Von Dr. Hansjörg Nußbaum, LAZBW Aulendorf
Die sogenannte Anlagenverordnung AwSV (Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) ist am 31. März durch den Bundesrat beschlossen worden. Sie tritt am 1. August in Kraft. Die Bestimmungen für JGS-Anlagen (Jauche – Gülle – Sickersäfte) sind in der separaten Anlage 7 geregelt.
Mieten für Festmist oder Silage gelten als ortsfest genutzt, wenn sie länger als sechs Monate betrieben werden. Dann gelten alle Regeln und Bestimmungen wie bei einer ortsfesten Anlage. Sind sie vorher wieder abgeräumt, unterliegen sie nicht den Vorgaben der Anlagenverordnung.
Die AwSV leitet sich aus dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG, 2010) ab, das die EG-Nitratrichtlinie 91/676 in nationales Recht umsetzt. Die AwSV besagt, dass JGS-Anlagen so geplant, errichtet, beschaffen und betrieben werden müssen, dass keine wassergefährdenden Stoffe austreten können. Zudem müssen Undichtigkeiten schnell und zuverlässig erkannt werden. Die praktische Umsetzung und die technischen Details werden in technischen Regelwerken beschrieben, konkret für JGS-Anlagen im „Technischen Regelwerk zu wassergefährdenden Stoffen” (TRws 792, DWA). Die TRwS 792 ist seit 2015 als sogenannter Gelbdruck vorhanden und wird spätestens Anfang 2018 als fertiger Weißdruck vorliegen (siehe Kasten). Für Biogasanlagen ist die TRwS 793 in Arbeit.
Die Anlagenverordnung gilt zunächst nur für Neuanlagen, wobei auch Bestimmungen für bestehende Anlagen enthalten sind. Alle Anlagen, die vor dem 1. 8. 2017 fertiggestellt werden, fallen noch unter die bisherigen länderspezifischen Regelungen.
JGS-Anlagen: Was zählt dazu?
Was zählt nun konkret zu den JGS-Anlagen? Bei Festmist
fällt darunter nicht nur die eigentliche Dunglege, sondern auch die
Jauchebehälter und die Flächen, auf denen das Jauchefass oder der
Miststreuer beladen werden. Unter dem Stichwort Gülle werden
Güllegruben, Güllekanäle und Güllekeller zusammengefasst, aber auch der
Platz, auf dem das Güllefass befüllt wird. Zu der Rubrik
„Sickersaftbehälter” gehören nicht nur die Behälter für Gärsaft und
verunreinigtes Niederschlagswasser, sondern auch das Silo selbst und die
Rangier- bzw. Beladeflächen für die Futterentnahme
(Futtermischwagen).
Anwendungsbereich der Verordnung
Die Anlagenverordnung AwSV gilt für neue ortsfeste Anlagen
und damit zunächst nicht für örtlich veränderbare Anlagen wie
Silagemieten oder Festmistzwischenlager am Feldrand. Wichtig ist, dass
Mieten für Silage oder Mist ebenfalls unter die Verordnung fallen, wenn
sie länger als sechs Monate betrieben werden. Sie werden nach dieser
Zeitspanne zu sogenannten ortsfest genutzten Anlagen und müssen dann
alle Regeln einhalten, die für ortsfeste Anlagen gelten. Mieten, die
kürzer als sechs Monate genutzt werden (also vorher wieder komplett weg
sind), fallen nicht unter die Vorgaben der AwSV. Hier gelten bis zu
einer eigenständigen Regelung die länderspezifischen Bestimmungen
weiter. Für JGS-Anlagen sind in der AwSV nur wenigen Paragraphen gültig.
Diese sind in einem separaten Anhang (Anlage 7) aufgeführt.
Die Anlage 7
Die Anlage 7 fordert, dass JGS-Anlagen flüssigkeitsundurchlässig,
standsicher und gegen mechanische, thermische und chemische Einflüsse
widerstandsfähig sein müssen. Beim Errichten dürfen deshalb nur
Bauprodukte, Bauarten oder Bausätze eingesetzt werden, die über eine
bauordnungsrechtliche Prüfung (wasserrechtliche Anforderungen) und
Zulassung verfügen. Konkret bedeutet das, dass alle eingesetzten
Materialien wie Fugenmaterial, Rohre, Rinne, Anstriche und
Beschichtungen eine Zulassung für JGS-Anlagen benötigen. Die
Anforderungen an Beton sind in der DIN 11622 geregelt, für Asphalt
enthält die TRwS 792 Hinweise zum Material und zum Einbau.
