Politik | 09. September 2021

DBV auf Linie der EU-Kommission

Von AgE/Padraig Elsner
Mitte September entscheidet das Europaparlament, welche antibiotischen Wirkstoffklassen der Behandlung von Menschen vorbehalten bleiben sollen und dann nicht mehr in der Veterinärmedizin eingesetzt werden dürfen.
In der Auseinandersetzung um die Verwendungsmöglichkeit bestimmter Antibiotika schließt sich der DBV den Forderungen verschiedener Tierarztverbände, dem Deutschen Jagdverband (DJV) und dem Deutschen Tierschutzbund an.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat vergangene Woche in einem Schreiben an die EU-Parlamentarier darum gebeten, bei der Abstimmung den Delegierten Rechtsakt in der von der Kommission vorgeschlagenen Form zu unterstützen und einen anderslautenden Entschließungsantrag des Umweltausschusses mit umfassenden Wirkstoffverboten abzulehnen.
Behandlung kranker Tiere gefährdet
Der DBV schließt sich damit den Forderungen verschiedener Tierarztverbände, dem Deutschen Jagdverband (DJV) und dem Deutschen Tierschutzbund an, die andernfalls die Behandlung von erkrankten Tieren ernsthaft gefährdet sehen. Der Bauernverband betont in dem Schreiben, dass er die weltweite Besorgnis über die Antibiotikaresistenz und die Notwendigkeit koordinierter Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier teile. Der Delegierte Rechtsakt solle diese Bemühungen zur Bekämpfung der Resistenz unterstützen. Er sei ausgewogen und  wissenschaftlich fundiert. Die von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und anderen wissenschaftlichen Institutionen vorgesehene Verordnung sehe auch weiterhin die Möglichkeit vor, Tiere verantwortungsvoll und wirksam zu behandeln.
Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) warnte davor, dass sich deutsche Europaabgeordnete verschiedener Parteien gegen den wissenschaftsbasierten Vorschlag der EU-Kommission positionieren würden. Er rief deshalb die Bundesvorsitzenden von CDU, CSU und Bündnis 90/Die Grünen zur Klarstellung ihrer Position auf. Der Agrarsprecher der Grünen/EFA im EU-Parlament, Martin Häusling, betonte hingegen erneut, dass es zu keinem Therapienotstand im Stall komme, wenn dem Entschließungsantrag folgend der Einsatz von Reserveantibiotika in der Gruppenbehandlung verboten werde.
Der Entschließungsantrag des Umweltausschusses zielt laut DBV jedoch darauf ab, die neue EU-Tierarzneimittelverordnung zu untergraben. Es würden weitere wissenschaftliche Gutachten gefordert und zusätzliche Beschränkungen für die Verwendung antimikrobieller Mittel eingeführt. Der Antrag verkenne zudem die umfangreichen Kontrollmaßnahmen für die Verwendung antimikrobieller Wirkstoffe bei einzelnen Tieren und Tiergruppen.
„Nicht nachvollziehbar”
Die in dem Entschließungsantrag vorgebrachte Kritik, nach dem der Delegierte Rechtsakt die öffentliche Gesundheit nicht angemessen schützen würde, hält der Bauernverband für „nicht nachvollziehbar und schlichtweg falsch”. Es seien gerade die sehr streng ausgelegten Kriterien im Delegierten Rechtsakt, die es erlaubten, von Fall zu Fall evidenzbasierte Entscheidungen zu treffen, um ein antimikrobielles Mittel für den menschlichen Gebrauch zu reservieren, selbst wenn ein Bedarf für die Tiergesundheit bestünde.
BLHV: Therapienotstand verhindern
Die deutschen Tierhalter haben den Antibiotikaeinsatz in den letzten zehn Jahren bereits um 60 Prozent reduziert. Die Auferlegung zusätzlicher Beschränkungen sieht daher auch der BLHV mit größter Sorge. Der Wegfall wichtiger Antibiotikaklassen könnte einen echten Therapienotstand verursachen, bei dem Nutztiere nicht mehr wirksam behandelt werden könnten, was wiederum verheerende Folgen auf das Tierwohl hätte. Und dies betreffe nicht nur die intensive Tierhaltung, sondern alle Formen, wie extensive Nutztierhaltung bis hin zur Hobbytierhaltung, wie Hunde und Katzen.
Der BLHV fordert daher vom EU-Parlament, sich für eine wissenschaftlich fundierte Regelung zu entscheiden, die den Einsatz antimikriobieller Wirkstoffe weiter ermöglicht und einen Therapienotstand verhindert.