Forderungen verschiedener Tierarztverbände, dem Deutschen Jagdverband (DJV) und dem Deutschen Tierschutzbund an.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat vergangene Woche in einem Schreiben an die EU-Parlamentarier darum gebeten, bei der Abstimmung den Delegierten Rechtsakt in der von der Kommission vorgeschlagenen Form zu unterstützen und einen anderslautenden Entschließungsantrag des Umweltausschusses mit umfassenden Wirkstoffverboten abzulehnen.
Behandlung kranker Tiere gefährdet
Der DBV schließt sich damit den Forderungen
verschiedener Tierarztverbände, dem Deutschen Jagdverband (DJV) und dem
Deutschen Tierschutzbund an, die andernfalls die Behandlung von
erkrankten Tieren ernsthaft gefährdet sehen. Der Bauernverband betont in
dem Schreiben, dass er die weltweite Besorgnis über die
Antibiotikaresistenz und die Notwendigkeit koordinierter Maßnahmen zum
Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier teile. Der Delegierte
Rechtsakt solle diese Bemühungen zur Bekämpfung der Resistenz
unterstützen. Er sei ausgewogen und wissenschaftlich fundiert. Die von
der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und anderen
wissenschaftlichen Institutionen vorgesehene Verordnung sehe auch
weiterhin die Möglichkeit vor, Tiere verantwortungsvoll und wirksam zu
behandeln.
Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) warnte davor, dass
sich deutsche Europaabgeordnete verschiedener Parteien gegen den
wissenschaftsbasierten Vorschlag der EU-Kommission positionieren würden. Er rief deshalb die Bundesvorsitzenden
von CDU, CSU und Bündnis 90/Die Grünen zur Klarstellung ihrer Position
auf. Der Agrarsprecher der Grünen/EFA im EU-Parlament, Martin Häusling,
betonte hingegen erneut, dass es zu keinem Therapienotstand im Stall
komme, wenn dem Entschließungsantrag folgend der Einsatz von
Reserveantibiotika in der Gruppenbehandlung verboten werde.
Der Entschließungsantrag des Umweltausschusses zielt laut DBV jedoch
darauf ab, die neue EU-Tierarzneimittelverordnung zu untergraben. Es
würden weitere wissenschaftliche Gutachten gefordert und zusätzliche
Beschränkungen für die Verwendung antimikrobieller Mittel eingeführt.
Der Antrag verkenne zudem die umfangreichen Kontrollmaßnahmen für die
Verwendung antimikrobieller Wirkstoffe bei einzelnen Tieren und
Tiergruppen.
„Nicht nachvollziehbar”
Die in dem Entschließungsantrag vorgebrachte
Kritik, nach dem der Delegierte Rechtsakt die öffentliche Gesundheit
nicht angemessen schützen würde, hält der Bauernverband für „nicht
nachvollziehbar und schlichtweg falsch”. Es seien gerade die sehr streng
ausgelegten Kriterien im Delegierten Rechtsakt, die es erlaubten, von
Fall zu Fall evidenzbasierte Entscheidungen zu treffen, um ein
antimikrobielles Mittel für den menschlichen Gebrauch zu reservieren,
selbst wenn ein Bedarf für die Tiergesundheit bestünde.
BLHV: Therapienotstand verhindern
Die deutschen Tierhalter haben den Antibiotikaeinsatz in den letzten zehn Jahren bereits um 60 Prozent reduziert. Die Auferlegung zusätzlicher Beschränkungen sieht daher auch der BLHV mit größter Sorge. Der Wegfall wichtiger Antibiotikaklassen könnte einen echten Therapienotstand verursachen, bei dem Nutztiere nicht mehr wirksam behandelt werden könnten, was wiederum verheerende Folgen auf das Tierwohl hätte. Und dies betreffe nicht nur die intensive Tierhaltung, sondern alle Formen, wie extensive Nutztierhaltung bis hin zur Hobbytierhaltung, wie Hunde und Katzen.
Der BLHV fordert daher vom EU-Parlament, sich für eine wissenschaftlich fundierte Regelung zu entscheiden, die den Einsatz antimikriobieller Wirkstoffe weiter ermöglicht und einen Therapienotstand verhindert.