Da die rechtlichen Anforderungen sehr komplex sind, gilt für die
Errichtung und Instandsetzung von JGS-Anlagen eine Fachbetriebspflicht.
Davon ausgenommen sind nur Anlagen unterhalb der Bagatellgrenze. Diese
Grenze liegt für Sickersaftbehälter bei 25 m³, bei Lager für Festmist
und Silage bei 1000 m³ und für alle anderen JGS-Anlagen (z. B.
Güllebehälter) bei 500 m³. Für Anlagen unterhalb der Bagatellgrenze
gelten weitere Ausnahmen. So müssen sie nicht angezeigt (bei Errichtung, Stilllegung oder wesentlichen Änderungen)
werden und benötigen bei Inbetriebnahme keine Sachverständigenprüfung.
Gleichwohl müssen sie technisch den rechtlichen Anforderungen
entsprechen.
Leckageerkennung
Hier wird die Dichtigkeit eines Güllebehälters von innen kontrolliert. Alternativ kann das mittels einer Pegelmessung erfolgen.
Anlagen, bei denen der Übergang zwischen
Bodenplatte und Wand nicht sichtbar ist (unterirdische Anlagen) und in
denen Flüssigkeiten (z. B. Gülle, Jauche, Sickersaft etc.) eingestaut
werden, benötigen, falls sie einwandig errichtet werden (Normalfall),
eine Leckageerkennung. In der Regel werden derartige Behälter mit einer
dicken Folie ummantelt und mit einem Kontrollrohr ausgestattet.
Eine Leckageerkennung ist bei Silos nicht notwendig, auch wenn die
Silowände zum Beispiel mit Erde angefüllt sind. Sammel- und
Lagereinrichtungen unter Ställen (z. B. Güllekanäle) sind ebenfalls von
einer Leckageerkennung ausgenommen, falls die Stauhöhe auf das zur
Entmistung notwendige Maß begrenzt wird. Konkret bedeutet das, dass
diese Kanäle nicht auf die Lagerkapazität angerechnet werden dürfen und
die maximale Stauhöhe auf 100 cm begrenzt ist. Allerdings müssen hier
die Fugen und Dichtungen vor der Inbetriebnahme geprüft werden.
Anlagen für Festmist und Siliergut ...
Lager für Festmist müssen so eingefasst werden, dass Niederschlagswasser nicht von außen hineinfließen kann (Aufkantung, Wände), und verunreinigtes Niederschlagswasser bzw. Jauche müssen aufgefangen werden.
... benötigen seitliche Einfassungen,
damit einerseits kein abfließendes Niederschlagswasser auf die
Lagerfläche und andererseits keine wassergefährdenden Stoffe wie Jauche,
Sickersäfte oder verunreinigtes Niederschlagswasser neben die Anlage
gelangen können. Diese Stoffe müssen vollständig aufgefangen, gelagert
und ordnungsgemäß verwertet (ausgebracht) werden. Die notwendige
Lagerkapazität für Jauche und Gülle ist in der Düngeverordnung
geregelt und umfasst eine Lagerdauer von mindestens sechs Monaten.
Verunreinigtes Niederschlagswasser muss abweichend davon nur drei Monate
gelagert werden. Daraus leitet sich die Dimensionierung des
Sickersaftbehälters in der TRws 792 ab. Wie bisher muss der Behälter 3 %
des Silagelagervolumens fasen. Falls nicht alle Silos gleichzeitig
befüllt werden, reichen 3 % des Lagervolumens des größten Silos aus.
Flächen, auf denen Fahrzeuge mit Mist oder Gülle bzw. Jauche beladen werden, müssen befestigt sein und Flüssigkeiten (Jauche, Gülle, verunreinigtes Niederschlagswasser) müssen aufgefangen werden. Gleiches gilt für Flächen, auf denen mit Silage hantiert wird.
Für das verunreinigte Niederschlagswasser in Wintermonaten ohne
Ausbringmöglichkeiten (November, Dezember, Januar) sind zusätzliche
Kapazitäten nötig. Diese berechnen sich aus einem Viertel (drei Monate)
der Jahresniederschläge (abzüglich 15 % Verdunstung) und dem Umfang der
verunreinigten Fläche. Diese Fläche ergibt sich aus der Hälfte der
Grundfläche aller Silos, die in dieser Zeit zur Verfütterung geöffnet
sind, und aus der Größe der verunreinigten Rangierfläche. Für die Praxis
bedeutet das, dass die verunreinigten Flächen möglichst klein gehalten
werden sollten, wobei eine Fläche erst als sauber gilt, wenn sie
nassgereinigt (Hochdruckreiniger) wurde.
