Das Bundeskabinett hat in seiner heutigen Sitzung weitreichende Hilfen für Bürger und Unternehmen beschlossen, die durch die Corona-Krise betroffen sind. Darunter sind auch Erleichterungen für die Landwirtschaft.
Saisonarbeitskräfte dürfen nun für bis zu 115 Tage sozialversicherungsfrei arbeiten.
Aufgrund der Ausgangssperre in Rumänien haben viele Landwirte aktuell die Sorge, dass für Aussaaten und Ernte nicht genügend ausländische Saisonarbeitskräfte nach Deutschland kommen. Auch viele Saisonarbeiter aus Polen – die kommen könnten – sind zögerlich, da sie fürchten, bei ihrer Rückreise in Quarantäne zu müssen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hatte deshalb Vorschläge gemacht, wie sichergestellt werden kann, dass Saisonarbeitskräfte, die bereits in Deutschland sind, länger hier arbeiten können. Zudem wurden verschiedene Anreize für andere Gruppen vorgeschlagen, um sie als Helfer für die Landwirtschaft zu gewinnen.
Maßnahmen für die Landwirtschaft
Folgende Punkte wurden beschlossen:
Land- und Ernährungswirtschaft werden als systemrelevante Infrastruktur anerkannt. Somit ist es etwa hinsichtlich Quarantänemaßnahmen und Betriebsschließungen möglich, dass diese Infrastruktur unter Berücksichtigung des notwendigen Gesundheitsschutzes aufrecht erhalten bleibt.
Ausweitung der ‚70-Tage-Regelung‘: Saisonarbeitskräfte dürfen bis zum 31. Oktober eine kurzfristige Beschäftigung für bis zu 115 Tage sozialversicherungsfrei ausüben. Bisher war das für bis zu 70 Tage möglich. Das reduziert auch die Mobilität und somit die Infektionsgefahr.Saisonarbeitskräfte,
die bereits in Deutschland und auch dazu bereit sind, können so länger
hier arbeiten. Das hilft den Betrieben bei der Ernte und Aussaat. Das
Kriterium der Berufsmäßigkeit für die Saisonarbeitskräfte in der
Landwirtschaft gilt weiterhin.
Arbeitnehmerüberlassung: Das Bundesarbeitsministerium wird hierzu eine Auslegungshilfe vorlegen, wonach Arbeitnehmerüberlassung in der Corona-Krise ohne Erlaubnis möglich ist und
das streng auszulegende Kriterium „nur gelegentlich" dem nicht
entgegensteht. Die Regelung ist wichtig, um flexibel auf die Krise und
auf mögliche Personalverschiebungen zwischen den Wirtschaftszweigen (in
Richtung Ernährungs- und Landwirtschaft) reagieren zu können.
Erleichterungen bei der Anrechnung von Einkommen aus Nebentätigkeiten für Bezieher von Kurzarbeitergeld: Einkommen aus einer Nebenbeschäftigung wird übergangsweise bis Ende Oktober 2020 bis zur Höhe des Nettolohns aus dem eigentlichen Beschäftigungsverhältnis nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Mit dieser Regelung wird
der finanzielle Anreiz zur Aufnahme einer Nebenbeschäftigung als
Saisonarbeitskraft erhöht.
Die Hinzuverdienstgrenze bei Vorruheständlern wird in der
gesetzlichen Rentenversicherung deutlich angehoben und in der
Alterssicherung der Landwirte vollständig aufgehoben. Die Regelung gilt
für die gesamte Dauer des Jahres 2020.
Auf diese Weise werden Anreize für eine vorübergehende Beschäftigung in der Landwirtschaft geschaffen.
Arbeitszeitflexibilisierung: Die bisher im Arbeitszeitgesetz
vorgesehenen Ausnahmeregelungen (10-Stunden-Grenze/ 6-Tage-Woche)
reichen nicht aus, um auf außergewöhnliche Notfälle, insbesondere
epidemische Lagen von nationaler Tragweite, schnell, effektiv und
bundeseinheitlich reagieren zu können. Das Bundesarbeitsministerium
erhält eine Verordnungsermächtigung, um in außergewöhnlichen Notfällen
mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere in epidemischen Lagen von
nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes, angemessene arbeitszeitrechtliche Regelungen zu erlassen.
Im Rahmen der Verordnung werden die landwirtschaftliche Erzeugung,
Verarbeitung, Logistik und der Handel mit Lebensmitteln ausdrücklich
berücksichtigt.
Kündigungsschutz: Landwirten, die aufgrund der Corona-Krise
Schwierigkeiten haben, ihre Pacht zu bedienen, darf bis zum 30. Juni
nicht einseitig gekündigt werden.
„In der jetzigen Lage hat die Aufrechterhaltung der
Lebensmittelversorgung höchste Priorität", sagte Julia Klöckner in einer
Online-Pressekonferenz. "Den Betrieben, die das gewährleisten, greifen
wir mit den heutigen Beschlüssen unter die Arme."