Bei der Leerung der Behälter (Gülle, Jauche, Sickersäfte) müssen die
Fahrzeuge auf einer befestigten Fläche stehen, die austretende Stoffe
sicher ableitet bzw. zurückhält. Der Befüllvorgang ist zu
überwachen.
Pflichten des Betreibers
Der Betreiber einer Anlage hat eine Anzeigepflicht
(sofern über der Bagatellgrenze) und muss den Betrieb, die Dichtheit und
die Funktionsfähigkeit der Sicherheitseinrichtungen (Anzeigesysteme,
Kontrollrohr bei Leckageerkennung, Schieber etc.) regelmäßig überwachen.
Bei Undichtigkeiten müssen Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ergriffen und bei größeren Schäden die Behörden benachrichtigt werden.
Eine externe Prüfung durch einen Sachverständigen ist vor der
Inbetriebnahme nur bei Anlagen über der Bagatellgrenze vorgesehen. Sie
ist nur bei
Erdbecken wiederkehrend und kann im Verdachtsfall durch die Behörde bei allen Anlagen angeordnet werden.
Anforderungen in Schutzgebieten
Die Sicherheitsabstände gegenüber Brunnen und Quellen
(50 Meter) bzw. Oberflächengewässern (20 Meter) sind auch bisher schon
Bestandteil von Länderregelungen. Ebenso die Bestimmungen für besondere Gebiete. So dürfen im Fassungsbereich und der
engeren Zone von Wasserschutzgebieten keine JGS-Anlagen errichtet
werden; im weiteren Bereich (Zone III) nur mit zusätzlichen
Sicherheitsanforderungen. Ähnliches gilt für Überschwemmungsgebiete.
Dort dürfen Anlagen nicht aufschwimmen und bei Hochwasser keine
wassergefährdenden Stoffe freisetzen.
Für bestehende Anlagen gelten ...
... einzelne Vorschriften der AwSV sofort. Das
betrifft vor allem Störfälle, Pflichten zur Anzeige und Überwachung.
Anlagen unter 1500 m³ erhalten darüber hinaus einen nahezu
vollständigen Bestandsschutz. Bei größeren Anlagen (über 1500 m³), die
den neuen Anforderungen nicht entsprechen, können die Behörden
technische und organisatorische Maßnahmen anordnen. Das betrifft vor
allem Maßnahmen zur Kontrolle der Dichtheit. Diese Anordnungen dürfen jedoch nicht dem
Umfang einer Neuerrichtung gleichkommen. Darüber hinaus bestehen für
größere Anlagen zusätzliche
Dokumentationspflichten.
Zusammenfassung
Gewässerschutz ist wichtig.
Unkontrolliert austretende wassergefährdende Stoffe sind keine
Bagatelle. Die neuen bundesweiten Regelungen der Anlagenverordnung
gelten ab 1. August 2017. Die technischen Regeln dazu (TRwS 792) sind
fachlich fertiggestellt und werden wohl Anfang 2018 veröffentlicht. Die
ebenfalls im März 2017 verabschiedete Düngeverordnung regelt die
notwendigen Kapazitäten für die Lagerung von Gülle, Festmist und Jauche
sowie die jeweiligen Sperrfristen für die Ausbringung. Für die
Berechnung der nötigen Lagerkapazität des Sickersaftbehälters gelten
neue Vorgaben. Wichtig ist zu wissen, dass Mieten (Silage, Festmist)
nach sechs Monaten Lagerung automatisch als ortsfest genutzte Anlagen
ebenfalls unter die Bestimmungen der AwSV fallen. Bei der unterirdischen
Lagerung von Flüssigkeiten (Jauche, Gülle, Sickersäfte) muss ab einem
Lagervolumen von mehr als 25 m³ eine Leckageerkennung eingebaut werden
(Leckagefolie, Kontrollrohr). Beim Bau von JGS-Anlagen dürfen nur noch
bauordnungsrechtlich zugelassene Produkte eingesetzt werden. Ab
bestimmten Größen der Anlagen muss ein Fachbetrieb eingeschaltet
werden.
Was ist ein Gelbdruck?
Ein Regelwerk wird im sogenannten „Gelbdruck” verbreitet, wenn es erstmalig veröffentlicht wird und die Möglichkeit besteht, dass man dazu innerhalb einer vorgegebenen Frist eine schriftliche Stellungnahme abgeben kann. Meist wird es dazu auf gelbes Papier gedruckt. Die eingegangenen Stellungnahmen oder Verbesserungsvorschläge werden dann von der herausgebenden Stelle behandelt und, falls fachlich angemessen, auch eingearbeitet. Die Endversion wird als sogenannter „Weißdruck” bezeichnet, der dann gültig ist.